Klimastabile Wälder - mit Wild

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Klimastabile Wälder - mit Wild

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Der Wald ist krank, lautet der Befund des Waldzustandsberichts 2020. Trockenheit, Stürme und der Borkenkäfer haben ihm zugesetzt - nicht nur in Nordrhein-Westfalen.

Wie kann ein daher nötiger Umbau zu klimastabilen Wäldern gelingen, und zwar mit den heimischen Wildarten? Dieser Frage widmete sich am vergangenen Mittwoch (24. März) ein Onlinesymposium, das das Landwirtschaftliche Wochenblatt gemeinsam mit diesem Portal veranstaltet hat. Geladen waren hochkarätige Gäste: Neben dem stellvertretenden Vorsitzenden des Waldbauernverbandes NRW, Hans-Friedrich Hardt nahmen Claus Knipping, stellvertretender Kreisjagdberater und Hegeringleiter aus Höxter sowie der Ministerialrat für Waldbau im Landesumweltministerium, Dr. Ralf Petercord und die frisch gewählte Präsidentin des Landesjagdverbandes, Nicole Heitzig an der Runde teil. Die Expertise dieser Teilnehmer wurde intern von Matthias Kruse, Chefredakteur jagdpraxis.de und des Rheinisch-Westfälischen Jägers im Landwirtschaftsverlag Münster, ergänzt. Moderiert wurde das Symposium, das unter reger öffentlicher Beteiligung stattfand, vom Chefredakteur des Wochenblatts, Patrick Liste.

Rege Publikumsbeteiligung

Zu dem Kreis gesellten sich 400 interessierte Teilnehmer, die sich online der Veranstaltung zugeschaltet hatten und auf diese Weise Fragen an das Podium stellen konnten. Für seine Leser wollte Matthias Kruse wissen, wie die Erneuerung des Waldes in NRW seit Kyrill bisher gelungen ist. Der Orkan hatte 2007 in weiten Teilen Europas gewütet und allein in Nordrhein-Westfalen 50.000 Hektar Waldfläche vernichtet. Aus der Antwort des Ministerialrats Petercord resultierte die für die Diskussion impulsgebende Empfehlung: "Versuchen Sie, Ihren Wald zu verjüngen und zu ergänzen!" Bei der Wiederbewaldung der Kyrill-Schadflächen, so der Mann aus dem Ministerium, habe es sowohl gelungene Ansätze, als auch Fehlentwicklungen gegeben. Denn neben der nicht nur von Kyrill maßgeblich betroffenen Fichte stürben auch andere alte Bäume wie Buche, Eiche, Tanne oder Kiefer ab - möglicherweise schneller als erwartet. Dies zeige die dringende Notwendigkeit eines Waldumbaus hin zu klimastabilen Waldökosystemen. Dafür hat allein der Bund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

 

 

Wald mit Wild statt Wald vor Wild

Um diese Mittel möglichst erfolgreich zu nutzen, ohne dabei Pflanzen gegen Tiere auszuspielen, ist die Zusammenarbeit von Jägern und Waldbesitzern gefragter denn je. Denn soll bei der Verjüngung nicht, wie in früheren Jahrzehnten, die vergleichsweise verbissresistente Fichte im Vordergrund stehen, stellt sich die Frage, wie bei einem ausgewogenen artenreichen Wildbestand, der nicht weitgehend zusammengeschossen werden soll, hinreichender Aufwuchserfolg gewährleistet werden kann. Klar, dass dies je nach Fläche und jeweiligem Aufwuchsstand unterschiedlich starkes Eingreifen in den Wildbestand erfordert. Wo der Aufwuchs noch relativ Licht ist, müsse ausreichend gejagt werden, ehe eine zunehmend "grüne Hölle" den Erfolg erschwere, riet Jagdpraktiker Knipping. Aber auch attraktive Äsungsschneisen, die sich für winterliche Drückjagden eignen, spielen nach seiner Einschätzung eine entscheidende Rolle. Für eine gleichermaßen zielführende wie maßvolle Bejagung sind aber auch örtliche Absprachen entscheidend.

Nicht nur die Büchse zählt

Wo sind welche Maßnahmen geplant, und wie können Jäger die unterstützen? Dass dabei nicht alles mit der Büchse geregelt werden könne, stellte die neue LJV-Präsidentin klar. Eine Auffassung, die auch der Ministerialrat für Waldbau bestätigte. Gerade bei Spezialkulturen werde die Zielerreichung ohne forstliche Pflanzenschutzmaßnahmen schwierig. Für die Artenauswahl empfahl Dr. Petercord, auf die Naturverjüngung der heimischen Arten zu setzen. Wenn es auf Schadflächen zu einer intensiveren Rehwildbejagung kommen solle, die per Erlass bereits im April ermöglicht werde, brauche man zur Erfolgskontrolle aber auch die Zahlen, forderte Matthias Kruse dazu in Richtung Ministerium. Ein erfolgreicher Waldumbau gelinge jedenfalls nur auf Basis eines wechselseitigen Verständnisses zwischen Waldbesitzern und Jägern, wie die Runde einhellig feststellte.

Wen die spannende Diskussion interessiert, kann sie auch jetzt noch verfolgen. Das zweistündige, im TV-Studio des Landwirtschaftsverlages veranstaltete Symposium wurde in voller Länge aufgezeichnet und steht hier ohne Zugangsbeschränkung jedem Interessierten zur Verfügung.