Test: Zeiss RF 8 x 54
Ferngläser mit Laser-Entfernungsmesser hat Zeiss schon lange, die neue Generation der Victory RF Modelle kann aber wesentlich mehr als nur gute Bilder liefern und Entfernung messen. Norbert Klups ein 8 x 54 getestet.
Schon vom Design her unterscheiden sich die neuen Modelle grundsätzlich von der Vorgänger-Generation, das Gehäuse lehnt sich an die HT-Baureihe an. Auch beim Rangefinder-Fernglas wird jetzt ein 54-mm-Objektiv benutzt, dadurch werden die Optiken deutlich handlicher und leichter.
Wog das alte 56er noch 1.150 g, ist das 54er mit 1.095 g leichter und schlanker.
Optisch ließen sich gegenüber dem 8 x 54 HT ohne Entfernungsmesser in puncto Schärfe und Brillanz keine Unterschiede feststellen. Durch den Strahlenteiler im Gehäuse, der den Laserstrahl des Entfernungsmessers lenkt, muss das RF aber zwangsläufig geringere Transmissionswerte haben.
Beim Nachtansitz wurden HT und RF verglichen – die Unterschiede sind nur sehr gering, wirklich deutlich dunkler ist das RF nicht. Spürbare Nachteile beim Einsatz unter schlechten Lichtverhältnissen ergeben sich durch die im Gehäuse verbaute Elektronik damit nicht.
Die Fernglashälften sind mit einer schlanken Magnesium-Brücke verbunden, in der das große Fokussierrad ruht. Die fein geriffelte Gummi-Walze läuft leicht und lässt sich auch einhändig bequem mit dem Zeigefinger bedienen.
Die echte Innenfokussierung sorgt mit ihren mechanischen Dichtungen für sehr lange Wasserdichtigkeit. Die Okular- und Objektivlinsen haben die Zeiss LotuTec Beschichtung zur leichteren Reinigung.
Durch die weit hinten angebrachte Brücke bleibt vorn jede Menge Platz an den Objektivtuben zum Greifen des Glases. Durch diese Bauweise ergibt sich auch die Platzierung der Bedientasten vor der Fokussierwalze.
Daran muss man sich erst mal gewöhnen, wenn man bisher Ferngläser mit Entfernungsmesser benutzte, bei denen der Messknopf hinten lag. In der Praxis hat das auch Vorteile, denn man kann die Mess-Taste mit dem Mittelfinger bedienen und den Zeigefinger auf der Fokussierwalze lassen.
Die Scharfstellung der Zielmarke und der Dioptrieausgleich erfolgen über schmale Drehringe an den Augenmuscheln. Die Augenmuscheln lassen sich für Brillenträger eindrehen und rasten in drei Stufen für den optimalen Augenabstand ein.
Das Sehfeld beträgt 120 auf 1 000 m – gut, aber hier erkennt man den Preis für die Mess-Elektronik, beim 8 x 54 HT sinds 10 m mehr.
Verbindung zur Zeiss Hunting App über Bluetooth
Der Laser-Entfernungsmesser (Reichweite 2.300 m) ist mit einem integrierten Echtzeit-Ballistikrechner verbunden, der bei allen Messungen den Neigungswinkel und Umweltfaktoren wie Temperatur und Luftdruck berücksichtigt.
Das kompakte Wunderding zeigt nach der Distanzmessung die notwendige Haltepunktkorrektur unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen an und nimmt auch eine eventuell notwendige Winkelschusskorrektur vor, wenn man bergauf oder bergab schießt.
Die Haltepunktkorrektur wird wahlweise in Zentimeter oder für Zielfernrohre mit Absehenschnellverstellung, auch in Anzahl von Klicks angegeben werden (Verstellwert je Klick justierbar).
Wer ein Zielfernrohr mit ballistischem Absehen verwendet, kann auch eine Anzeige in MOA oder MIL wählen. Will man das RF ohne Ballistikrechner nutzen, wird nur die gemessene Entfernung angegeben.
Ab Werk ist der linke Knopf für die Menü-Einstellungen zuständig, der rechte Button löst die Messung aus. Über den Modus Einstellungen umkehren kann die Knopffunktion getauscht werden – sehr praktisch für Linkshänder.
Wird der Ballistikcomputer mit den korrekten Daten gefüttert (v. a. korrekte Mündungsgeschwindigkeit und ballistische Eigenschaften des Geschosses), stehen einem perfekten Treffer eigentlich nur noch der Wind oder das Können des Schützen im Wege.
Am Fernglas selbst lässt sich nichts eingeben, dafür ist eine Smartphone-App zuständig, die sich kostenlos herunterladen lässt. In der Zeiss Hunting App lassen sich verschiedene ballistische Profile anlegen und per Bluetooth zum Ballistikrechner des Fernglases übertragen.
Sind die Daten einmal übertragen, wird das Smartphone nicht mehr benötigt, nur bei einem Laborierungswechsel müssen neue Werte eingespielt werden. In der App lassen sich bis zu neun individuelle Ballistikprofile speichern.
Es ist nur dringend zu raten, dabei gemessene echte Werte aus der eigenen Waffe zu verwenden und nicht etwa Angaben des Munitionsherstellers. Wer präzise schießen und treffen will, muss zunächst die V0 seiner Waffe messen und diesen Wert benutzen.
Im Modus Best wird die Entfernung mit dem stärksten Signal angezeigt, Last verwendet das weiteste Signal. Einmal eingerichtet ist die Handhabung ganz einfach – nur den Button zur Entfernungsmessung drücken und im Display erscheinen alle gewünschten Daten.
Im Revier
Das Fernglas liegt durch seine elegante Form gut in der Hand, alle Bedienelemente sind bequem erreichbar. Auch bei Dunkelheit liefert das Display eine angenehme Ausgabe und überstrahlt nicht.
Mit Gegenlicht wird die Optik problemlos fertig, Vollmond schräg von vorn brachte kaum spürbare Beeinträchtigungen. Die Entfernungsmessung ist völlig problemlos, Fehlmessungen gibts bis gut 1.000 m kaum.
Auch kleinere Objekte lassen sich gut anmessen. Im direkten Vergleich zum Zeiss 8 x 54 HT ist weder beim Handling noch der optischen Leistung ein spürbarer Unterschied bemerkbar.
Lediglich beim Blick direkt in den Waldschatten wirkt das HT eine Spur heller. Dann sieht man aber auch mit dem besten Zielfernrohr nichts mehr. Das RF hat dafür den großen Vorteil eines Entfernungsmessers mit Ballistikrechner und liefert vor dem Schuss alle wichtigen Informationen für präzise Treffer.
Resümee
Das neue Victory RF ist dem alten 56er RF in allen Punkten überlegen – es ist leichter, handlicher, hat den besseren Entfernungsmesser, einen Ballistikrechner und v. a. die bessere Optik.
Optisch erreicht es fast das 8 x 54 HT, was in Anbetracht der verbauten Elektronik schon erstaunlich ist. Zur Berechnung der Schusskorrektur werden echte ballistische Daten der eigenen Laborierung verwendet, die Smartphone App zur Übertragung ist sehr leicht bedienbar.
3.295 € kostet das Hightech-Gerät, womit es sich nahtlos in die Reihe der Großen stellt – ein Leica Geovid HD-B 3000 kostet 3.300 €, Swarovskis EL Range ist mit 3.050 € zwar günstiger, hat aber auch nur 42 mm-Objektive.
Auch Zeiss hat 42er RF-Modelle (8 x 42: 2.995 €/10 x 42: 3.095 €), doch bei Preisen um die 3.000 € dürften 100 € mehr oder weniger zur Kaufentscheidung kaum eine Rolle spielen.
Da bleibt nur, mehrere Modelle mit den eigenen Augen auszuprobieren, sich die Bedienung anzusehen und dann zu entscheiden. Technisch kann man auf diesem Niveau kaum was falsch machen.