Hasen-Myxomatose aktuell

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Hasen-Myxomatose aktuell

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Nach Myxomatose-Ausbrüchen bei Feldhasen im Spätsommer 2024 wurden durch die Forschungsstelle im November Daten zum Vorkommen der Erkrankung in NRW erhoben – danach wurde in 45 % der NRW-Kreise Myxomatose bei Feldhasen dokumentiert.

Dieses Jahr dürfen wir mit weniger Osterhasen als üblich rechnen, denn anders als in den Jahren zuvor waren 2024 nicht nur Wildkaninchen, sondern auch Feldhasen von Myxomatose betroffen. Dabei handelt es sich um die spanische Virus-Variante ha-MYXV („Toledo-Variante“). Eine landesweite Umfrage ergab, dass Myxomatose beim Feldhasen in 24 von 53 Kreisen (45 %) auftrat. Insgesamt berichteten 1 606 Reviere über den Stand der Myxomatose – bei 8 430 Revieren in NRW also knapp 20 %. Insgesamt wurde Myxomatose bei Feldhasen in 25 % der NRW-Reviere (410) beobachtet, allerdings sendete leider nur weniger als ein Drittel (130) betroffener Reviere Hasen zur Untersuchung ein. Im letzten RWJ-Beitrag dazu war die Frage noch offen, ob auch Kaninchen die neue Variante tragen können – leider lautet die Antwort Ja, wie eine Untersuchung mit niederländischen Kollegen ergab. Dies ist besonders interessant, da in 36 % betroffener Reviere Hasen und Kaninchen an Myxomatose erkrankten. Zukünftig müssen wir also nicht nur ein sorgsames Auge auf Hasen werfen, sondern dazu beobachten, wie die schon dezimierten Wildkaninchen auf den Eintrag des neuen Virus-Stamms reagieren.

Kreis Borken trauriger Spitzenreiter
Insgesamt wurden 4 694 an Myxomatose verendete Feldhasen geborgen. Trauriger Spitzenreiter (2 229 geborgene Kadaver) war der Kreis Borken, aber auch WES (864), ST (644) und KLE (409) waren stark betroffen. Setzt man die absolute Zahl geborgener Kadaver ins Verhältnis zur Reviergröße, ergibt sich ein ähnliches Bild (WES, DU und BOR an der Spitze).

Revier-Beobachtungen gehen Einsendungen/Tests weit voraus
Zur Beurteilung der geografischen Richtung der Virus-Ausbreitung wurden sowohl für eingesandte Kadaver mit positivem Befund als auch für Angaben aus den Fragebögen die jeweils frühesten Meldungen pro Kreis identifiziert und abgeglichen. Daraus wird ersichtlich, dass die Reviere bereits viel früher über Myxomatose-Fälle Bescheid wussten, als dass tatsächlich Hasen eingesendet und getestet wurden. Dies ist nicht weiter verwunderlich, benötigen Untersuchungen doch einige Tage, da jedes einzelne Tier untersucht, Proben entnommen und untersucht werden muss, bis eine Diagnose steht. Umso wichtiger ist daher die Kommunikation zwischen Jägern, Verbänden und Behörden, vor allem wenn es sich um ein dynamisches Krankheitsgeschehen handelt! In den Fragebögen wurden außerdem die Ergebnisse der Hasenzählungen mit Scheinwerfer/Wärmebildkamera sowie die Revierfläche, auf der gezählt wird, erhoben. Daraus ließ sich die mittlere Hasendichte je 100 ha zählbare Revierfläche pro Kreis und Jahr ermitteln. Dabei war zunächst eine steigende Dichte von 2021 bis 2023 zu verzeichnen, was sich mit Beobachtungen vieler Reviere der letzten Jahre deckt. 2024 nimmt die Hasendichte dann eindeutig ab – besonders ausgeprägt im Nordwesten von NRW mit bekanntlich hohen Besätzen. In Revieren mit und ohne Myxomatose spiegeln sich diese Muster ebenfalls wider: In Revieren mit Myxomatose steigt die Zahl der Hasen von Jahr zu Jahr und bricht 2024 stark ein, dagegen ist in Revieren ohne Myxomatose ein stetiger Anstieg auf niedrigerem Niveau zu verzeichnen. 

Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Zählungen
Die Erkenntnisse der Umfrage zeigen, dass regelmäßige Zählungen und die Meldung der Daten zur Bewertung der Lage extrem hilfreich sind. Beobachtungen im Revier sollten frühzeitig kommuniziert und verdächtiges (Fall-)Wild zur Untersuchung (Fallwildmonitoring) eingesandt werden –  natürlich kostenfrei! Zukünftig soll ein weiterentwickelter Fragebogen digitalisiert werden, um eine einfachere Handhabung und höhere Rücklaufquoten zu ermöglichen, so gab es bei einer Online-Umfrage zum selben Thema in Niedersachsen eine Beteiligung von über 50%.

Mit weiterer Ausbreitung ist leider zu rechnen
Die Myxomatose wird sich voraussichtlich in Deutschland (und Europa) weiter ausbreiten und etablieren – das Ausmaß der Infektionen wird vermutlich vom Wetter und dem damit verbundenen Stechmücken-Vorkommen abhängen. Es bleibt zu hoffen, dass überlebende Hasen von Antikörpern vor erneuter Erkrankung geschützt werden – eine solche Immunität wäre extrem wichtig, um die Population für die kommenden Jahre zu sichern! Die NRW-Untersuchungsämter haben eine neue Methode zur Differenzierung der Virus-Stämme eingeführt, langfristig ist die kontinuierliche Erhebung der Feldhasen-Bestände und eine erneute Fragebogen-Aktion geplant, um die Auswirkungen der Myxomatose besser einschätzen zu können. Dies ist wichtig, um jede nachhaltige Hasenbejagung darstellen und somit auch rechtfertigen zu können. Weiter sollen durch weitere Fallwilduntersuchungen möglichst viele Fragen zur Hasen-Myxomatose geklärt werden, um gewonnene Erkenntnisse an Jäger in NRW weiterzugeben und gemeinsam mit ihnen mögliche, auch langfristige Maßnahmen zu erarbeiten. Die Forschungsstelle bedankt sich bei allen aufmerksamen und engagierten Jägerinnen und Jägern, die zur Dokumentation und Untersuchung dieser tückischen Krankheit beigetragen haben! Dieses Engagement fördert die Forschung und Aufklärung zu Wildkrankheiten und gibt uns die Chance, darauf besonnen und zeitnah zu reagieren! Das erstmalige Auftreten der Myxomatose bei Feldhasen in Mitteleuropa ist ein gutes Beispiel für die Rolle, die Jäger in unserer Gesellschaft in Zukunft einnehmen und vertreten sollten – Fachleute und Vertreter des Wildes, die aufmerksam und sorgfältig seine Bestände überwachen, hegen und nachhaltig nutzen. Nina Meister Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW