Test: Großwildbüchse Kimber Caprivi

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Test: Großwildbüchse Kimber Caprivi

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Klassisch geschäftete Großwild-Repetierer mit langem Mauser-Auszieher, Schlag­bolzensicherung und Express-Visier gibt's von Heym, Dakota, Rigby, Mauser oder custom made von guten Büchsenmachern – für 8.000 bis 10.000 €. Günstiger geht's zwar auch (CZ, Ruger), aber dann ist alles etwas grob. Dazwischen liegt der US-Hersteller Kimber. Norbert Klups hat den Klassiker mit großem Namen für uns geführt.

US-Hersteller Kimber begann Anfang der 80er Jahre mit der Waffenproduktion. Normale Jagdbüchsen sind im mittleren Preissegment ange­siedelt, Großwild-Repetierer deutlich teurer, dafür wird aber auch ein höherer Aufwand getrieben – man kann schon von Semi-Custom-Repetierern sprechen.

Kimber 8400 Caprivi Ansicht
Die Kimber 8400 Caprivi ist eine gute Alternative zu höherpreisigen Großwild-Repetierern.

 

Die Caprivi ist die erste Großwildbüchse von Kimber. Eins vorneweg – ganz große Kaliber wie der Klassiker .416 Rigby passen nicht hinein. Die Kimber 8400 hat zwar ein Magnum-System, aber jenseits von .375 H&H, .416 Rem. Mag. und .458 Lott ist Schluss.

Mix aus Mauser 98, Reming­ton 700 und Winchester 70
Das Kimber 8400 System ist keine innovative Neuentwicklung, dazu vereinte man die besten Konstruktionselemente bewährter Zylinderverschlüsse: Verriegelt wird über zwei Warzen im Hülsenkopf, wie beim 98er-Mauser­system.

Kimber 8400 Caprivi
Die Kammer der Kimber mit zwei Warzen im Kopf und langem, nicht rotierenden Mauser-Auszieher.

 

Davon wurde auch der unter Groß­wildjägern aus aller Welt so geschätzte lange, nicht rotierende Auszieher übernommen, der eine wirklich kontrollierte Patronenzuführung und das sichere Ausziehen der leeren Hülse garantiert.

Die Ausstoßerfunktion übernimmt eine Klinke in der Systemhülse, die leicht schräg gestellt links unter der hinteren Hülsenbrücke liegt. Beim Zurückziehen der Kammer tritt sie in eine entsprechende Ausfräsung im Kammerkopf und wirft die leere Hülse nach rechts aus.

Die Sicherung ist ein Originalnachbau der Horizontal-Dreistellungssicherung von Winchester. Sie legt in hinterster Stellung den Schlagbolzen fest und sperrt die Kammer, erlaubt aber in der Mittelstellung bei gesichertem Schlagbolzen das Öffnen des Verschlusses zum Entladen.

Sicherung Kimber 8400 Caprivi
Die Horizontal-Sicherung (wie Winchester 70) blockiert den Schlagbolzen und erlaubt in Mittelstellung das Öffnen der Kammer.

 

Gegenüber der alten Mauser-Flügel­sicherung hat sie keine Sicherheitsnachteile, erlaubt aber flache Zielfernrohrmontagen. Im gespannten Zustand tritt die Schlagbolzenmutter hinten aus dem Schlösschen und der Spannzustand ist sicht- und fühlbar.

Der Kammerfang liegt als Drücker links an der hinteren Hülsenbrücke. Das System hat eine runde Unterseite und einen Hülsenkopfdurchmesser von 34,7 mm, was der Remington 700 entspricht – damit passen auch deren vordere Montageunterteile auf die Kimber.

Die hintere Hülsenbrücke hat jedoch leider einen anderen Radius, Kimber bietet dafür eigene Gestecke an. Das System hat zwischen Lauf und Hülse eine Rückstoßplatte, die im Schaft in einer makellosen Kunststoffbettung liegt.

Zusätzlich sind zwei Stahlquerstollen in den Schaft eingelassen, die Systemschrauben laufen durch Pillar-Röhrchen – damit werden quasi alle Möglichkeiten einer soliden und spannungsfreien Bettung ausgeschöpft.

Das fest eingebaute Kastenmagazin für vier Patronen hat einen Klappdeckel, der Öffnungsdrücker liegt im Abzugsbügel. Bodenplatte mit Abzugsbügel, Magazineinsatz, Drücker und Griffkäppchen sind komplett aus Stahl und brüniert. Alles macht einen soliden und sauber verarbeiteten Eindruck.

Klappdeckel Magazin Kimber 8400 Caprivi
Das Klappdeckelmagazin fasst vier Patronen, den Auslöser vorn im Abzugsbügel sollte man zur Sicherheit besser stilllegen.

 

Der Magazindrücker im Abzugsbügel ist natürlich ein Sicherheitsrisiko, obwohl der Abzug selbst ganz hinten im Bügel liegt und ausreichend Platz zwischen Abzugsfinger und Drücker bleibt. Dennoch sollte man den Deckel zur Jagd festlegen und auf die Öffnungsfunktion verzichten.

Der Direktabzug der Testwaffe brach bei 1 450 g – für eine Großwildbüchse ok, zumal er wirklich trocken und ohne fühl­baren Weg „kommt“. Wer‘s leichter oder schwerer mag, kann den Abzugswiderstand verstellen, dazu muss aber der Schaft entfernt werden. Sehr angenehm ist das breite, glatte Abzugszüngel.

Dünner Lauf mit Express-Visier
Der 61 cm-Lauf hat einen Mündungsdurchmesser von nur 17,8 mm – relativ wenig für eine Großwildbüchse, was das Gesamtgewicht auf 4 kg drückt. In .375 H&H gerade noch ok, doch bei einer .458 Lott dürfte der Rückstoß schon arg unangenehm werden – Kimber vertritt die Devise, dass Großwildbüchsen mehr getragen als geschossen werden ...

Die Laufmündung ist sauber hinterdreht, so bleibt das Zug-Feld-Profil vor Beschädigungen gut geschützt. Das Express-Visier besteht aus einem weißen Perlkorn mit Schutz und zwei zusätzlichen Klappen des deutschen Herstellers Recknagel.

Das höhenverstellbare Korn sitzt auf einem mit dem Lauf verschraubten Sattel, der blendfrei guillochiert ist. Diesen Sattel mit einem Ring über den Lauf zu ziehen (wie beim vorderen Riemenbügel), wäre besser gewesen.

Auch der Sockel des Express-Visiers ist mit dem Lauf verschraubt. Kimber baut es anscheinend ein wie angeliefert, daher haben die umlegbaren Kimmenblätter noch keine Einschnitte. Sieht zwar merkwürdig aus, dadurch kann man aber Form und Tiefe selbst bestimmen und die Klappen in der Höhe genau auf die eigene Laborierung abstimmen.

Was leider fehlt, ist ein heller Mittelstrich auf der weiten, vorderen V-Kimme.

Kimme Kimber 8400 Caprivi
Die Kimmeneinschnitte der zwei Klappen sind noch nicht gefeilt – und lassen sich so noch der eigenen Laborierung anpassen.

 

Klassischer Safari-Schaft
Bei Großwildkalibern ist eine gute Schäftung extrem wichtig, besonders wenn die Büchse leicht ist. Die Caprivi hat einen Schaft mit geradem, ganz leicht nach hinten leicht ansteigendem Rücken und eine flache Backe.

Als Abschlüsse dient vorn eine schwarze Edelholz-Nase und hinten eine weiche Pachmayr Decelerator-Kappe in Englisch-Rot. Der flache Pistolengriff endet in einer Stahlkappe. Vorderschaft und Pistolengriff sind fein verschnitten, wobei die Fischhaut auch die Unterseite des Vorderschaftes bedeckt.

Das französische Wallnußholz ist von sehr guter Qualität – honigfarben mit schwarzem Maserungsverlauf, wobei darauf geachtet wurde, dass dieser im kritischen Bereich des Pistolengriffs völlig gerade ist. Das Schaftholz ist sorgsam poliert und matt geölt.

Der hintere Riemenbügel ist mit zwei Schrauben versenkt angebracht. Der Lauf ist nicht frei schwingend gebettet – ohne Zwischenräume zum Vorderschaft. Diese bei US-Custom-Büchsen häufige Variante soll verhindern, dass Schmutz zwischen Lauf und Vorderschaft gelangt.

Vorderer Riemenbügel Kimber Caprivi
Im Gegensatz zum Kornsattel ist die Riemen­bügel-Öse mit einem Ring um den Lauf gezogen.

 

Auf dem Schießstand
Die Testwaffe von Deutschland-Importeur Waffen Ferkinghoff kam ohne Zielfernrohr und Montageteile und wurde zunächst auf 50 m über Kimme und Korn geschossen.
Mit der RWS UNI Classic 19 g lagen fünf Schuss auf 40 mm zusammen – mehr ist über ein weites Express-Visier nicht drin.

Rotpunktvisier Kimber 8400 Caprivi
Mit einer MAK-Montage kam auf die vordere Hülsenbrücke ein Rotpunktvisier MAKdot S.

 

Die Treffpunktlage war aber Fleck, was zeigt, dass das Visier beim Hersteller sorgsam justiert wird. Um zu sehen, was die Caprivi wirklich kann, wurde die vordere Hülsenbrücke mit einer Leupold Quick Release-Basis ausgestattet, darauf kam mit einer MAK-Montage ein Rotpunktvisier MAKdot s.

Mit dem feinen, gut dimmbaren Rotpunkt schrumpfte der Streukreis auf 50 m gleich um die Hälfte, selbst auf 100 m waren 50 mm kein Problem – für eine Großwildbüchse mehr als genügend.

Nach dem Präzisionstest wurden Funktionssicherheit und Handling im Schießkino unter die Lupe genommen:
- Das System läuft angenehm weich und lässt sich nach dem Schuss leicht öffnen,
- die Patronen werden sauber zugeführt, leere Hülsen sicher ausgezogen und ausgeworfen,
- trotz des geringen Gewichts lässt sich sehr schnell schießen,
- der anatomisch gute Schaft sorgt für wenig Hochschlag,
- der Kammerstengel mit griffiger Kugel genau in Abzugshöhe ermöglicht schnelles Repetieren,
- die Büchse ist sehr gut ausbalanciert, was sich besonders beim Schuss auf bewegliche Ziele bemerkbar macht.

Groß gewachsene Jäger werden leider Probleme mit der Schaftlänge bekommen – gemessen vom Abzug bis Mitte Schaftkappe gerade mal 34,5 cm. Problemlos verlängern geht auch nicht, da die Pachmayr-Kappe schon 24 mm dick ist.

Resümee
Kimbers Caprivi ist eine sehr gut verarbeitete und sicher funktio­nie­rende Großwildbüchse mit klassischen Konstruktionsmerkmalen, die auch optisch sehr gut daherkommt.

3.879 € für eine solche Waffe sind als günstig anzusehen, kleine Nachteile wie nicht per Ring über den Lauf gezogene Visierteile muss man da hinnehmen. Wem die Schaftlänge passt, findet darin eine interessante Alternative zu wesentlich teureren Modellen.

Technische Daten Kimber 8400 Caprivi