Wild grillen kann jeder
Aktuell nimmt die Gastronomie kaum Wildbret ab. Deshalb suchen viele Jäger eine Alternative, um Wildbret zu vermarkten. Doch auch unabhängig von Corona sind ganzährige Absatzmöglichkeiten interessant. Grillfleisch drängt sich geradezu auf.
Die meisten nichtjagenden Menschen essen Wildbret selten und vor allem im Herbst und Winter. Wir Jäger müssen aber ein Interesse daran haben, Wildbret ganzjährig vermarkten zu können.
Um bei nichtjagenden Freunde, Bekannten und Verwandten einen "Fuß in die Tür" zu bekommen, eignet sich Wildbret ideal. Dazu kann man mit einem Metzger zusammenarbeiten, was einge Vorteile mit sich bringt.
Man kann Grillgut aus Wildbret aber auch selbst herstellen. Dass das nicht schwierig ist, zeigen die folgenden Rezepte von Wildköchin Ina-Maria Klups. Nur etwas Zeit und Geduld sind gefragt.
Die Zubereitung von Wild über dem offenen Feuer praktizierten schon unsere Vorfahren, dass sicherte ihnen das tägliche Leben, auch wenn es etwa im Mittelalter nur durch Wilderei zu bekommen war, denn nur die Oberschicht hatte das Privileg zur Jagd.
Durch Massentierhaltung geriet Wildfleisch etwas in den Hintergrund, was sich aber derzeit massiv ändert. Kein Wunder – mehr Bio geht nicht – ohne Antibiotika und Wachstumshormone und ein schönes Leben in der Natur mit reichhaltiger, ursprünglicher Nahrung.
Besondere Utensilien braucht man nicht, nur ein scharfes Ausbeinmesser und ein entsprechend großes Fleischbrett als Arbeitsunterlage. Das Wild sollte sehr gut abgehangen sein, um am Ende saftiges Fleisch auf dem Teller zu haben.
In unser Region kommen meist Rehe, Sauen, ab und an auch Rot- und Damwild zur Strecke. All diese Wildarten lassen sich gut grillen. Selbst Feisthirsche liefern sehr gutes Fleisch, einen brunftigen Bock sollte man dagegen nicht zum Grillen verwenden – gegen den Geschmack kommt kein Gewürz an!
Welche Teile sich eignen – am Beispiel einer mittelgroßen Sau
Für ein gutes Ergebnis muss das Fleisch gut vorbereitet sein – d. h., alle Sehnen und Silberhäute sollte man gut entfernen. Kollagen zergeht nur beim Schmoren – nicht beim kurzen Braten.
Es ist ein Protein, das als organischer Bestandteil in der Haut und im Bindegewebe vorkommt. Je nachdem, wie stark es im Bindegewebe „vernetzt“ ist, empfindet man Fleisch als zart oder zäh.
Kollagen im Bindegewebe hält Fleisch fest zusammen – je stärker ein Muskel beansprucht wird, desto besser vernetzt sich Kollagen und verfestigt das Muskelgewebe. Zartes Fleisch zum Grillen liefern dagegen Teilstücke, deren Muskeln von den Tieren kaum oder gar nicht beansprucht werden – Rückenfilet und echtes Filet, Nacken, Keule, Rippenbogen und Blätter.
Die Keule wird in Bestandteile wie Ober- und Unterschale, große und kleine Nuss und Beckenmuskel zerlegt. All diese Teile kann man gut grillen, die Nuss lässt sich für Hamburger gut durchdrehen – einfach nur salzen und ab auf den Grill.
Am Rippenbogen muss die Silberhaut abgezogen werden, sonst bleiben die Rippen zäh – oder man kocht sie im Vorfeld und mariniert sie anschließend. Der Nacken ist besonders gut geeignet, denn er wird schön saftig.
Von Rehen ist er allerdings zu klein für den Grill, auch das Blatt dreht man besser nur durch. Die Schulter (Blatt) ist nur extrem aufwändig vorzubereiten, daher sollte man sie zum Grillen immer durch den Fleischwolf drehen.
Rückenfilet und echtes Filet eignen sich gut zum Grillen, aber da diese edelsten Stücke recht klein sind und immer Gefahr laufen, durch den Rost zu fallen, ist es viel praktischer, ihr Fleisch auf gewässerten Spießen zu grillen.
Aus der Keule schneidet man Steaks, beim Reh steckt man sie wegen der geringen Größe ebenfalls auf gewässerte Spieße, so lassen sie sich viel besser handhaben.
Rippenbögen machen nur Arbeit und bringen wenig Ausbeute – wer gern an Knochen knabbert ... immer gerne.
Vorbereitung
Das Fleisch wird einen Tag vor dem Grillen vorbereitet und eingelegt – mit einer Ausnahme: Hamburger-Fleisch kommt immer frisch durch den Fleischwolf, aufgrund der großen Oberfläche verkeimt und verfärbt es viel schneller.
Optimale Grilltemperatur
Zunächst ist es wichtig, dass Fleisch Zimmertemperatur hat, bevor es auf den Grill kommt. Ist es zu kalt, zieht es sich zusammen und es besteht die Gefahr, dass es zäh wird.
Die optimale Grilltemperatur sieht für jedes Fleischstück anders aus – je dünner, desto höher die Grilltemperatur.
Bei einem dünnen Stück aus dem Rücken bekommt man bei direkter Hitze eine knackige Kruste. Wenn auf der Oberseite Saft austritt, wendet man das Grillgut. Die Grilltemperatur liegt bei 230 - 2800 C, bei dieser Methode darf man aber keine zuckerhaltigen Marinaden verwenden, da Zucker verbrennt und es dann bitter schmeckt.
Je dicker das Fleisch, desto langsamer, aber auch länger wird es gegart. Diese Methode ist besonders gut für Wild, da es wenig Fett hat und dadurch schnell trocken wird. Dabei wird indirekt gegrillt, man schließt über dem Grillgut einen Deckel, damit warme Luft darum gut zirkulieren kann.
Die Temperatur beträgt dabei lediglich 70 – 120° C. Ihr Grill wird so zum Umluft-Backofen und ist dadurch auch für zuckerhaltige Marinaden geeignet. Dieses indirekte Grillen eignet sich gut für ganze Keulen und Spare-Ribs.
Man kann beide Methoden auch kombinieren – erst indirekt grillen und zum Schluss direkt. Freunde des Sous-Vide garen Fleisch erst im Wasserbad bis zur gewünschten Kerntemperatur – und erzeugen dann direkt auf dem Grill eine Kruste.
Gewürzmischungen
speziell für Wild ... gibt es zwar, sind aber nicht Jedermanns Geschmack. Mit etwas Fantasie kann man eigene Gewürzmischungen und Marinaden herstellen und kommt dabei gänzlich ohne Geschmacksverstärker (Glutamate) aus, die leider in manchen Fertigmischungen immer noch enthalten sind.
Ein paar Beispiele gibt's hier:
Marinierte Reh-Spieße
50 ml Olivenöl, 50 ml Sojasauce
4 EL brauner Zucker
2 EL Mirin
1 große Schalotte (fein gerieben)
1 EL Sesamsamen
1 EL frisch geriebener Ingwer
2 Knoblauchzehen (fein zerdrückt)
1 TL geröstetes Sesamöl
1 TL Pfeffer
etwa 1 kg Reh-Rücken
Holzspieße
Zubereitung
Das gut gewaschene Fleisch von allen Häuten befreien, in dünne Scheiben schneiden und auf die Spieße stecken. Alle Zutaten für die Marinade vermischen, bis der Zucker sich aufgelöst hat.
Spieße hineinlegen und über Nacht im Kühlschrank marinieren, morgens einmal wenden, etwa 1 Stunde vor dem Grillen aus dem Kühlschrank nehmen und Raumtemperatur annehmen lassen, anschließend aus der Marinade nehmen und auf Küchen-Krepp abtropfen lassen, auf dem nicht zu heißen Grill von beiden Seiten bis zur gewünschten Bräune grillen.
Wildhack-Spieße
600 gemischtes Wildhackfleisch
1,5 TL gemahlenen Kreuzkümmel
150 g Joghurt 10 %
2 TL Salz
80 g Paniermehl
0,5 TL gemahlenen Pfeffer
Zubereitung
Alles miteinander mischen, auf gut gewässerte Spieße stecken und von jeder Seite ca. 6 - 7 Min. grillen, dazu passt gut ein Joghurt-Minze-Gurken Dip.
Marinade für Wildschwein-Steaks
½ Glas Marillenkonfitüre
1 EL Worcester-Sauce
3 EL brauner Zucker
1 EL Sojasauce
2 TL Senf
2 TL Salz
2 TL schwarzer Pfeffer
2 TL Knoblauchpulver
2 TL geräuchertes
Paprika-pulver
1 TL frisch geriebener
Ingwer
Steaks darin über Nacht marinieren und am nächsten Tag nicht zu heiß grillen.
Gewürzmischung
2 TL Steinpilzpulver
2 TL Thymian
1 TL grobes Meersalz
½ TL Pfeffer
½ TL Zwiebelgranulat
1 TL Kakao
½ Tl Piment
1 TL Rohrzucker
Professionelle Hilfe
Zusammen mit einem Metzger lässt sich Wildbret für den Verkauf an nichtjagende Freunde und Bekannte vorbereiten. Dabei ist es wichtig, alles küchenfertig und vakuumiert zu verpacken.
Mit Grillgut hat man einen „Fuß in der Tür“, um Wildbret rund um das Jahr anzubieten. Über die Zusammenarbeit mit einem Metzger ist auch rechtlich auf der sicheren Seite, wer Wildbret in Verkehr bringt.