Test: Winchester XPR
Winchester mischt auf dem Markt der Billig-Repetierer für 500 bis 600 € mit. Wir haben die US-Sparbüchse getestet. Von Norbert Klups
Äußerlich ist Winchesters Sparbüchse anderen Modellen (Ruger American Rifle, Remington 783) sehr ähnlich – einfacher schwarzer Kunststoffschaft, ohne offene Visierung, dafür aber mit Einsteckmagazin. Bei der Konstruktion solcher Waffen wird penibel darauf geachtet, mit möglichst wenig Teilen auszukommen – und die müssen sich maschinell schnell und günstig fertigen lassen.
In dieser Preisklasse geht sonst das Konzept nicht auf. Der Markt für Jagdrepetierer ist hart umkämpft und in den USA werden Stückzahlen abgesetzt, von denen deutsche Firmen nur träumen können. Daher lohnen sich auch noch so kleine Gewinnspannen, für die deutsche Hersteller keine Büchse aus dem Werk lassen würden.
Extras wie offene Visierung oder andere Laufkontur kann man damit vergessen. Dafür gibts zwei Systemgrößen aus Alu (Threaded) oder Stahl (SM), auch die Kaliberpalette kann sich mit .30-06. (Testwaffe), .243 Win., .270 Win., .270 WSM, .308 Win. .300 Win. Mag. und .338 Win. Mag. sehen lassen. Die Testwaffe war eine mit Stahlsystem in .30-06.
Einfacher Polymerschaft
Der einfache Kunststoffschaft wird im Spritzverfahren hergestellt, eine sichtbare Gussnaht muss man dabei in Kauf nehmen. An Pistolengriff und Vorderschaft sind rutschhemmende Aufrauhungen angebracht. Auf eine spezielle Bettung des Systems wurde verzichtet. Auch die beiden Systemschrauben werden nicht in Stahlröhrchen geführt, sondern gehen einfach durch Bohrungen im Kunststoffschaft.
In den Schaft ist ein stählerner Rückstoßstollen eingesetzt, der in eine entsprechende Ausfräsung an der Unterseite des Hülsenkopfes greift. Der Lauf kann frei schwingen. Der Schaft ohne Backe ist so auch für Linkshänder nutzbar. Praktisch ist die etwas abgeflachte Unterseite des Vorderschaftes, was das Auflegen der Waffe begünstigt. Bei der Schaftkappe hat man sich offensichtlich bei der Schwesterfirma Browning bedient – die Inflex-Kappe findet sich auch bei der X-Bolt. Durch die sog. „Inflex Technologie“ soll der Schaft im Schuss vom Gesicht weg nach unten gezogen werden.
Riemenbügel werden ab Werk montiert und einfach in den Schaft geschraubt. Der Vordere sitzt damit natürlich viel zu weit hinten, um ein bequemes Tragen der Büchse über der Schulter zu ermöglichen. Der Schaft ist sehr „laut“ – stößt man gegen einen harten Gegenstand, ist ein deutliches hohl klingendes Geräusch zu hören. Die Bodenplatte aus Kunststoff verfügt vorn über einen Drücker zur Magazin-Arretierung. Der ist ebenfalls aus Plastik, wird aber noch durch einen zweiten, gefederten Halter im Schaft unterstützt, der von hinten ins Magazin eingreift – funktionierte während des Testzeitraumes.
Wie sich so kleine Plastikteile im Jagdalltag über längere Zeit bewähren, muss sich zeigen. Das schmale, einreihige Magazin ist samt Zubringer ebenfalls aus Kunststoff gefertigt und nimmt drei Standardpatronen auf. Das Magazin ist mit 36 g so leicht, dass sie sogar schwimmt, solange sich keine Patronen darin befinden.
Massiver Verschluss
Der konventionelle Zylinderverschluss verriegelt über drei Warzen im Kammerkopf. Das Auswurffenster ist recht schmal, um die Stabilität zu erhöhen. Oben ist die Hülse abgeflacht und mit Montage-Bohrungen versehen. Basen dafür werden sogar kostenlos mitgeliefert. Die Testwaffe hatte Weaverplatten, künftig soll aber auf eine spezielle Winchester Festmontage umgestellt werden. Der unten aus dem Schlösschen ragende Fortsatz der Schlagbolzenmutter zeigt den gespannten Zustand durch einen dann sichtbaren roten Punkt an. Das Schlösschen selbst ist gut geschlossen und gegen Staub abgedichtet. Der abgewinkelte Kammergriff liegt griffgünstig auf Höhe des Abzuges – ein solides, funktionssicheres System. Die Verschlusskammer ist mit Nickel-Teflon beschichtet.
Beim M.O.A.-Abzug handelt es sich um einen voll verstellbaren Direktabzug. Der Abzug der Testwaffe war auf 1 800 g justiert (normal für US-Büchsen aus Serienfertigung), ließ sich aber problemlos auf 1 200 g herunter regulieren – für einen 500 €-Repetierer ein sehr guter Abzug.
Die Schiebesicherung an der rechten Seite des Schlösschens blockiert in gesicherter Position auch die Kammer. Trotzdem kann auch in gesichertem Zustand entladen werden, wenn die vor der Sicherung angebrachte Freigabetaste betätigt wird. Ein echter Sicherheitsgewinn, auch wenn die Sicherung nur auf den Abzug wirkt. Die Sicherung gibt ein hörbares Klicken von sich und man muss sich schon sehr anstrengen, um den Schieber geräuscharm nach vorn zu schieben. Nach der Behandlung mit Teflonöl gings etwas besser.
Langer Lauf, brauchbarer Abzug
Der 61 cm-Lauf wird im Knopfzugverfahren hergestellt und erhält nach dem Ziehen eine Wärmebehandlung, um Spannungen auszugleichen. Außen ist ein kostengünstiges, mattes Finish angebracht. Die Mündung ist sauber hinterdreht und gut vor Beschädigung geschützt. Ein 61er-Lauf in .30-06 ist etwas ungewöhnlich, moderne Waffen sind meist kürzer. Damit kommt die XPR auf eine Gesamtlänge von 113,5 cm. Dass es nicht noch mehr ist, hat sie ihrem recht kurzen Schaft zu verdanken.
Auf die Testwaffe kam mit den bereits montierten Weaver-Basen und passenden MAK-Ringen mit Schnellverschlusshebeln ein Steiner Ranger 3-12x56. Die Büchse wurde auf 100 m aus dem Schießgestell mit Hornady, RWS und Winchester geschossen. Die beste Präzision zeigte die XPR mit dem hauseigenen 150grs. Extreme Point Geschoss. Der Fünf-Schuss-Streukreis aus kaltem Lauf hatte einen Durchmesser von 29 mm – für eine leichte Jagdbüchse sehr präzise. Beim Warmschussverhalten zeigte sich, dass nach drei Schüssen der Streukreis deutlich größer wurde. Für eine Jagdbüchse nicht tragisch, mehr als drei präzise Schüsse sind in der Praxis eher selten. Die Funktion war tadellos – Patronen wurden sicher zugeführt und leere Hülsen sauber ausgeworfen.
Resümee: Wer einen funktionellen Repetierer für kleines Geld sucht, liegt genau richtig. Erstaunlich, was für gut 500 € heute möglich ist – inkl. Montagebasen! Der Abzug ist sehr gut, ein Einsteckmagazin ist vorhanden und die Präzision kann sich sehen lassen. Auch die Kaliberpalette reicht völlig aus. Die Ausstattung beschränkt sich auf das absolut Notwendige, eine Schlagbolzensicherung fehlt. Mit dem lauten Kunststoffschaft muss man im Einsatz vorsichtig umgehen. Ein solider Revierbegleiter, der alles mitmacht und echte Konkurrenz zu anderen Sparbüchsen.