Leicas High-End Mittelklasse
Die Magnus-Modelle von Leica mit 6,3-fach-Zoom genießen einen guten Ruf als Hochleistungs-Zielfernrohre – entsprechend hoch ist aber auch ihr Preis. Günstiger ist die Visus-Serie mit 4-fach-Zoom. Dazwischen platzierte Leica die Fortis-Reihe mit 6-fach-Zoom, wir haben das 2 – 12 x 50 getestet.
Zur Fortis 6-Serie gehören die Modelle 1 - 6 x 24, 2 - 12 x 50 und 2,5 - 15 x 56. In ihrem Lastenheft stand die Verbindung von puristisch-klassischem Design mit optischer Höchstleistung. Das Bedienelement des Leuchtabsehens liegt links am Rohr, also nicht wie beim Magnus hinten auf dem Okular. Bei den optischen Werten greifen die Wetzlarer tief in die Kiste mit hochwertigen optischen Komponenten, so hat das Drückjagdglas ein Sehfeld von 43,4 m! Wir haben uns aber den Allrounder 2 - 12 x 50 näher angesehen, der mit einem Sehfeld von über 20 m durchaus noch auf Bewegungsjagden eine gute Figur macht, aber mit seinem 50 mm-Objektiv noch ausreichend Licht zur Dämmerungsjagd liefert. Mit 12-facher Endvergrößerung sollten auch weite Schüsse im jagdlichen Rahmen kein Problem darstellen.
Fortis 2 – 12 x 50
Der Alu-Rohrkörper ist aus einem Stück gefertigt und mit einer harten schwarz eloxierten Oberfläche überzogen, die sehr abriebfest ist. Die Stickstoff-Füllung verhindert einen Innenbeschlag der Linsen. Mit 335 mm Gesamtlänge bei 700 g Gewicht ist das Fortis ein kompaktes, wenn auch nicht unbedingt leichtes Zielfernrohr. Sein Sehfeld beträgt bei zweifacher Vergrößerung 20,4 m auf 100 m und bei 12 fach 3,5 m. Ein Augenabstand von 9 cm erlaubt auch bei rückstoßstarken Kalibern entspanntes Schießen.
Fein dimmbares Leuchtabsehen
Das Absehen liegt in der zweiten Bildebene, vergrößert sich also beim Hochzoomen nicht mit – sinnvoll, wenn auf weite Distanzen auf kleine Ziele geschossen wird, ein zu dickes Absehen würde das Ziel sonst verdecken. Bei einem Zielfernrohr mit Leuchtabsehen machen dicke Balken auch wenig Sinn, denn der rote Leuchtpunkt in der Mitte des Absehens ist immer gut sichtbar. Die Helligkeit des Leuchtpunkts lässt sich über neun Stufen einstellen, wobei Leica den Schwerpunkt eindeutig auf die Jagd bei schlechtem Licht gelegt hat. Die untersten Stufen sind sehr dunkel und die Helligkeit lässt sich so weit runterregulieren, dass der Punkt keinesfalls überstrahlt und bei Dunkelheit soeben noch zu sehen ist. Die Leuchteinheit des Magnus deckt einen deutlich größeren Raum ab, ist aber technisch deutlich aufwendiger, was sich natürlich im Preis niederschlägt.
Vom Magnus übernommen wurde dagegen die Abschaltautomatik – ein Neigungs- und Beschleunigungssensor registriert, wenn sich das ZFR in nicht schussgerechter Lage befindet und schaltet das Leuchtabsehen nach drei Minuten ab. Bewegt man die Waffe, wird es sofort wieder eingeschaltet – funktioniert problemlos, auch beim schnellen Anschlagen ist der Leuchtpunkt längst an, wenn man durch die Zieloptik schaut. Diese Technik verlängert die Batterielebensdauer und verlangt keine zusätzlichen Handgriffe. Sobald das Leuchtabsehen gebraucht wird, steht es zur Verfügung.
Jeder Klick an der Höhen- oder Seitenverstellung verändert die Treffpunktlage auf 100 m um einen Zentimeter. Die Verstellung arbeitet sehr zuverlässig und lässt sich auf null stellen, zur Bedienung braucht man weder Werkzeug noch Hilfsmittel. Die Verstelltürme sind klar beschriftet, der Verstellbereich beträgt seitlich 150 cm und 140 cm in der Höhe.
Optische Qualitäten
Bevor das neue Zielfernrohr mit ins Revier durfte, musste es im Optiklabor einige Messungen über sich ergehen lassen. Besonders interessierte uns die Transmission bei Tag und Nacht sowie das Auflösungsvermögen. Bei maximaler Vergrößerung kam das Fortis auf eine Auflösung von 3,4 Winkelminuten – ein erstklassiger Wert. Auch bei der Transmission konnte es voll punkten – 92,8 % bei Tag und 90,2 bei Nacht stehen der Magnus-Serie in nichts nach.
Das Testglas wurde auf eine Blaser R 8 im Kaliber .308 Win. montiert, das Einschießen auf der 100 m-Bahn war mit wenigen Schüssen erledigt. Im Revier wurde die neue Optik hauptsächlich zur Saujagd bei schlechten Lichtverhältnissen eingesetzt. Es war durchweg regnerisch und trüb – nicht angenehm, aber gerade dann sind die Sauen ja besonders aktiv und um die optische Qualität eines Zielfernrohrs zu testen, durchaus passend.
Auch bei leichtem Regen und in der Dämmerung liefert das Fortis ein sehr helles und klares Bild. Die Randschärfe ist sehr gut und der Kontrast erlaubt es, auch kleinste Details zu erkennen. Als sehr praktisch zeigte sich die Vergütung der Außenlinsen mit Aqua Dura – diese Nanobeschichtung lässt Wassertropfen einfach abperlen, es bleiben keine Flecken auf der Linse zurück. Die Linse ist auch gut geschützt, wenn man mal mit dem Jackenärmel drüberwischt, wenn gerade kein Brillenputztuch zur Hand ist und es schnell gehen muss.
Die Vergrößerungsverstellung arbeitet weich und ruckfrei, langsames Hochzoomen im Anschlag ist kein Problem. Ein gut fühlbarer Knubbel bei 6-fach hilft, im Anschlag die eingestellte Vergrößerung zu erfühlen und ist auch mit Handschuhen praktisch. Das Absehen ist dabei leicht im Ziel zu halten.
Sehr komfortabel ist die große Eyebox des Fortis, auch im schnellem Anschlag steht sofort ein gutes Bild zur Verfügung, selbst wenn sich das Auge nicht genau zentrisch hinterm Okular befindet.
Resümee: Mit dem 2 – 12 x 50 Fortis für 1 995 € (ohne Schiene, ohne Absehenschnell-verstellung) bleibt Leica deutlich unterm Preis der Magnus-Serie, quasi eine eigene Mittelklasse auf deutsch-österreichischem Topniveau. Direkte Konkurrenten sind das Zeiss Conquest V 6 (1 695 €) und Swarovskis Z 6i (2 330 €). In puncto Optik gibt's kaum sichtbare und auch nicht messbare Unterschiede zur teureren Magnus-Serie. Die Vergütungstechnik ist anscheinend identisch, das Leuchtabsehen nicht so fein justierbar. Dafür ist das Fortis ein sehr formschönes und elegantes Zielfernrohr, das auf feinen Büchsen eine gute Figur macht.
Norbert Klups