Niedersachsen: Wolf erhitzt Gemüter
In Niedersachsen erhitzt der Wolf weiterhin die Gemüter. Gerade nachdem bekannt wurde, dass Wölfe in der Lüneburger Heide zwei Mädchen, die auf Ponys durch den Wald ritten, verfolgt hatten, nehmen die Diskussionen erneut an Fahrt auf.
Niedersachsen will intensiver gegen Wölfe vorgehen, die wiederholt als wolfssicher geltende Zäune überwinden und Nutztiere reißen. Aktuell sind in Niedersachsen mehrere Wölfe zum Abschuss freigegeben, darunter der Rodewalder Rüde mit der Kennung GW717m aus dem Landkreis Nienburg.
Weiterhin liegen Ausnahmegenehmigungen für zwei Individuen im Landkreis Uelzen vor. Offenbar gibt es weitere Genehmigungen. Zu Details wollte sich das Ministerium aber nicht äußern. Bei erfolgtem Abschuss werde darüber aber informiert. Der NDR hatte unter Berufung auf die Neue Osnabrücker Zeitung darüber berichtet.
Kritik des Ministers am NABU
Dagegen hatte es Kritik vom NABU und vom früheren Umwelminister Christian Meyer (Grüne) gegeben, der Lies auf Twitter vorwarf, auf Konfrontation und Zuspitzung statt auf Dialog zu setzen. Zudem wolle er "unliebsame Kritiker" mit einem "Maulkorberlass" praktisch "mundtot" machen.
Umweltminister Olaf Lies (SPD) konterte in einer Pressemitteilung: „Der NABU hatte im Rahmen der Verbändeanhörung Gelegenheit, die Wolfsverordnung mit konstruktiven Vorschlägen zu bereichern. Diese blieben jedoch weitgehend aus, da man beim NABU dem Erhalt der Weidetierhaltung und den von ihr abhängigen, geschützten Arten offenbar weniger Bedeutung beimisst als dem bedingungslosen Schutz auch noch des problematischsten Einzelwolfes.“
Wolfsberater entlassen
In diesem Zusammenhang hatte das Niedersächsische Umweltministerium zwei seiner ehrenamtlichen Wolfsberater von ihren Aufgaben entbunden. Grund waren die übermäßig kritischen und unangemessenen Äußerungen zur Wolfspolitik des Landes.
Die beiden Wolfsberater hatten sich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vorsitzender bzw. stellvertretener Vorsitzender eines Wolfsschutzvereins wiederholt öffentlich gegen Entscheidungen des Ministeriums, aber auch gegen die geltende Wolfsverordnung ausgesprochen.
Damit verstießen sie gegen die von ihnen bei Amtsantritt unterzeichneten Grundsätze. Ihnen wurde wiederholt Gelegenheit zur Stellungnahme geboten. Seitens der Wolfsberater wurde nicht ansatzweise ein Zweifeln am eigenen Verhalten erkannt.
Vor diesem Hintergrund sieht sich das Niedersächsische Umweltministerium gezwungen, die Zusammenarbeit, auch trotz teils langjähriger ehrenamtlicher Unterstützung, zu beenden. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor.
Wolfsberater müssen neutral sein
Darin erklärt Umweltminister Olaf Lies (SPD) dass die Mitgliedschaft in Pro-Wolf-Vereinen an sich ist selbstverständlich kein Grund für die Entlassung eines Wolfberaters sei. Allerdings gebiete das Ehrenamt des Wolfsberaters öffentliche Zurückhaltung und Sensibilität in einem Themenfeld, bei dem es auf maximale Objektivität und Vertrauen bei der Kernklientel ankomme.
Man könne nicht verlangen, dass Weidetierhalter einen Wolfsberater für Rissaufnahmen und Zaunkontrollen anrufen, der in seiner Vereinstätigkeit lautstark für den kompromisslosen Schutz problematischer Einzelwölfe eintritt.
Aus gutem Grund achte das Land nicht nur bei der Einstellung neuer Wolfsberater auf Neutralität, sondern erwarte diese auch bei langjährigen Wolfsberatern. Vertrauen ist die Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit in diesem sensiblen Bereich.
Abschussgenehmigungen werden nicht öffentlich gemacht
Aktuell erreichen das Ministerium darüber hinaus vermehrt Auskunftsersuche, mögliche Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss problematischer Wölfe öffentlich zu machen. Diesen kann angesichts der Gefahr der Identifizierung von Weidetierhaltern und Jägern jedoch nicht in allen Fällen entsprochen werden.
Minister Lies hierzu: „Die Entscheidung über die Entnahme einzelner Tiere ist ganz sicher kein Staatsgeheimnis. Wir scheuen hier auch keine gerichtliche Überprüfung – alle Verwaltungsgerichte haben in der Vergangenheit die Entscheidungen des Ministeriums im Wesentlichen bestätigt.
Das Auskunftsrecht der Öffentlichkeit stößt aber dann an Grenzen, wenn Ruf und Leben von Menschen bedroht sind. Hier geht es etwa um Nutztierhalter, die in ihrer Not den Abschuss eines Problemwolfes beantragen und Jäger, die den Staat uneigennützig und aus Verantwortungsbewusstsein bei der Entnahme unterstützen.
Die Erfahrungen mit Mobbing und Bedrohungen Betroffener lassen aktuell leider keinen gelasseneren Umgang zu. Hier müssen sich diejenigen, die Transparenz um jeden Preis fordern, fragen lassen, wer den Preis dafür zahlen soll.
Todeswünsche für Schäfer in Social Media und Schüsse auf einen Hochsitz sind nur einige der leider zahlreichen Beispiele, was Beteiligte hier zu befürchten haben.
Im Übrigen ist es eine Selbstverständlichkeit, das Parlament über den Stand bei den Ausnahmegenehmigungen zu unterrichten, aber eben in vertraulicher Sitzung, um die an einem Vollzug beteiligten Personen wirksam schützen zu können.“
Wolf in Lippe bestätigt
Unterdessen scheinen sich die Wölfe auch in Nordrhein-Westfalen weiter auszubreiten. Am Morgen des 19. Dezember 2020 wurde ein Wolf in einem Waldgebiet bei Lage (Kreis Lippe) von einer Fotofalle erfasst.
Die Aufnahmen wurden von der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) geprüft. Über Geschlecht, Alter und Identität des Tieres ist nichts bekannt.
Die Stadt Lage liegt im Norden des Wolfsgebietes Senne, welches im Jahr 2018 ausgewiesen wurde, weil hier mehrfach eine Wölfin mit der Kennung GW1044f festgestellt worden war.
Senne-Wölfin verschollen
Seit Oktober 2018 ist diese Wölfin nicht mehr nachgewiesen worden und gilt aktuell als verschollen. Am 16. Oktober 2020 wurde in einem Waldgebiet bei Altenbeken (Kreis Paderborn) im Süden des Wolfsgebietes Senne ein weiblicher Wolf mit der Kennung GW1897f nachgewiesen.