Kleines Einmaleins bei Wildunfällen: Wohl dem, der keine Straße im Revier hat...

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Kleines Einmaleins bei Wildunfällen: Wohl dem, der keine Straße im Revier hat...

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Durch die Zeitumstellung Ende März ist es jetzt in der Früh wieder länger dunkel – und damit steigt auch wieder die Gefahr von Wildunfällen im Straßenverkehr.

Im Falle eines Wildunfalls mit Schalenwild wird der Autofahrer aufgrund der Meldepflicht gemäß §28a Landesjagdgesetz Nordrhein-Westfalen (LJG NRW) die Polizei rufen. Diese hat manchmal keine Zeit zur Unfallaufnahme und bittet den zuständigen Jäger des betreffenden Reviers, sich zu kümmern. Deshalb ist jedes Revier in NRW verpflichtet, einen Kontakt für die Polizei bereitzuhalten. Das lösen manche Reviere, indem sie mehrere Telefonnummer nennen oder eine Mobilnummer, über die ein Mitglied der Jagdgemeinschaft immer in Rufbereitschaft ist. In Nordrhein-Westfalen sind die Reviere verpflichtet, Unfallopfer (Schalenwild) zu beseitigen. Dafür hat das Land auf die Jagdsteuer verzichtet. In NRW wird (auch deshalb) keine Jagdsteuer mehr auf die Pachtpreise erhoben – die Kadaver-Entsorgung ist damit quasi abgegolten. Diese Pflicht besteht nicht für Autobahnen, denn diese darf man ebenso wenig betreten wie Bahngleise und Kraftfahrstraßen.
An Ort und Stelle wird der Jäger sich flexibel auf unterschiedliche Situationen einstellen müssen. Besonders bei Dunkelheit kann eine Unfallstelle gefährlich sein, vor allem wenn sie nicht ordnungsgemäß abgesichert ist – Schutzkleidung und Warnblinkanlage sind dafür selbstverständlich. Bei noch lebendem Wild muss ein Fangschuss sicher möglich sein, sonst bleibt nur das fachgerechte Abfangen (Blankwaffe). Bei dieser Tätigkeit sind Revierinhaber über die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG/früher Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft) versichert, da dies zur Jagdausübung zählt. Für die Kaskoversicherung des beschädigten Fahrzeugs ist in der Regel eine Wildunfallbescheinigung nötig. Dazu bedienen sich die meisten eines Formulars, das man auf der Homepage des DJV (www.jagdverband.de) oder LJV NRW (ljv-nrw.de) findet, andere erledigen das in Briefform. Wichtig ist, dass der Wildunfall nachvollziehbar ist und die Schäden am Auto mit der Schilderung des Unfallhergangs korrespondieren. Fotos von der Situation (mit Kfz-Kennzeichen) sind hilfreich, auch Detail-Aufnahmen des Schadens erleichtern die spätere Regulierung. Die Bescheinigung kann dem Geschädigten direkt übergeben werden, Fotos können per Mail oder Post versandt werden. Von dieser Dokumentation sollte man für spätere Rückfragen der Versicherung immer Kopien behalten. Viele Jäger erheben für diesen Service (Schadendokumentation für die Versicherung) eine Aufwandspauschale. Das ist zulässig – aber bitte nicht für die Bergung/Entsorgung des toten Tieres !Dafür zahlen wir in Nordrhein-Westfalen keine Jagdsteuer!
Die Pauschalen sind unterschiedlich, je nach Versicherer oder Aufwand – feste Sätze gibt es dafür nicht. Anerkannt sind seit vielen Jahren 15€ (AG Weilburg, AZ: 5 C 364/95), aber auch 50€ sind praktikabel. Der Aufwand kann ja auch umfangreicher werden, wenn ein hilfsbereiter Jäger noch Trümmerteile vom Auto oder Scherben beseitigt und in die heimische Mülltonne wirft.
Wenn Verkehrsteilnehmer an Ort und Stelle bezahlen, sollte dies in der Bescheinigung dokumentiert werden, damit die Versicherung ihrem Kunden den Betrag erstatten kann. Natürlich kann auch nach dem Austausch der Kontaktdaten die Angelegenheit durch Korrespondenz am Folgetag und bei Helligkeit erledigt werden. Ebenso kann man auch die Versicherung direkt anschreiben, wenn der Geschädigte die Versicherungs-/Schadennummer mitteilt. Aber niemals sollte man etwas bescheinigen, das man gar nicht gesehen hat. Jäger sind nicht dafür verantwortlich, was ein Wildunfall an versicherungsrechtlichen Folgen nach sich zieht. Melden sich vermeintlich durch einen Wildunfall geschädigte Autofahrer erst Tage nach dem Unfall, kann der Jäger solche Unfälle nicht bescheinigen. Stattdessen kann man solche Autofahrer wegen Verstoßes gegen die Meldepflicht bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde anzeigen – was ein Bußgeld nach sich ziehen wird. Ist nachweisbar, dass das Stück nach dem Unfall noch lebte und der Fahrer das auch erkannte, kommt sogar ein Straftatbestand nach dem Tierschutzgesetz in Betracht.
Übrigens: Wildunfälle in der Teilkasko kann je nach Police unterschiedlich definiert sein – es gibt Unfälle mit Haarwild, Unfälle mit Tieren aller Art und sogar Marderbiss. Auch bei sogenannten Ausweichschäden tritt die Teilkasko-Versicherung ein – wenn der Schadenhergang vom Autofahrer nachgewiesen werden kann. In der Regel wird eine Selbstbeteiligung fällig, eine Höherstufung erfolgt nicht. Die Teilkasko ist in der Vollkasko enthalten, kann aber auch allein versichert sein.
RA Dr. Walter-Hubertus Jäcker stv. Justiziar im LJV NRW