Jagdhaftpflichtversicherung 2023/24 - Hunde, Drohnen, Nachtsichttechnik ...
Der Versuch zur Novelle des Bundesjagdgesetzes scheiterte im Sommer 2021– und mit ihm lang überfällige Änderungen bei der Jagdhaftpflichtversicherung (JHV). Dafür hat sich an anderer Stelle einiges getan – wenn auch (noch) nicht bei den Prämien. Nicht nur wer zum 1. April einen neuen „Lappen“ braucht, sollte den folgenden Beitrag besonders aufmerksam verfolgen.
Die gültige Mindest-Deckungssumme der JHV (500 000 € für Personen-/50 000 € für Sachschäden) ist ein Relikt aus der Steinzeit des Versicherungsrechts. Die Novelle des Bundesjagdgesetzes sah 2021 im § 17 als neue Mindestdeckung 5 Mio. € vor – und scheiterte (aus ganz anderen Gründen).
Auch wenn die damit bis heute gesetzlich gültige Uraltdeckung (ein gesetzgeberischer Skandal, den wir gebetsmühlenartig seit Jahrzehnten jeden Dezember wiederholen!) niemand mehr als Tarif anbietet, gehen Experten davon aus, dass etwa bis zu jeder 10. Jäger mit gedankenlos fortgeschriebenen Uraltverträgen Hunde und Waffen führt – tickende Zeitbomben für sich selbst und jeden Mitjäger! Eigentlich sollte dies die gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle des Jagdscheins bei Gesellschaftsjagden verhindern, aber kein Jagdleiter hat natürlich auch nur den Hauch einer Ahnung, zu welchen Konditionen (Deckungsumfang) seine Gäste jagdhaftpflichtversichert sind.
Daher sollte man sich mit seiner Versicherung in Verbindung setzen und darum bitten, in den laufenden Vertrag hinein die Deckung auf mind. 5 Mio. Euro, besser noch 10 Mio. anzupassen –
der Aufpreis dafür dürfte in der Regel kaum höher als 10 € pro Jahr sein – gut investiert. Wie man kein Auto ohne entsprechende Police anmelden kann, wird auch kein Jagdschein ausgestellt, wenn der Versicherungsnachweis fehlt. Der Gesetzgeber hat Minimalkonditionen festgelegt, damit Geschädigte nicht auf Schmerzensgeld, Schadenersatz, Verdienstausfall, Berufsunfähigkeit u. v. m. sitzen bleiben, wenn der Verursacher dafür nicht aufkommen kann.
Elementarer Bestandteil ist eine ausreichende Mindestdeckung, die zur Regulation zur Verfügung stehen muss – im Kfz-Bereich sind das für Personenschäden mind. 7,5, üblicherweise aber 50 bis 100 Mio. €. Bis auf die Mindestdeckung lässt das Gesetz Versicherern völligen Freiraum.
Eine interessante Rechtsauffassung vertrat Dr. Dieter Hildebrandt auf dem Deutschen Jagdrechtstag: Demnach müsse jede JHV für Hundeschäden aufkommen! Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, wären alle Tarife mit Ausschluss von Hundeschäden zukünftig nicht mehr möglich. Im Zuge der Fusion der Rheinischen und Westfälischen Provinzial (Versicherer der Sparkassen) 2020 verschwand dieser Tarif bei der Rhein. Provinzial – aktuell bietet ihn aber immer noch der Allianz-Konzern an. Fazit: Auch ohne eigenen Jagdhund sollte man keinen Tarif ohne Hundehaltung wählen.
- Jagdhaftpflichtprämien 2023/24
- Vergünstigungen für LJV NRW-Mitglieder
Alles wird teurer – die Jagdhaftpflicht wohl erst 2024
Bei der allgemeinen Entwicklung der Prämien für das nächste Jagdjahr gab es eine überraschende Tendenz: Die ansonsten derzeit in jedem Lebensumfeld deutliche Steigerung der Preise bleibt bei der JHV 2023 aus – noch: Stattdessen waren bei einigen Gesellschaften sogar marginal geringere Jahresprämien zu beobachten. Für das nächste Jagdjahr erwarten Experten der Szene spürbare Tarifanpassungen. Vor diesem Hintergrund ist man gut beraten, zum 1. April 2023 auf jeden Fall einen Dreijahres-Jagdschein zu lösen!
Tücken im Dschungel des Kleingedruckten
Bei einer Forderungsausfall-Deckung kommt meine Versicherung für Ansprüche auf, die mir als Geschädigtem zustehen, wenn weder der Verursacher noch dessen Versicherung aufkommt. Solange niemand wissen kann, ob er Jagdfreunde an seiner Seite hat, die mit ihrer gedankenlos verlängerten Uraltdeckung eine echte Gefahrenquelle sind, ist die Forderungsausfall-Deckung in der eigenen JHV die einzige Möglichkeit, seine Ansprüche im Schadensfall auch in voller Höhe erstattet zu bekommen!
Deckungsumfang von Hundeschäden: Nach wie vor verursachen Hunde vier Fünftel aller gemeldeten Schäden (!) in der JHV – meist Bagatellschäden außerhalb der Jagd.
Hundeführer sollten klären, wie viele Hunde max. mitversichert sind (meistens zwei, bis zu fünf). Ebenso wichtig ist die Frage, bis zu welchem Alter Welpen als mitversichert gelten (mind. 12, besser 24 Monate).
Als brauchbar gelten Jagdhunde mit entsprechender Prüfung, Ärger droht erst im Schadensfall. Gerade deshalb sollte man mit seinem Jagdhund eine Brauchbarkeitsprüfung (BP) oder eine andere anerkannte Prüfung ablegen. Im Versicherungsrecht gilt generell das Verschuldens-Prinzip: Trifft etwa bei einem Unfall mit einer Schusswaffe den Unglücksschützen gar keine Schuld (Abpraller) zahlt die Versicherung keinen Euro! Um sich (v. a. aber seine Mitjäger) davor zu schützen, sollte man eine Versicherung wählen, die auf den Einwand der Verschuldenshaftung bei Schusswaffengebrauch verzichtet. Generell sollte man keine Tarife mit Selbstbeteiligungen abschließen !
Zusätzliche Risiken durch Drohnen und Nachtjagdtechnik
Im Verlauf der letzten Jahre hat sich die allgemeine Ausstattung eines Durchschnittsjägers erkennbar verändert – viele jagen mit Schalldämpfer, einige
setzen teure Wärmebild-Drohnen etwa zur Kitzrettung ein – und kaum noch
jemand verzichtet auf den Einsatz von Nachtsicht- und Wärmebildtechnik. Nicht nur, um damit auch in der Dunkelheit schießen zu können (sog. Dual use-Geräte), sondern v. a. zur reinen Beobachtung bei schlechtem Licht, aber selbst bei Bewegungsjagden. Der Neuwert einer solchen Ausstattung kann ganz schnell im fünfstelligen Euro-Bereich liegen – von Drohnen mit WBK ganz zu schweigen, diese kosten allein oft schon so viel.
Nahezu alle Versicherer haften über die Jagdhaftpflicht für Schäden durch den Einsatz von Drohnen zur Kitzrettung. Dennoch werden solche Aktionen von Hegeringen oder Kreisjägerschaften zusätzlich versichert, wenn sich Drohnen im Besitz eines Vereins befinden. Wie schon beim sog. Drohnenführerschein spielt allerdings das Gewicht des Fluggerätes eine nicht zu vernachlässigende Rolle – sollte die Drohne über 5 kg wiegen (mit bestimmter Technik durchaus denkbar), braucht man nicht nur eine besondere Fluglizenz, sondern auch die Jagdhaftpflicht wird bei Schäden aus dem Einsatz solch „mittelschwerer Helikopter“ auf das Luftfahrthaftungsgesetz verweisen ... für das man ganz anders versichert sein muss.
Ganz anders sieht die Lage rund um die „künstlichen Monde“ aus: Allein aus dem Einsatz von Nachtsicht- und Wärmebildtechnik ist es schwer vorstellbar, Dritten gegenüber einen Schaden zu verursachen – und nur für einen solchen würde meine Jagdhaftpflicht geradestehen. Solche Schäden sind lediglich denkbar durch den Einsatz von Jagdwaffen, auf denen man diese Technik montiert – und dafür haftet die JHV ja sowieso (abgesehen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit). Was man allerdings gerne versichert hätte, sind Schäden durch unsachgemäße Verwendung, Stürze, Diebstahl oder andere Verlustursachen – aber gerade solche Risiken kann eine JHV niemals abdecken.
Jäger-Kasko statt Versicherungsbetrug!
Allein schon angesichts der in der Regel mindestens vierstelligen Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturkosten soll es „pfiffige Zeitgenossen“ geben (natürlich nicht unter Jägern in NRW), die sich eine Art „professionelle Anleitung zum organisierten Versicherungsbetrug“ ausgedacht haben – und die geht so: Ich leihe dir meine Nacht-Technik, die kommt dabei zu Schaden oder weg – und DAS zahlt dann deine Jagdhaftpflicht ... Nicht nur vor solchem Versicherungsbetrug ist DRINGEND zu warnen!
Statt solche Straftaten auszuhecken (um nichts anderes würde es sich dabei handeln), wäre man besser beraten, speziell für diese vergleichsweise neue und teure Technik eine Art fakultative Jäger-Kasko (Ausrüstungsversicherung) abzuschließen – oder diese als Teil eines Premium-Pakets zusätzlich zu einer Jagdhaftpflicht zubekommen.
Ansonsten kann man sich natürlich generell so ziemlich „gegen alles“ versichern – nur zu welchem Preis, bleibt die Frage: Eine reine 08/15-Kasko zur Absicherung eines Wertes von 10 000 Euro wird schnell 200 bis 300 Euro im Jahr kosten – und damit das Mehrfache einer ausreichenden JHV.
Wichtiges Fazit: Schäden, Diebstahl, Verlust und Reparatur teurer Wärmebild- u. Nachtsichttechnik deckt meine eigene Jagdhaftpflicht nicht ab!
Nutzen Sie auch diesen RWJ-Vergleich zum Abschluss einer sinnvollen und dennoch preiswerten Jagdhaftpflichtversicherung !
Matthias Kruse