Richtig jagen hilft
Licht, Klima und standörtliche Faktoren haben einen großen Einfluss auf den Wald, aber auch der Verbiss durch Schalenwild spielt dabei eine Rolle. Wie groß dieser Einfluss auf die Waldverjüngung tatsächlich ist, untersuchte das bundesweite BioWild-Projekt der Arbeitsgemeinschaft naturgemäße Waldwirtschaft (ANW). Im Sauerland zog man jetzt Zwischenbilanz.
Willst du keinen Sonnenbrand, dann komm‘ zu uns in Sauerland – ganz nach diesem Motto empfing das Wetter die Teilnehmer zur Abschlussveranstaltung des BioWild-Projekts in Schmallenberg. Um einiges freundlicher war dagegen die Begrüßung durch Projektleiter Hans von der Goltz (Landesvorsitzender ANW NRW). Sein Appell: „Das Miteinander sollte nicht nur bei der Projektarbeit im Vordergrund stehen, sondern muss auch für die Kommunikation zwischen Forst und Jagd gelten.“
Mit dem BioWild-Projekt untersuchte die ANW seit 2016 den Einfluss von Schalenwild auf Waldvegetationen. „Objektive Daten sind für den zukünftigen Umbau zu klimastabilen Wäldern unumgänglich“, so von der Goltz. Bis 2021 wurden dazu verschiedenste Waldstrukturen und Jagdregime in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen unter die Lupe genommen.
Neben 250 Weisergattern und Vergleichsflächen wurde zwischen Jagdrevieren mit unangepassten, angepassten und anzupassenden Wildbeständen unterschieden. Im fünfjährigen Untersuchungszeitraum wurden durch Mitarbeiter der Universitäten Göttingen, Dresden und München viele Daten erhoben und ausgewertet. Diese Erkenntnisse wurden in Schmallenberg vorgestellt. Weitere Unterstützung und fachliches Know-How fand das Projekt durch den renommierten Wildbiologen Prof. Dr. Friedrich Reimoser (Uni Wien) und den Kommunikationsexperten Dr. Rene Zimmer.
Nach einem Begang mit Diskussion an einem Weisergatter im einem nahegelegenen Wald der von Fürstenberg‘schen Verwaltung machten eine Reihe von Vorträgen deutlich, dass Rehe neben dem Verbiss des Leittriebs v. a. für den flächigen Verlust seltener Baumarten (Entmischung) verantwortlich seien. Durch diesen Wildeinfluss verringere sich der Anteil von Baumarten, deren Vorkommen aber für klimastabile Wälder Voraussetzung ist. Ab Rehwildstrecken von über 10/100 ha sinke der Verbiss erkennbar – um diesem Effekt entgegenzuwirken, wäre auch ein Wechsel zwischen intensiven Jagd- und Jagdruhezeiten (Jagd nach dem Rehwild-Kalender) zielführend.
Entgegen mancher Befürchtung stellte die ANW-Studie den Wildabschuss jedoch nicht als alleiniges Mittel zum Waldumbau heraus, dazu müssten auch standörtliche Faktoren und waldbauliche Maßnahmen gleichermaßen Beachtung finden. Ein gelungenes Zusammenspiel aus richtiger forstlicher Bewirtschaftung und effizienter Jagd sei der Schlüssel.
„Jagd bedeutet dabei Arbeit – die man auch honorieren muss, um Motivation zu schaffen“, erklärt Waldbauer Dr. Vor.
Medien-Profi Dr. Zimmer ergänzte die fachlichen Ansätze: „Kommunikation ist die Brücke zum Verstehen.“ Gemeinsame Waldbegänge mit Waldbesitzern und Jägern seien vetrauensbildend und könnten ein echtes Miteinander durch Äußerung eigener Wünsche und Vorstellungen stärken.
Auch Anreize für Jäger würden helfen, jagdliche Ziele umzusetzen. In der von Fürstenberg‘schen Verwaltung etwa hätten sich kostenlose Begehungsscheine bewährt. Im Gegenzug würden Jäger bei Revierarbeiten und Drückjagden helfen. Von Anfang an aber sei eine sachliche Kommunikation mit den Jägern die Basis, um Ablehnung zu überwinden.
Nach anfänglich starker Kritik von außen erhielt das Vorhaben über den gesamten Projektzeitraum immer mehr Akzeptanz und Interesse, darum verlängerte das Bundesamt für Naturschutz die interessante Studie erfreulicherweise um weitere fünf Jahre. Der Leitsatz des ganzen Tages blieb am Ende jedoch: „Kein Mischwald ohne angepasste Wildbestände.“
Martje Meyer