Top Mittelklasse-Allrounder

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Top Mittelklasse-Allrounder

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Wärmebildkameras (WBK) zur reinen Beobachtung entwickeln sich spürbar zur Standard-Ausrüstung in heimischen Revieren. Nach dem Test einer Zeiss-WBK haben wir diesmal ein deutlich preiswerteres Mittelklasse-Gerät aus Fernost unter die Lupe genommen – und wurden überrascht.

Der chinesische Hersteller HIKmicro gehört zur Konzerngruppe HIKvision, einem der weltweit größten Hersteller von Überwachungstechnik mit über 40.000 Mitarbeitern. Der Ableger HIKmicro beschäftigt sich speziell mit Wärmebildoptiken, 2010 kam die erste Wärmebildkamera auf den Markt, derzeit hat HIKmicro ein breites Angebot – preiswerte monokulare Beobachtungsgeräte, Clip-On-Vorsätze bis zu binokularen Beobachtungs- geräten der High-End-Klasse mit 640 x 512 Pixel-Sensor. Für letzteren werden aber auch über 6 000 € fällig.

Unser Testgerät, das OWL OH 35 ist mit unter 2 000 € bedeutend günstiger, dafür aber monokular und technisch in der Mittelklasse angesiedelt. Der Mikrobolumeter Typ VOX verfügt über eine Auflösung von 384 x 288 Pixel und einen 17 μm Pitch (Bilderwieder- holungsrate: 50 Hz), seine Sensibilität (NETD) wird mit unter 40 mk angegeben. Seine 35 mm-Objektivlinse ist ein guter Kompromiss für Reviere mit Wald und Feldanteil. Das Sehfeld auf 100 m beträgt 19 m, die optische Grundvergrößerung liegt bei 2,5fach, über den Digitalzoom kann auf Knopfdruck 2-, 4- oder 8fach eingestellt werden. Als Bildschirm dient ein hochwertiges OLED-Display mit einer Auflösung von 1024 x 786 Pixeln – so etwas findet man in der Preisklasse unter 2 000 € nicht sehr häufig. Der Beobachter hat die Wahl zwischen vier Arten der Wärmedarstellung – schwarz, weiß, rot und regenbogenfarben.

Schnelles Hochfahren, leichte Bedienbarkeit

Die fünf Bedienknöpfe liegen in einer Reihe auf der Oberseite, merkt man sich die Funktion, findet man auch im Dunkeln durch „Abzählen“ leicht den richtigen Knopf. Die großen Knöpfe sind weit genug voneinander entfernt, um sie auch mit Handschuhen problemlos zu bedienen. Die Knöpfe geben ein leises Klicken von sich, das aber noch tolerierbar ist. Die Startzeit ist mit 5 Sekunden erfreulich kurz – durch kurzes Drücken der vorletzten Taste wird die Kamera in den Standby-Modus versetzt und ist nach weiterem kurzen Druck sofort wieder an. Der fest eingebaute, nicht wechselbare Akku bietet gute fünf Stunden Laufzeit, wenn man im Standby-Betrieb mit gelegentlichem Hochfahren etwa alle 5-10 Minuten für einen Rundumblick und gelegentlichem längerem Beobachten von Wild arbeitet. Schaltet man das WLAN ab, reicht es auch für etwa sechs Stunden – vorausgesetzt, die Außentemperaturen bleiben im Plus-Bereich. Wird im Display ein schwacher Akku-Stand angezeigt, kann man ihn über eine Powerbank wieder aufladen. Der Ladevorgang wird über eine LED angezeigt – sicher sinnvoll, aber in dunklen Kanzeln leuchtet die rot, was schon etwas stört.

WLAN-Funktion für alternatives Speichern

Die Kamera kalibriert sich selbständig und zeigt das durch ein metallisches Klicken an. Wer will, kann im Menü auch auf manuell umstellen – was wir empfehlen, wenn mit Wild in nächster Nähe zu rechnen ist. Mit an Bord sind zudem Aufnahmefunktionen für Video und Foto zur Sicherung im internen Speicher oder als Livestream zu externen Geräten wie Smartphones oder Tablets. Über die WLAN-Funktion lässt sich mit einer App die Wärmebildkamera mit dem Handy verbinden, über den WiFi-Stream können bis zu fünf Geräte gleichzeitig angeschlossen werden.

Mit dem stadiametrischen Entfernungsm­esser kann man die Distanz zum Ziel abschätzen, dazu sind verschiedene Vergleichsgrößen verfügbar. Die Dioptrieverstellung liegt als Drehr­ad vor dem Okular, was sich als sehr praktisch erwies, denn ein unbeabsichtigtes Verstellen ist so gut wie ausgeschlossen, da das Rädchen vertieft liegt und nur durch zwei Aussparungen an der Ober- und Unterseite zu bedienen ist. Bei Modellen mit seitlich angebrachtem Dioptrieausgleich muss man dagegen schon mal nachjustieren, weil sich was verdreht hat.

 

Im Revier liefert das OWL OH 35 ein klares kontrastreiches Bild vom Geschehen. (Foto: N. Klups)

 

Revier-Eindrücke

Auch die HIKmicro verjüngt sich nach hinten (189 x 74 x 66 mm) und ist durch mittig auf der Oberseite platzierte Knöpfe mit linker und rechter Hand gleichermaßen gut bedienbar. Die obere Gerätehälfte ist mit einer dünnen Gummierung überzogen, unten ist aber glatter, blanker Kunststoff. Damit kann man zwar leben, dennoch hätte eine komplette Gummierung einen hochwertigeren Eindruck vermittelt.

Mit 450 g Gewicht ist auch längeres Beobachten kein Problem. Der Objektivschutzdeckel aus weichem Gummi ist mit einem Band gesichert, auch eine Handschlaufe fehlt nicht. Ein Trageriemen, um die WBK um den Hals zu tragen, liegt ebenfalls bei, er wird mit einem Schnellverschluss befestigt. Leider hängen Objektivdeckel, Trageriemen und Handschlaufe alle an einem schmalen, gerade mal einen Zentimeter breiten Steg und sind dort mit einem sehr dünnen Bändchen befestigt – nicht gerade ein besonders vertrauenerweckender Ein­druck, hängenbleiben sollte man mit der WBK um den Hals besser nicht. Die Bedienung ist auch bei Dunkelheit problemlos.

Bei der Bildqualität waren wir positiv überrascht – HIKmicro ist mit der OWL OH 35 eine sehr gute Gesamtabstimmung gelungen. Das Bild ist sehr kontrastreich und klar, auch bei Regen und leichtem Nebel konnten die Abbildungen überzeugen. Hochwild kann bis etwa 700 m noch gut erkannt werden, bei gutem Wetter gings mit dem Digitalzoom sogar noch etwas weiter.  Zum Lieferumfang gehören ein Aufbewahrungsbeutel, Trageriemen, USB-Kabel und Bedienungsanleitung.

Fazit

Unser Testgerät vom großen Deutschland-Importeur Maximtac (www.maximtac.de) kostet dort 1 999 €, je nach Händler kann der Preis leicht variieren. Zu diesem Preis ist das HIKmicro OWL OH 35 ein sehr gutes Angebot. Hervorragende Bildqualität, gute Reichweite und einfache Bedienung stehen im Vordergrund. Dazu gibt's noch 3 Jahre Garantie – ein top Mittelklasse-Allrounder zum Beobachten und schnellen Finden von Wild.

Norbert Klups

Technische Daten und Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen.