Test: Pulsar Axion XM 30 S
Beobachtungstechnik für schlechtestes Licht wird für Jäger immer normaler. Norbert Klups hat für uns ein ganz neues Einsteigermodell getestet.
Wärmebildkameras (WBK) laufen herkömmlichen Nachtsichtgeräten langsam den Rang ab. Neben hoher Reichweite funktionieren sie auch bei Nebel und Regen. Eine Zusatzbeleuchtung bei völliger Dunkelheit brauchen sie auch nicht.
Zur frühzeitigen Erkennung von Wild sind sie Restlichtaufhellern deutlich überlegen. Mit Top-Geräten ist auch genaues Ansprechen möglich. Dafür sind aber auch mehrere Tausend Euro fällig.
Hilfe beim Erkennen von Wild
Aber auch günstige Geräte liefern schnell und bequem die Information, ob da was ist. Mit etwas Übung lässt sich unter Normalbedingungen auf nähere Distanz aber die Wildart gut identifizieren.
Vor allem aber sieht man, ob es sich um einzelne Stücke handelt oder sich noch kleinere im Bewuchs verbergen. Auch ob sich im Hintergrund Lebewesen aufhalten, ist mit WBKs auf einen Blick erkennbar.
Damit sind sie für verantwortungsbewusste Jäger ein wichtiges Hilfsmittel, um bei schlechtem Licht letzte Gewissheit zu bekommen, worauf man schießt.
Sichtbarkeit durch Wärme
WBKs sind nicht auf Licht angewiesen. Von jedem Objekt gehen elektromagnetische Wellen aus, abhängig von der Temperatur strahlt Materie unterschiedlich stark – für das menschliche Auge nicht sichtbar – im Infrarot-Bereich.
Um Temperaturunterschiede in der Umgebung sichtbar zu machen, benötigt man eine Technik, die Infrarotwellen ins für uns sichtbare Lichtspektrum verschiebt.
Genau das ermöglichen WBKs, indem sie Temperaturunterschiede messen und visualisieren. Militär und Behörden benutzen diese Technik schon lange, um Gegner im Dunken auszumachen oder für Rettungsaktionen.
Kein Blick in den Maisschlag
Eine WBK ist aber nicht in der Lage, durch Sträucher oder Pflanzen Wild aufzuspüren, wie oft zu hören ist. Der Wildkörper muss schon erfassbar sein.
Sauen sind auf freiem Feld noch auf einen Kilometer Entfernung als leuchtende Lichtbälle zu sehen – doch wenn sie im Mais stecken, bringt auch eine WBK nichts, jedenfalls von der Seite her.
Schaut man von einer hohen Kanzel ins Gras, sind aber Frischlinge meist noch gut zu sehen. Bei Regen oder Nebel leidet zwar die Qualität der Darstellung, trotzdem liefern WBKs auch dann noch Bilder.
Vor dem Kauf
Herzstück einer WBK ist der Sensor-Chip (Bulumeter) in VOx- (Vanadium Oxid) oder ASi (Amorphes Silizium)-Bauweise. Europäische Hersteller wie Pulsar verbauen meist ASi-Technik, während US-Geräte überwiegend mit VOx ausgestattet sind.
Ausschlaggebend für ein klares, scharfes Bild ist auch die Anzahl der Messpunkte auf dem Sensor, gebräuchlich sind derzeit 320 x 240 und 680 x 480 Pixel (Breite/Höhe).
Bei gleicher Abmessung der Sensoren bringt eine höhere Anzahl natürlich eine bessere Auflösung. Das schlägt sich gehörig im Preis nieder – 680 x 480er-Chips sind erheblich teurer.
Die Größe der einzelnen Pixel liegt zwischen 17 x 17 und 35 x 35 Mikroquadratmeter (µm²) – je kleiner desto besser, 12er-Geräte gibt es auch schon.
Bei kleiner Pixelgröße lassen sich mehr Messpunkte auf dem Sensor unterbringen und das Bild wird entsprechend schärfer. Kleinere Sensoren sorgen auch für kleine und kompakte Geräte.
Der beste Chip nützt allerdings wenig, wenn der Bildschirm die Daten nicht vernünftig darstellt – ohne ein wirklich gutes OLED-Display geht es nicht.
Die Bildfrequenz gibt an, wie oft sich das Bild in einer Sekunde neu aufbaut. Ist sie zu niedrig, stellt sich eine Art Zeitlupeneffekt ein und der Bildaufbau kommt beim Schwenken der Kamera oder Beobachten von sich bewegenden Wild nicht nach.
24 Hz ist das Minimum für ruhige Bilder, 50 Hz ist optimal. Mehr bringt nichts mehr, weil das menschliche Auge es nicht verarbeiten kann.
Damit der Sensor langwellige Infrarotstrahlen verarbeiten kann, müssen sie erst mal dorthin gelangen: Bei der Linse von WBKs sind Größe und Material wichtig.
Für Infrarotgeräte finden Linsen aus monokristallinem, halbleitendem Material Anwendung – meist aus Germanium. Bei der Linsengröße muss man gegenüber normalen Beobachtungsoptik- und Restlichtverstärkern umdenken, hier gilt: Je kleiner, desto höher ist die Reichweite.
Pulsar Axion XM 30 S
Die neueste Wärmebildkamera von Pulsar besticht durch die sehr kompakte Bauform, die dem 12 µm²-Sensor zu verdanken ist, und einen günstigen Preis (1 650 €).
Auch andere Bauteile und Kenndaten können sich sehen lassen – die Bildwiederholungsfrequenz liegt bei 50 Hz, das AMOLED-Display hat eine Auflösung von 1024 x 768 Pixel.
Lediglich bei der Auflösung des Mikrobolumeters (320 x 240 Pixel) liegt man im Normalbereich, zu dem Preis kann man aber auch kaum mehr erwarten.
Weit über dem Üblichen liegt die optische Vergrößerung – 4,5fach, dazu kann digital bis 18fach gezoomt werden. Das Gehäuse besteht aus einer leichten Magnesium-Legierung, mit 328 g (inkl. Akku) wiegt es nicht mehr als ein normaler Entfernungsmesser und ist auch nicht größer.
Das Gehäuse ist wasserdicht und übersteht laut Hersteller sogar ein Tauchen von 30 Minuten bei 1 m Wassertiefe – was wir aber lieber nicht ausprobiert haben.
Die Energieversorgung übernimmt ein Akku, der sich mit dem Ladegerät oder einem USB-Kabel laden lässt. Mit vollem Akku läuft das Gerät etwa vier Stunden, das war auch im Jagdpraxis-Test der Fall, kann sich aber bei Minusgraden verkürzen.
Reserve-Akkus sind erhältlich, eine Powerbank zum Nachladen im Revier dürfte aber kostengünstiger sein.
Faszinierend ist der sehr schnelle Start. Das Axion ist auf Knopfdruck betriebsbereit. Der eingebaute Videorekorder startet, wenn man die REC-Taste betätigt, und nimmt alles auf, was man sieht.
Ein interner 16 GB-Speicher reicht für mehrere Stunden Videoaufzeichnung, für Fotos gibts einen eigenen Modus. Über ein integriertes WiFi-Modul lässt sich das Axion mit Android- oder iOS- Smartphones/Tablets verbinden, um Videos ganz einfach zu übertragen.
Per USB an einen PC angeschlossen, wird das Axion als Speichermedium erkannt und kann leicht ausgelesen werden. Eine nette Spielerei ist der Bild-im-Bild-Modus – ist diese Funktion aktiviert, erscheint ein kleines Fenster mit dem Zoom-Ausschnitt im oberen Teil des Bildschirms.
Im Revier
Im Menü kann man Bedingungen wie Wald, Felsen oder Identifizierung vorwählen, dazu stehen acht Farb-Modi zur Verfügung, im Jagdpraxis-Test zeigte sich Hot weiß (warme Objekten in weißer Farbe) als günstigster Modus.
Der optische Zoom ist praktisch nutzlos, weil er das Bild extrem verschlechtert, die 4,5-fache Vergrößerung reicht mehr als aus.
Wärmebildkameras muss man regelmäßig neu kalibrieren. Dieser Prozess ist nötig, um die sich unmerklich, aber ständig wechselnden Umgebungsbedingungen (v. a. Temperatur) an die Messungen der Kamera anzugleichen. Diese Notwendigkeit erkennt man daran, dass das Bild streifig wird.
Das Axion lässt sich automatisch, halbautomatisch oder manuell kalibrieren, im Automatikmodus passiert das aber sehr häufig. Zum Geräusch beim Kalibrieren hört man häufig, es störe bei der Jagd.
Lautloser Einsatz
Wenn man das Gerät am Auge hat, hört man in der Tat ein leises Klicken – aber schon drei Meter daneben gar nichts mehr. Wir haben an der Saukirrung auf 50 und am Luderplatz auf 35 m Geräte kalibriert – weder Fuchs noch Sau fühlten sich dadurch gestört, in der Jagdpraxis spielt das leise Geräusch de facto keine Rolle.
Die Bedienung ist sehr einfach, das Gerät schaltet auf Druck der vorderen blauen Taste ein und aus, scharf gestellt wird am Objektivdrehring.
Die Dioptrieverstellung am Okular reicht von –5 bis +5, die Augenmuschel lässt sich für Brillenträger umklappen. Die Menü-Steuerung erfolgt über die Auf- und Ab-Tasten, wobei die hintere auch die Videofunktion bedient.
Den Erfassungsbereich gibt Pulsar mit 1.300 m an – noch auf diese Distanz sollen sich damit 1,8 m große Objekte entdecken lassen.
Effektiv bis 600 Meter
In der Praxis sieht man damit in der Ferne einen verschwommenen weißen Fleck. Wirklich brauchbar zur Identifikation von Objekten (Kuh, Rotwild, Reh oder Sau) ist das Axion bis etwa 600 m.
Das hängt stark vom Wetter ab – in der Kälte des Morgens liefert Wild eine wesentlich bessere Wärmebildsignatur als abends, wenn die Umgebung noch von der Sonne aufgeheizt ist.
Wir haben zum Vergleich ein Gerät hinzugezogen, das doppelt so teuer ist. Der Unterschied ist sichtbar. Besonders bei kleinen Objekten, wie einem Fuchs im Gras, ergab sich damit eine weitaus bessere Detailerkennbarkeit.
Bei einer Sau auf 80 m kann das Axion trotz hoher Vergrößerung angezogene Striche nicht erkennen. Aber auch dabei ist immer die gerade herrschende Umgebungstemperatur ausschlaggebend.
Resümee
Pulsars Axion XM 30 S bietet eine ganze Menge für eine Wärmebildkamera im unteren Preisbereich. Wer sichtbar bessere Leistung will, muss deutlich mehr ausgeben als 1.650 €.
Die Ausstattung ist sehr gut, das Gerät leicht bedienbar, bestechend klein und handlich. Aufpassen muss man beim Pirschen auf den Akku – er wird ausgeworfen, wenn man unbeabsichtigt an den Drücker an der Frontseite kommt ...