Die Berechtigung zur Jagd

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Die Berechtigung zur Jagd

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Auf welcher Grundlage üben wir die Jagd auf Hase, Fasan und Co. aus?
Die Berechtigung jeder Niederwildjagd ist es, Überschusse abzuschöpfen, aber die wollen erst einmal erwirtschaftet werden. Bevor die ersten Treibjagd-Einladungen rausgehen, sollte man einige Erfahrungswerte aus einer der Hauptniederwild­regionen in NRW beherzigen – dem Kreis Warendorf im Münsterland.

Langsam kommt die Zeit, da macht man sich als Beständer eines Niederwildreviers Gedanken um die Erntezeit im Herbst. Bevor man aber Einladungen verschicken darf, sollte man sich einige elementare Fragen stellen:
Gibt es überhaupt einen Wild-Überschuss, den man entnehmen darf ?

Man sollte sich immer vor Augen halten, nach welchen Regeln unsere Besätze funktionieren. Der sog. Grundbesatz „produziert“ einen Überschuss – nur wenn der auch gesetzt oder ausgebrütet wird und anschließend das Jahr bis zum Herbst übersteht, darf man sich Gedanken um die nachhaltige Abschöpfung dieser Arten machen. 
Dazu greift man sinnvollerweise auf Wildzählungen der letzten Jahre zurück. Bei Hasen führen wir zwei bis drei Zählungen im zeitigen Frühjahr und zwei bis drei im Herbst durch. Dabei ist auf ein gleichmäßiges Vorgehen zu achten – Wetter, Ausrüstung, Route und Vegetation sollten annähernd gleich sein, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Differenz von Herbst- zu Frühjahrszählung ist der Zuwachs – minus 
10 – 15 % zu erwartender Wintersterblichkeit ergibt sich daraus ein potenziell abschöpfbarer Besatz. 
Bei Fasanen geht man ähnlich vor. Zählungen im Frühjahr und Herbst und Gesperre-Beobachtungen übers Jahr ergeben den Zuwachs. Bei Fasanen sollte man von einer Wintermortalität von 15 – 25 % ausgehen.
Jedoch sind einmalige Zählungen nicht aussagekräftig. Schon unsere Altvorderen wussten Wer schreibt, bleibt. Wer also belastbare Fakten schaffen möchte, sollte seine Zählungen über Jahre notieren und archivieren. Nur so kann man verlässliche Populationsentwicklungen dokumentieren.
Um Zählungen vergleichbar zu halten, sollte man dazu immer dieselbe Technik einsetzen: Mit einer Wärmebildkamera zählt man zwar mehr Hasen im Feld, jedoch verfälscht diese genauere Zählung Ergebnisse im Vergleich zu den Jahren mit althergebrachter Scheinwerferzählung. 
Genau wie bei Hase und Fasan sollte man natürlich auch jede weitere Niederwildart, die man bei der Treibjagd mit freigeben will, im Auge behalten.

Wild hält sich nicht an Reviergrenzen

Was wir vom Schalenwild schon lange wissen, gilt auch fürs Niederwild. Keine Art kommt mit einer Karte zur Welt, aus der sich ergibt, in welchem Revier sie sich aufzuhalten hat. Daraus ergibt sich zwangs­läufig, dass auch im Niederwildrevier ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn hilft, gemeinschaftlich etwas zu erreichen. 
Mittlerweile gibt es Initiativen mit dem Ziel, Niederwildarten und Bodenbrütern unter die Schwingen zu greifen. Eines dieser Projekte ist das W-Land-Projekt im Kreis Warendorf. 2020 wurde es durch die Kreisjägerschaft Warendorf ins Leben gerufen und steht jedem im Kreis offen. Ganz egal, ob Jäger, Landwirt oder anderweitig Interessierter. Jeder kann sich gern bei einem eigens dafür angestellten Berufsjäger melden, einen Termin vereinbaren und gemeinsam besprechen, was möglich und machbar ist.
So wurden in den letzten 18 Monaten verschiedenste Maßnahmen zur Biotopverbesserung umgesetzt. In dem Projekt wurden alle Arten von Biotopen aufgewertet oder neu angelegt. Ziel ist eine flächendeckende Verbesserung. 
Nicht nur Beratung ist Teil des Projekts, auch die praktische Umsetzung und direkte Förderung der Maßnahmen gehören dazu. So wurden jeden Herbst rund 17 ha Strukturbrücken angelegt.

Blühstreifen im Wintergetreide sollen große Schläge unterteilen und wieder Leben in die Ackerflächen bringen. Die Streifen bleiben rund 15 Monate im Feld, wer seine Flächen langfristig aufwerten möchte, kann sich an den Vertragsnaturschutzbetreuer wenden.
Unter den angebotenen Paketen findet sich eigentlich für jeden Anspruch ein attraktives Angebot. Die Fördersätze dafür wurden 2021 noch einmal deutlich angehoben.
Mit dem Vertragsnaturschutz kann man sich aktive Beiträge zum Artenschutz mit guten Fördersätzen vergüten lassen (Laufzeit: fünf Jahre). Man sollte sich schon frühzeitig Gedanken machen, denn die Planung solcher Maßnahmen bedarf etwas Zeit und Ruhe. Antragsfrist ist am 30. Juni jedes Jahres.
Ein fast vergessener, aber umso wichtigerer Lebensraum sind Hecken und Feldgehölze. Solche Bereiche im Niederwildrevier sollte man nicht vernachlässigen. Ist eine Hecke aufgewachsen und wird licht? Steht unterm Eichen-Feldgehölz noch etwas Unterwuchs ? 
Hecken sollte man regelmäßig auf den Stock setzen oder nachpflanzen. Dies muss aber nicht immer eine große Aktion mit schwerem Gerät sein. Häufig sind mehrere kurze Abschnitte sinnvoller als ein Großangriff mit dem Bagger. Von Oktober bis Ende Februar setzt man mehrere Termine zu Planung mit Jagdhelfern und Mitpächtern an. So hat man mit ein paar Stunden Revierarbeit und Heckenpflege mit Astschere, Motorsäge und Spaten kleine Bereiche aufgewertet und Trittsteinbiotope geschaffen.
Zur Heckenpflege und der Nachpflanzung mit Sträuchern oder Obstbäumen gibt es häufig interessante Förderprogramme auf Kreisebene, die sich in kurzer Zeit planen und gestalten lassen. 

Über Frühjahr und Sommer ziehen Strukturbrücken Insekten und Wild in die Flächen – um den Prädationsdruck zu mindern, sollten die Streifen mind. 12 m breit sein.
Über Frühjahr und Sommer ziehen Strukturbrücken Insekten und Wild in die Flächen –
um den Prädationsdruck zu mindern, sollten die Streifen mind. 12 m breit sein.

Nur wer den Herbst erlebt, kann schöner wohnen ...

Wichtigste Aufgabe im Niederwildrevier ist und bleibt aber ein effektives Prädatorenmanagement. Sicher lässt sich ein gewisser Räuberdruck durch gute Lebensräume ausgleichen, doch bei solchen Überlegungen sollte man sich Gewinner und Verlierer unserer heutigen Kulturlandschaft immer vor Augen halten:

Fuchs                Gewinner
Rabenkrähe      Gewinner
Waschbär          großer Gewinner
Fasan                Verlierer
Feldhase           Verlierer
Rebhuhn           großer Verlierer

Gewinner des Strukturwandels sind die Raubwildarten. Verlierer unsere Niederwildarten und Bodenbrüter.
Um den Druck auf die Verlierer zu mindern, gilt es, jedes legale Mittel zu nutzen, das uns zur Verfügung steht.
Um es klar zu sagen – Prädatoren­management hört nicht mit zwei Winteransitzen auf den Fuchs und einem
gemeinsamen Krähentag Anfang August auf. Sie findet das ganze Jahr statt. 

Wichtigster Baustein ist die Fallenjagd. Die Bejagung von Haarraubwild mit Lebend­fallen ist elementar und darf in keinem Niederwildrevier zu kurz kommen.

Falle
Fangjagd wird im W-Land-Projekt mit gemeinsamen Bestellungen, Standortauswahl, Tipps und Tricks unterstützt.


Durch den Einsatz moderner Lebendfallen mit Meldesystem ist die Fangjagd in den letzten Jahren arbeitnehmerfreundlicher und tierschutz­konformer geworden.
Fallenjagd sollte man aber nicht nur im Winter ausüben, auch der Sommer, wenn Jungfüchse anfangen zu wandern, ist wichtig.
Zeitgleich behält man Stoppelflächen und gemähte Wiesen im Auge.
Die Bejagung von Rabenkrähen mit dem freundlichen Lockbild auf attraktiven Flächen bietet eine effektive Möglichkeit zur Reduktion. Wichtigste Zeit dafür ist nicht der Sommer, sondern Winterende und Frühjahr. Dann sind die Aussichten sehr gut, um den schwarzen Gesellen nachzustellen. Unterschiedliche Jagdarten kommen dabei zum Tragen. Freundliche und feindliche Lockbilder sowie gezielte Abschüsse mit der kleinen Kugel sind Mittel der Wahl.

Über das W-Land-Projekt wurden gemeinschaftlich Fallen und Equipment bestellt und fertig montiert geliefert.
Betonrohrfallen passen nun mal in kein Postpaket. Durch Sammelbestellungen konnte ein attraktiver Preis erzielt werden. Im letzten Frühjahr wurden Fallen und Melder im Wert von 35 000 € geordert und aufgestellt. So konnten schon mehrere hundert Fallen erfolgreich in den Revieren verteilt werden.
Gemeinsam mit dem angestellten Berufsjäger der KJS wurden Standorte ausgekundschaftet und die Fallen in Betrieb genommen. Kasten-, Koffer- und Betonrohrfallen – für jeden Standort findet sich was Passendes. Jeder Jäger muss sich seiner Bedeutung im Artenschutz bewusst sein. Langfristige Raubwildbejagung ist der wichtigste Schlüssel, um ein artenreiches Revier zu gestalten. Bricht dieser Baustein durch Gesetzgebungen weg, verlieren wir unser Niederwild und die Bodenbrüter.

Habe ich meine Hausarbeiten gemacht?

Solche Grundlagen u. v. m. bauen ein gutes Niederwildrevier auf. jeder noch so kleine Teil hilft den Verlierern, ihren Platz im Revier zu halten. Gute Reviere mit Hase, Fasan, Feldlerche, Kiebitz und Rebhuhn sind die besten Argumente für Jagd und Biotopgestaltung. 
Wenn man seine Zählungen mit guten Ergebnissen abgeschlossen hat (das Revier also eine Jagd hergibt), spricht nichts dagegen, zur Treibjagd einzuladen. Allerdings sollte man schon überlegen, wie viele Freunde man als Schützen dazu einlädt.
Diese Frage beantwortet der eingangs erwähnte Überschuss. Dieser geteilt durch 3 bis 4 ergibt meine Schützenzahl.
Für die Wahl der Schützen ist ein weiterer Faktor elementar wichtig – sie sollten mit ihrer Flinte umzugehen wissen.
Eine waidgerechte Jagd hängt zum großen Teil von den Schützen ab, sie müssen einen entsprechenden Fähigkeitsstand aufweisen. Alles andere führt zu Tierleid, Frust und Ärger.

Gute Hundeführer, Treiber und Bläser – Garanten jeder guten Treibjagd

Die Jagdorganisation sollte die Abnahme des Wildes im Vorfeld klären. An dem Tag fällt hochwertiges Wildbret an, das von kundigen Personen hygienekonform versorgt und verarbeitet wird. Nach Möglichkeit sollte nach jedem Treiben, zumindest aber nach zwei Stunden, Wild von kundigen Personen aufgebrochen werden. Dabei ist besonders auf den Eigenschutz und Hygiene zu achten. So kann Wildbret als hochwertiges Lebensmittel verarbeitet und gehandelt werden.
Gemeinschaftliche Treibjagden sind heute mehr denn je Feiertage in jedem Jagdkalender. Bei der Niederwildjagd jagt man in geselliger Runde mit Wild im Anblick. Gute Hunde, Bläser, Jungjäger, die erste jagdliche Erfahrungen sammeln und von alten Hasen lernen, gemeinsames Streckelegen und zünftige Schüsseltreiben runden den Tag ab. 
Lassen Sie uns diese gemeinsamen Tage weiter möglich machen. Die Bewirtschaftung von Niederwildrevieren ist weder Marathon noch Sprint. Man wird für sein Durchhalten belohnt und nicht für blinden Aktionismus. Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen – Biotope gestalten, Raubwild bejagen und das Gespräch mit Landwirten, Anwohnern, Gemeinden und Vereinen suchen, hat auch diese Jagd eine Zukunft.
Initiativen wie das W-Land-Projekt im Kreis Warendorf zeigen eindrucksvoll das Interesse der Bevölkerung und auch der Jäger und Landwirte. Im Rahmen des Projekts wurden 30 % der Reviere im Kreis beraten, rund 50 ha Lebensraum direkt gestaltet, hunderte Fallen aufgestellt und unzählige Steine ins Rollen gebracht. Mit Projekten wie diesem haben unsere Niederwildjagd, Bodenbrüter und viele andere bedrohte Arten eine Zukunft.

Felix Homann
Revierjäger & Landschaftsentwickler, Projektleiter W-Land, homann@kulturlandschaft.nrw