US-österreichische Verbindung

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Remingtons Modell 700 ist eine Repetierer-Legende und old shool – der österreichische Geradezug-Repetierer Strasser eher Sinnbild einer modernen Jagdbüchse in Modular-Bauweise. Mit der neuen RS 700 verbindet Strasser jetzt beide Welten. Wir haben sie getestet.

Die RS 700 ist immer noch ein Geradezug-Repetierer, hat aber auch viele Merkmale der Remington 700 und es können auch dafür passende Zubehörteile wie Abzüge, Läufe und Schäfte verwendet werden, womit einem ein riesiges Angebot i. d. R. günstiger Komponenten zur Verfügung steht. Zunächst hat Strasser nur komplette Waffen im Programm, später wird es aber auch Systeme einzeln geben und man kann sich seine eigene RS 700 zusammenstellen. Mit der RS 05 kam 2005 die erste Büchse des österreichischen Herstellers auf den Markt, Konstrukteur war Horst Blaser. 2014 folgte mit der RS 14 eine weiterentwickelte Version, die 2017 noch einmal in Details verändert wurde. Die Modellbezeichnung Strasser RS 14 wurde aber beibehalten. Die RS 14 Solo entsprach technisch der RS 14, hat aber keine Wechsellaufmöglichkeit. 2020 folgtenndie Modelle Thar (Kunststoff-) und Unic Carbon (Kohlefaser-Schaft). 

Die RS 700
Bei der neuen RS 700 ist eine Menge anders geworden, man könnte auch sagen einfacher. Das fängt beim Abzug an, der bei der RS 14 sehr aufwendig konstruiert war und zudem ganz einfach durch Ziehen eines kleinen Hebels am Ende der Verschlussbahn zum Einstellen des Abzugswiderstands entnommen werden konnte. Nicht etwa stufenlos, sondern es waren drei fest eingestellte Abzugswiderstände vorgegeben, die sich anwählen ließen. Bei der RS 700 verbaut Strasser dagegen ganz einfach einen Abzug der US-Firma Timney – der Elite Hunter lässt sich bis auf etwa 700 g einstellen. Die RWJ-Testwaffe löste bei 1 100 g trocken ohne spürbaren Weg aus. Wem das nicht gefällt, der kann jeden anderen Abzug einbauen, der für die Remington 700 passt, darunter auch Spitzenabzüge wie der von Bixn Andy. Beim Laufwechsel ist jedoch etwas Nacharbeit erforderlich – das Fat Bolt-Design der RS 700 hat am Verschluss einen etwas größeren Durchmesser als das Original. Die Zweistellungs-Sicherung wirkt wie bei der Remington 700 nur auf den Abzug, der Verschluss der Strasser RS  700 lässt sich auch im gesicherten Zustand öffnen. Gegenüber der RS 14 (Schlagbolzensicherung) ist das natürlich ein sicherheitstechnischer Rückschritt – dem Timney-Abzug geschuldet. Bei den Schäften kann man zwischen Holz, Kunststoff oder Long-Range-Versionen wählen. Natürlich passen auch alle Schäfte der Remington 700 Short Action – auch in Links- oder Rechtsausführung, denn den Verschluss gibts ebenfalls für Links- oder Rechtshänder. Das erscheint zunächst etwas merkwürdig, denn die Schäfte des US-Klassikers sind ja für einen Verschluss mit 90 Grad Öffnungswinkel konstruiert und haben für den Kammerstengel eine entsprechende Schaft-Ausfräsung, die RS 700 ist aber ein Geradezug-Repetierer. Das lösten die österreichischen Ingenieure clever – und brachten in dieser Ausfräsung einfach den Hebel für die Verschlusssperre unter. Während es die Remington 700 in unzähligen Kalibern, Laufkonturen und Schaftformen gibt, bietet Strasser für die RS 700 lediglich vier Kaliber, drei Laufkonturen und drei Schäfte im Programm. Wer was Anderes will, muss sich beim After-Market Angebot für die Remington 700 bedienen.  

Kaum Änderungen beim Verschluss
Die RS 700 ist ein Geradezug-Repetierer, ein Anheben des Kammerstengels ist nicht notwendig und die Kammer macht keine Drehbewegung. Wie bei der RS 14 spreizen sich beim Schließen des Verschlusses vier viertelkreisförmige Radialelemente in eine Ringnut im Lauf formschlüssig an. Öffnet man den Verschluss, werden sie von einer Rundspiralfeder wieder in ihre Ausgangslage zurückgedrückt. Vergleichbar ist dieser Verschluss in seiner Funktionsweise mit Heyms SR 30, nur dass dabei die Verriegelung von drei Kugeln übernommen wird. Die Möglichkeit des Verschlusskopf-Wechsels bietet die RS 700 aber nicht. Wird ein Lauf für eine Patrone mit anderen Stoßbodenmaßen eingebaut, muss auch ein kompletter neuer Verschluss her. Der Magazinschacht ist kompatibel mit allen Magazinen nach US-Militärstandard, es können sowohl Kunststoff- wie Metallmagazine benutzt werden. Damit steht eine große Auswahl preisgünstiger Wechselmagazine zur Verfügung. Zum Lieferumfang gehört ein einreihiges Einsteckmagazin aus Kunststoff, Magazinhalter ist eine beidseitig bedienbare Taste, die im Abzugsbügel integriert ist. Damit wurde auch hier an Linkshänder gedacht. Natürlich passen auch die ZF-Montagen der Remington 700.

RWJ-Testwaffe Legend
Legend heißt die klassische Jagdbüchse mit Holzschäftung. Der Nussbaumschaft hat eine kantige Backe, der Vorderschaft schließt mit einem angesetzten Stück Rosenholz, daraus besteht auch das Pistolengriffkäppchen. In die Vorderschaft-Unterseite wurde eine M-Lock-Schiene mit zwei Montageschlitzen eingelassen, an der sich leicht Anbauteile wie ein Zweibein befestigen lassen. Vorderschaft und Pistolengriff sind mit griffiger Fischhaut verschnitten, bei genauem Hinsehen erkennt man, dass diese aus ganz vielen kleinen Strasser-Emblemen besteht. Im Rosenholzabschluss des Vorderschafts und in die Unterseite des Hinterschafts sind Buchsen für QD-Riemenbügel eingelassen. Der Hinterschaft wird mit einer breiten Gummikappe abgeschlossen. Im Schaft sind Pillar-Röhrchen eingelassen, durch die die beiden Systemschrauben laufen. Die Pillars sorgen für einen genau definierten Abstand zwischen System und Gegenlager der Schrauben und mindern beim Festziehen der Schrauben den Druck auf den Schaft.

Auf dem Schießstand
Die Testwaffe im Kaliber .308 Win. kam mit einer mit dem System verschraubten durchgehenden Picatinnyschiene. Mit einer Innogun-Schnellspannmontage wurde ein GPO Spectra 2 - 12 x 50i montiert – für das Schießen von Trefferbildern eine sehr gute Optik, die aber auf den laufenden Keiler zeigte, dass sie bei kleinster Vergrößerung (Sehfeld 21 m) durchaus auch für schnelle Schüsse einsetzbar ist. Die Testwaffe wurde mit drei Laborierungen auf 100 m aus dem Schießgestell aus jeweils kaltem Lauf geschossen. Den besten Streukreis erzielte die Geco Zero (21 mm/fünf Schüsse). Bei schnellen Schussfolgen verlagerte sich die Treffpunktlage ab dem vierten Schuss leicht nach unten, blieb aber mit 28 mm immer noch in einem Bereich, bei dem man sich jagdlich keine Gedanken machen muss. Der Verschluss läuft sehr weich und lässt sich im Anschlag blitzschnell repetieren. Resümee: Mit Strassers RS 700 kommt ein neuer Geradezug-Repetierer auf den Markt, der eine Menge zu bieten hat. Wer später mal was verändern will, findet jede Menge Möglichkeiten – für kaum eine Büchse gibts so viele Teile von zahllosen Herstellern wie für Remingtons 700.  Bleibt der Preis – die RWJ-Test-Ausführung Legend kostet 3 580 € und liegt damit auf dem Niveau der wechsellauf-fähigen RS 14 in Thar oder Evolution-Ausführung. Bleibt die Frage, ob man einen Wechsellauf aus dem Hause Strasser und den platz-sparenden Transport oder die vielfältigen Um- und Anbaumöglichkeiten des Remington 700 Systems bevorzugt – keine leichte Entscheidung. Norbert Klups