ASP in NRW – was wäre, wenn…

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ASP in NRW – was wäre, wenn…

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Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist seit fast vier Jahren Thema in Deutschland. Brandenburg und Sachsen kämpfen nach wie vor damit, wobei neue Fälle in der Sauen-Population weiter abnehmen. Nach dem Eintrag in einen Hausschweinbestand in Mecklenburg-Vorpommern macht vor allem der Ausbruch bei Wildschweinen in Hessen und Rheinland-Pfalz (nur rund 80 km von NRW entfernt) wieder deutlich: Die gefährliche Seuche kann jederzeit auch zu uns eingeschleppt werden!

Der Mensch ist in Europa nach wie vor wichtigster Überträger des ASP-Virus. Dies bedeutet, dass die Seuche jederzeit und an jeden Ort verschleppt werden kann. Doch was passiert, wenn die ASP in NRW ausbricht und was würde das für Jagdausübungsberechtigte in der Nähe eines Ausbruchsherdes bedeuten? Bei jedem Verdacht auf Schweinepest ist sofort das Veterinäramt zu unterrichten, da es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche handelt. Aufgefundene, verendete Wildschweine werden dann über den Amtstierarzt an ein Veterinäruntersuchungsamt übermittelt – verdächtige Sauen darf man also nicht in Eigenregie bergen!
Rasches Reagieren ist besonders wichtig – denn je besser ein Ausbruchsherd begrenzt werden kann, desto besser lässt sich die Tierseuche anschließend kontrollieren und tilgen. Vermeidbare Verzögerungen lassen sich nicht mehr korrigieren, weshalb die Telefonnummer des zuständigen Veterinäramtes jederzeit bekannt sein sollte. Um ein Ausbruchsgeschehen möglichst schnell zu erkennen, muss Fallwild (und kann verunfalltes und erlegtes Wild) entsprechend beprobt werden. Im Einzelfall genügen auch Röhrenknochen zur Untersuchung, wenn aufgefundene Stücke nicht mehr vollständig o. bereits skelettiert sind. Sobald es zu einem amtlich bestätigten ASP-Fall in NRW kommt, gelten veterinärrechtliche Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen, die gesetzlich festgeschrieben sind. Als Sofortmaßnahmen werden verschiedene Gremien gebildet, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen. So wird vor Ort ein sog. Tierseuchenkontrollzentrum (TiKo) und ggf. ein Krisenstab auf Kreisebene gegründet. Auf Landesebene übernimmt das Landestierseuchenkontrollzentrum (LaTiKo) die Funktion der Koordination und Informationsbündelung. Im TiKo können neben Behördenvertretern (Untere Jagdbehörde, FJW) auch ortskundige Jäger zu Rate gezogen werden – deren Wissen über bekannte Einstände, Wechsel oder strukturelle Besonderheiten im Revier ist überaus wertvoll, um die Situation vor Ort einzuschätzen und entsprechende Planungen vorzunehmen. Entscheidungen werden jedoch immer und ausschließlich von der Kreisordnungsbehörde selbst getroffen. Jäger sollten daher schon in Friedenszeiten einen guten Kontakt zu den zuständigen Veterinärbehörden pflegen, damit Informationen im Ausbruchsfall schnell, gezielt und vertrauensvoll weitergegeben werden können.

Zeitplan nach einem Ausbruch
Als Hauptziel der ersten Tage nach einem Ausbruch ist das betroffene Gebiet, die sog. infizierte Zone, möglichst genau zu umschreiben – und innerhalb dieses Gebiets jede Beunruhigung der Sauen zu vermeiden. Daher gilt dort eine sofortige Jagdruhe und evtl. auch sonstige Verbote wie Ernteverbote oder die Einschränkung von Forstarbeiten. Dazu findet eine gezielte Kadaversuche statt – dabei kommt neben Drohnen v. a. die in NRW bereits ausgebildete Kadaverspürhundestaffel zum Einsatz. Sobald ein Überblick besteht, entscheidet man auf Kreisebene in Absprache mit dem LaTiKo über die Beschreibung des Kerngebiets: Dieses wird mit einem entsprechenden Zaun wildschweindicht begrenzt. Diesen Zaunbau, aber auch die Bergung aufgefundener Kadaver oder die Errichtung von Sammelstellen übernimmt in NRW die Wildtierseuchenvorsorgegesellschaft (WSVG). Für das Kerngebiet können auch Zufahrts- oder Zugangsbeschränkungen ausgesprochen werden. Im Folgenden soll um das Kerngebiet eine weiße Zone entstehen – ein breiter Korridor, der möglichst frei von Wildschweinen ist. Damit soll verhindert werden, dass sich die Seuche durch infizierte Sauen vom Kerngebiet aus nach draußen ausbreitet. Als mögliche Maßnahmen zur Tilgung der Seuche können auch Saufänge eingesetzt werden, diese Methode ist relativ störungsarm und sehr effektiv.

ASP-Jagdeinheit – was ist das?
Die Jagdeinheit ASP wurde vom Land NRW für den Fall des Ausbruchs bei Wildschweinen eingerichtet, Ansprechpartner ist das Landesumweltamt (LANUV). Die Jagdeinheit ASP besteht hauptsächlich aus Landesangestellten, wodurch sichergestellt ist, dass sie im Krisenfall sofort einsatzbereit ist. Die Mitglieder bringen ein hohes Maß an jagdpraktischer Erfahrung mit und werden im Rahmen der ASP-Prävention durch das LANUV gezielt geschult (etwa beim Einsatz von Saufängen). Im Ausbruchsfall werden jagdliche Maßnahmen zur Tilgung der Seuche durch die Kreisbehörden vorgegeben. Diese binden auch die Revierinhaber in die jagdlichen Maßnahmen vor Ort ein. Die Jagdeinheit ASP kann zusätzlich zur Unterstützung vor Ort und Multiplikator für geschulte Inhalte dienen oder bestimmte jagdliche Maßnahmen übernehmen. In den folgenden Wochen wird, abhängig von der Tierseuchenlage, um die infizierte Zone eine Sperrzone I eingerichtet, in der z. T. besondere Einschränkungen gelten. Diese betreffen vorrangig schweinehaltende Betriebe. Hinsichtlich der dortigen Wildschweinpopulation ist das Ziel die deutliche Absenkung der Dichte, um eine Ausbreitung der ASP möglichst auszuschließen. Diese verstärkte Bejagung wird in jedem Fall auf Kreisebene koordiniert. Dabei können betroffene Revierinhaber durch entsprechende Anreizprogramme oder Aufwandsentschädigungen bei der Bejagung unterstützt werden.

Wachsam bleiben!
Seit mehreren Jahren bereitet sich auch NRW auf einen möglichen Ausbruch vor – wie und welche Maßnahmen vor Ort schließlich sinnvoll sind und angewendet werden, kann trotzdem heute noch nicht im Detail festgeschrieben werden. Dies wäre auch nur bedingt sinnvoll, müssen doch Maßnahmen immer regional angepasst sein. Klar ist jedoch, dass uns ein Ausbruch der ASP über Jahre beschäftigen, die Freiheit vieler Akteure stark einschränken und das Land (v. a. betroffene Landwirte) viel Geld kosten würde. Es gilt daher, alles daran zu setzen, einen Eintrag der Afrikanischen Schweinepest durch nötige Vorbeugemaßnahmen zu verhindern und stets wachsam zu bleiben ! Dr. Luisa Fischer, Forschungsstelle für Jagdkunde und Wild­schadenverhütung, Pützchens Chaussee 228, 53229 Bonn, E-Mail: luisa.fischer@lanuv.nrw.de