Test: Swarovski dS

Lesezeit
6 minutes
Bisher gelesen

Test: Swarovski dS

Erstellt in
Kommentare

Wenn man auf große Distanz perfekt treffen will, braucht man die ballistische Entfernung und den Schusswinkel zum Ziel und dazu Angaben zu Luftdruck, Temperatur und Wind. Swarovskis dS ermittelt viele dieser Daten, verarbeitet sie und überträgt sie aufs Absehen. Man muss nicht mehr rechnen, keine ASV bedienen oder die Treffpunktlage ins Blaue korrigieren – nur noch messen und schießen. Norbert Klups hat für uns mit dem Zielfernrohr mit eingebauter Treffergarantie gemessen, geschossen und getroffen.

Zielfernrohre mit Laserentfernungsmesser haben Tradition bei Swarovs­ki – vor mehr als 20 Jahren leisteten die Tiroler mit dem LRS Pionier­arbeit. Die innovative Zieloptik maß bis 600 m und zeigte es im Zielbild an.

Wegen viel günstigerer externer Entfernungsmesser war dem LRS aber kein großer Erfolg beschieden, zumal sein Äußeres nur noch wenig an ein Zielfernrohr erinnerte. Weiterentwicklungen wie Burris‘ Eliminator und Nikons sehr ähnliches IRT projizieren nach der Messung einen korrigierten Haltepunkt ins Sehfeld. Zuvor muss man eine Flugbahnkurve aus einer Tabelle auswählen, die der verwendeten Laborierung nahekommt.

Mit dem dS (Digital Smart) legt Swarovski die Latte jetzt ein ganzes Stück höher und verbindet Optikqualität auf gewohntem Swarovski-Niveau mit einem sehr fähigen Ballistikrechner und einem Head-Up-Display, das alle wichtigen Daten ins Zielbild spiegelt.

Dazu kommt eine Reichweite des Laser-Entfernungsmessers von 1.375 Metern. Eine Korrektur des Haltepunktes wird aber nur bis 1.024 Metern vorgenommen.

Was kann das dS ?
Das dS misst die Distanz, Temperatur, Luftdruck und Schusswinkel. Besonders Letzterer ist wichtig, weil sich bei Winkel­schüssen erhebliche Abweichungen gegenüber der Horizontale ergeben können.

Die Winkelschusskorrektur verhindert ungewollte Hochschüsse, wenn mit der reinen Messdistanz gerechnet wurde, obwohl die Schussbahn im Winkel nach oben oder unten verläuft. Die ballistische Entfernung zum Ziel ist bei Winkelschüssen stets kürzer als die gemessene und die Erdschwere, die den eigentlichen Fall des Geschosses verursacht, wirkt nur auf die ballistische Distanz.

Der Luftdruck hat ebenfalls Einfluss auf die Flugbahnkurve, nicht umsonst sollte man vor der Bergjagd einen Probeschuss machen, weil in der Höhe der Luft­druck geringer ist und sich der „höhen­lagenbedingte Hochschuss“ einstellt.

Hohe Umgebungstemperaturen führen zu geringerer Luftdichte und Reibungsverlust durch geringeren Luftwiderstand (= höhere Treffpunktlage), umgekehrt verhält es sich bei niedriger Temperatur.

Mit einem dS kann man sich das sparen, all diese Faktoren werden vom Ballistikrechner berücksichtigt. Angezeigt wird die korrigierte Treffpunktlage durch eine rot leuchtende horizontale Linie mit dem korrigierten Haltepunkt und je zwei Wind­marken links und rechts der Mittel­senk­rechten, die ins Absehen projiziert wird.

Swarovski dS Anzeige
Im Head-Up-Display wird die rote Ziellinie mit dem Haltepunkt eingespiegelt, dazu Distanz, Zielenergie und Windmarken.

 

Zusätzlich wird auf Wunsch die Zielenergie in Joule angegeben, um zu entscheiden, ob auf die Entfernung noch genügend Energie ins Ziel gelangt. Die beiden Windmarken werden allerdings nicht mit Messdaten versorgt, denn einen Windmesser hat das DS nicht.

Ihre Position wird von einer fixen, voreingestellten Windgeschwindigkeit bestimmt, die man auswählt (direkter Seitenwind). Die Windkorrektur nimmt einem das dS also nicht ab, dazu ist nach wie vor Erfahrung gefordert. Die Marken geben aber gute Anhaltspunkte.

Wie man den Ballistikrechner füttert
Jeder Computer ist nur so gut, wie die Daten, mit denen er arbeitet. Damit der Ballistikrechner des dS präzise arbeiten kann, muss er mit individuellen Daten der verwendeten Laborierung und Waffe (Visierhöhe = Abstand Lauf-Seelenachse zu Mitte ZF-Objektiv) versorgt werden.

Das geht beim dS über eine kostenlose Handy-App, auf der man alles sehr komfortabel in zwei bis drei Minuten eingeben kann (Android/iOS). Es lassen sich alle relevanten Daten wie Mündungsgeschwindigkeit, Geschossgewicht/-typ, gewünschte Fleckschussentfernung und Parameter zur Windgeschwindigkeit eingeben.

Swarovski dS App
Das dS wird über eine Handy-App programmiert und die Daten per Bluetooth übertragen.

 

Außerdem lässt sich darüber auch das Head-Up-Display programmieren. Bei Punkt- und Strickstärke kann zwischen fein, mittel und stark gewählt werden und man kann bestimmen, wie lange die Daten angezeigt werden.

Die Anzeige der Zielenergie lässt sich auch ausschalten. Nach der Eingabe muss man die Daten über eine Bluetooth-Verbindung zum Zielfernrohr übertragen. Dazu hält man die Plus- und Minustasten der Absehenbeleuchtung gleichzeitig 3 Sekunden gedrückt, eine leuchtende LED auf dem Okular zeigt an, dass Bluetooth zur Verfügung steht.

Das Handy findet das dS und verbindet sich (Passwort: Seriennummer des Zielfernrohrs). In der App muss nur noch jetzt übertragen angeklickt werden und die Daten werden zum dS überspielt. Die App wird jetzt nicht mehr benötigt, es ist also nicht zwingend notwendig, zur Jagd ein Handy dabeizuhaben.

Lediglich, wenn Daten ­geändert werden sollen, etwa die Windgeschwindigkeit oder eine andere Laborierung verwendet wird, braucht man das Smartphone wieder. Bei der Mündungsgeschwindigkeit einfach die Daten von der Patronenpackung abzulesen, ist keine gute Idee – und führt nur selten zu korrekten Ergebnissen.

Die Mündungsgeschwindigkeit sollte man aus der eigenen Waffe messen. Viele Schießstände verfügen über dafür nötige Geräte oder der Standwart kennt Wiederlader, die so was besitzen.

Die Handhabung
Grundsätzlich ist das dS trotz Elektronik ein ganz normales Zielfernrohr und lässt sich auch ohne Zusatzfunktionen einsetzen. Sollte mal die Batterie leer sein, kann also ohne weiteres weiter gejagt werden – ohne Absehenbeleuchtung und Schusskorrektur.

Die Dioptrienverstellung sitzt am Ende des Okulares und links am Mittelrohr der Parallaxausgleich – bei einer Vergrößerung bis 25-fach eines Weitschusszielfernrohrs zwingend nötig.

Die Leuchteinheit auf dem Okular ähnelt dem Z6i und dem Z8i. Links und rechts sitzen die Plus- und Minustasten zur Helligkeitsregulierung der Absehenbeleuchtung, – in 64 Stufen! Damit wird auch das Display ein- und ausgeschaltet und die Bluetooth-Verbindung aktiviert.

Swarovski dS Bedienknöpfe
Das dS wird über drei Tasten bedient – die mittlere löst den Messvorgang aus, die beiden anderen regulieren die Helligkeit des Leuchtabsehens und schalten die Bluetooth-Verbindung ein.

 

Die mittige Taste löst die Messung aus – wird sie gedrückt, erscheint ein Leuchtkreis als Zielmarkierung, erneuter Druck löst den Messvorgang aus. Alles andere geht automatisch, der Ballistikrechner verarbeitet die Daten und projiziert die rote Absehenlinie entsprechend der Distanz ins Bild.

Oben auf dem Mittelrohr sitzt ein großer Turm, in dem die Batterie (CR 123A Lithium), ein Torxschlüssel und ein kleines Werkzeug zur Absehenverstellung untergebracht sind.
Höhen- und Seitenverstellung liegen vorn im Objektiv, abgedeckt mit bündig schließenden Platten. Um sie zu entfernen, wird der kleine Torxschlüssel benötigt.

Swarovski dS Werkzeug- und Batteriefach
Im großen Turm oben auf dem Mittelrohr sind die Batterie und das Werkzeug zur Absehenverstellung untergebracht.

 

Um die vertieft liegenden Rädchen bequem zu drehen, setzt man das Werkzeug auf.

Das dS wird zunächst wie jedes andere Zielfernrohr mit Höhen- und Seitenverstellung eingeschossen. Pro Klick verändert sich die Treffpunktlage um 0,7 cm. Das dS sollte auf 100 m Fleck und nicht mit dem üblichen Hochschuss zur Nutzung der GEE eingeschossen werden. Das ist nicht nötig, da ja der Ballistikrechner für jede Distanz das Absehen auf Fleck stellt.

Swarovski dS Höhenverstellung
Höhen und Seitenverstellung vorn im Objektivrohr sind mit verschraubten Platten abgedeckt.

 

Swarovski dS Abdeckung und Werkzeug
Um das Absehen zu verstellen, werden ein Torxschlüssel zum Entfernen der Abdeckung und ein kleines Kunststoffteil zur Bedienung der Verstellknöpfe benötigt.

 

Optische Qualität
Das dS hat einen fünffachen Zoomfaktor bei einem Objektivdurchmesser von 52 mm. Mit 403 mm Länge und 1.090 g Gewicht ist es ein relativ großes und schweres Zielfernrohr. Verglichen mit Long-Range-Modellen anderer Hersteller relativiert sich das aber.

Optisch liefert das dS „habicht-gewohnt“ brillant-scharfe, farbechte Bilder. Abstriche muss man bei der Transmission machen – 83 Prozent reichen aber auch für Dämmerungsansitze noch gut aus, wenn man die Vergrößerung nicht über achtfach dreht.

Das Sehfeld auf 100 m (7,3 – 1,5 m) fällt vergleichsweise klein aus.

In der Praxis
Das dS kam mit einer MAK-Montage mit 40er Ringen auf eine Blaser R 8 (Semi-Weight-Lauf/.270 WSM). Es gibt das DS zurzeit nur ohne Schiene. Diese Testwaffe schießt mit einem handlabo­rierten 8,4g Nosler Ballistic Tip-Geschoss auf 100 m Streukreise von 12 und 300 m von unter 50 mm!

Nach dem Einschießen auf 100 m Fleck und dem Übertragen der Laborierungsdaten ins dS ging es zunächst auf den 200- und 300 m-Stand. Die Scheibe auf 200 m anmessen, die rote Ziellinie im Zentrum platzieren und kontrolliert abziehen dauert weniger als fünf Sekunden. Auf der elektronischen Trefferanzeige neben dem Schützenstand erschien prompt ein Loch mittig in der 10.

Auf 300 m wiederholte sich das Spiel ebenso perfekt. Dabei stand die rote Ziellinie zwar deutlich weiter unten, aber der 10er Ring wurde sauber getroffen. Mit 25-facher Vergrößerung und guter Auflage ist auch das korrekte Anvisieren kleiner Ziele kein Problem.

Das schuf Vertrauen – die nächsten Schüsse folgten im Bergrevier, um zu sehen, wie das dS in anderen Höhenlagen zurechtkommt – und weiter als 300 m sollte es dann auch mal sein. Geschossen wurde auf 1.900 m Höhe bei 26 Grad. Eingeschossen hatten wir die Optik bei kühlen 10 Grad auf einem Schießstand auf 150 m Meereshöhe.

Eine Scheibe in Murmelgröße, kam in einen tiefen Graben (Winkelschuss: 28 Grad). Die Distanz gab ein Leica Geovid mit 372 m an, das dS mit 371 m. Der Wind war sehr gut, oben zwar zu spüren, unten im Graben bewegte sich aber kaum ein Strauch.

Die Windmarken waren auf 3- und 6 m/sek. eingestellt, selbst die 3er-Marke war da schon zu viel. Als Auflage dienten zur Minimierung von Schützenfehlern ein Benchrest-Schießgestell (Vorderschaft) und ein Ledersäckchen (Hinterschaft).

Auf 370 m stand die rote Ziel­linie jetzt sehr deutlich unterm Mittelpunkt des Fadenkreuzes. Zur Seitenkorrektur entschieden wir uns für die Hälfte der Distanz zwischen erster Windmarke und Mittelpunkt der roten Ziellinie – übertragen auf die Scheibe etwa 20 cm. Nach drei Schuss folgte der lange Abstieg zur Scheibe.

Das Ergebnis überzeugte und bestätigt die erstklassige Funktion bei Winkelschüssen und stark abweichendem Luftdruck und Umgebungstemperatur. Alle drei Treffer lagen sauber im Körper und wären absolut tödlich gewesen.

Auch die Windkalkulation stimmte, die Trefferlage war ganz leicht links. Der Streukreisdurch­messer (80 mm) resultierte aus der Höhen­streuung und zeigt, dass im Revier grundsätzlich mit größerer Streuung zu rechnen ist, selbst bei perfekter Auflage.

Das Ergebnis zeigt auch, dass jagdlich (mit dieser Waffe und Laborierung !) bei etwa 400 m die Grenze auf Wild erreicht ist. Dann liegt der Streukreis bei über 10 cm – wenn das dS auf einer wirklichen Präzisionswaffe sitzt, der Schütze sein Handwerk versteht und günstige Windverhältnisse herrschen. Das Ziel sollte zumindest Gamsgröße haben.

Resümee
Swarovskis dS mit integriertem Entfernungsmesser und automatischer Haltepunktkorrektur unter Einbeziehung von Winkelschuss, Luftdruck und Temperatur überzeugte auf ganzer Linie.

Richtig programmiert macht es Treffen auf größere Distanzen sehr einfach, wobei die persönliche maximale Schuss­distanz sehr vom Leistungsvermögen von Waffe und Schütze abhängt.

Bevor man Weitschüsse auf Wild abgibt, sollte man die eigenen Grenzen auf Zielscheiben genau ausloten ! Der große Vorteil ist die geringe Zeit zwischen Messung und Schussabgabe, mit externem Entfernungsmesser, Wechsel zur Büchse und Verstellung einer ASV am Zielfernrohr vergeht reichlich Zeit – und die Chance ist vielleicht verpasst.

Der Griff oben zum Zielfernrohr und das Drücken der Taste bringt allerdings Unruhe in den Anschlag, die man vor Schussabgabe ausgleichen muss. Das ließe sich vermeiden, wenn man die Messung mit der linken Hand am Vorderschaft auslösen würde – bei diesem Hightech-Produkt sicher kein großes Problem.

Lange Lieferzeiten beweisen, dass die Spitze des derzeit optisch-elektronisch Möglichen trotz 4 200 € viele interessiert. Offensichtlich geht das Konzept, zur Jagd aufwendige ballistische Berechnungen und den korrekten Haltepunkt auf beliebige Entfernung auf Knopfdruck zu liefern, voll auf.

Swarovski dS Technische Daten