Haenel Jaeger 10
In unserem großen Vergleichstest haben wir vier Mittelklasse-Repetierer verglichen. Einer davon war die Haenel Jaeger 10.
Haenel wurde 1840 in Suhl gegründet und 1945 unter sowjetischer Besatzung als eigenständiges Unternehmen aufgelöst und in die VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann überführt.
Haenel war ein traditionsreicher Hersteller von Jagd- und Militärwaffen. 2008 nahm die C. G. Haenel GmbH mit Haenellizenz- und -markenrechten den Betrieb wieder auf und stellt seitdem wieder Jagdgewehre her, zur Konzernmutter Suhl Arms Alliance gehört auch Merkel.
Haenel-Waffen werden im gleichen Werk gebaut wie Merkel-Repetierer. Das Modell Jaeger 10 war die erste Büchse, die Haenel auf den Markt brachte. Die weitgehend geschlossene Systemhülse ist kalt geschmiedet und hat im Gegensatz zu den sonst oft eher kantigen CNC-gerechten Formen angenehm runde Konturen.
Die vordere Hülsenbrücke geht fast nahtlos in den eingeschraubten, birnenförmigen Jagdlauf über. Verriegelt wird mit sechs Warzen in zwei Reihen hintereinander direkt im Lauf. Die vorderen Verschlusswarzen sind deutlich größer als die hinteren.
Der Kopf mit den Warzen wird nicht integral aus der Kammer gefräst, sondern aufgeschraubt. Er lässt sich aber nicht etwa zum Kaliberwechsel abnehmen, denn die Haenel ist nicht für Wechselläufe eingerichtet.
Auch bei der Jaeger 10 befinden sich Auszieher und Ausstoßerstift im Kammerkopf. Der Schlosshalter befindet sich wie üblich links hinten am System. Ein kurzer Druck genügt und die Kammer kann aus dem System entnommen werden.
Das Schlösschen hat den gleichen Durchmesser wie die Kammer und ist rundherum geschlossen. Die Schlagbolzenmutter ragt hinten heraus, wodurch der Spannzustand erkennbar ist, eine Farbmarkierung fehlt.
Der Kammerstengel ist nach hinten gebogen, sodass das Ende griffgünstig in Höhe des Abzuges liegt. Abgeschlossen wird er bei unserer Test-Version Timber LX mit einer 23-mm-Holzkugel.
Dieses neueste Modell der Jaeger-10-Familie zeichnet sich durch besseres Holz und ein neues Fluchtvisier aus – und die Holzkugel am Ende des Kammerstengels. Das kostet allerdings – während die Standardausführung für 1.088 € angeboten wird, liegt der Preis der Timber LX bei 1.473 €.
Mit einem Öffnungswinkel von 60 Grad ist die Haenel noch 10 Grad günstiger als Tikkas T 3. Die Hülsenbrücken sind bereits mit Gewindelöchern für die Zielfernrohrmontage versehen. Auf unserer Testwaffe war eine EAW-Schwenkmontage angebracht. Wie bei der Tikka liegt die Sicherung rechts am System und hat zwei Stellungen. Im gesicherten Zustand ist auch hier die Kammer gesperrt.
Im Gegensatz zur finnischen Büchse lässt sich die Suhlerin aber auch im gesicherten Zustand öffnen. Dazu ist ein Druckknopf unterm Sicherungsschieber vorhanden. Im entsicherten Zustand wird er von der Sicherung verdeckt, gesichert ist er frei zugänglich und ermöglicht, die Kammer zu öffnen, auch wenn sich die Sicherung in der hinteren Stellung befindet. Die Sicherung wirkt auf die Abzugsstange.
Das Magazin ist ziemlich klobig, sein eigentlicher Körper ist aus Stahlblech, der Zubringer aus Kunststoff. Was die Sache so voluminös macht, ist die große Plastik-Bodenplatte, die so breit ist wie der Schaft.
Befindet sich das Magazin im Schacht, bildet sein Boden mit der Schaftunterseite eine glatte Fläche – nicht schlecht zum aufgelegten Schießen. Trotz zweireihiger Lagerung gehen nur drei Patronen ins Magazin.
Der Magazinhalter ist eine große, flache Drucktaste vorn am Abzugsbügel. Er steht beidseitig über und lässt sich leicht mit dem Daumen nach vorn drücken, wodurch das unter Federdruck stehende Magazin aus dem Schacht springt. Magazinschacht samt Abzugsbügel sind aus Kunststoff.
Der Abzug verfügt über einen Rückstecher, den aber niemand benutzen wird, denn auch ungestochen hat er Matchqualität – er löste staubtrocken bei sagenhaften 500 g aus. Da kommen selbst viele doppelt so teure Büchsen nicht mit.
Ist der Abzug gestochen und wird die Kammer geöffnet, entsticht er automatisch. Ist er gestochen und wird die Sicherung betätigt, passiert allerdings nichts – eine inkonsequente Lösung, denn es wäre deutlich praxisgerechter, wenn der Abzug auch beim Sichern entsticht.
Der Lauf (aus Suhler Produktion, wie es im Katalog heißt) wird auf Merkel-Laufhämmermaschinen hergestellt und ist 56,5 cm lang, sein Mündungsdurchmesser beträgt 16 mm. Damit kommt die Timber LX auf eine Gesamtlänge von 110 cm und wiegt 3.360 g.
Zum neuen Fluchtvisier, bestehend aus einer Drückjagdkimme mit drei gelben Leuchtpunkten und U-Ausschnitt, passt das rote Leuchtkorn sehr gut – eine kontrastreiche Visierung für schnelle Schüsse. Visierträger und Kornsattel sind matt gestrahlt, das Korn höhenverstellbar. Auch die Kimme lässt sich im Schwalbenschwanz seitlich verschieben.
Der Nussbaumschaft mit geölter Oberfläche hat einen geraden Rücken und eine große, flache Backe. Das Holz hat zwar eine gut sichtbare, längs verlaufende Maserung, ist aber für eine Büchse, bei der für gutes Schaftholz ein saftiger Mehrpreis verlangt wird, eher enttäuschend.
Auch hier ist der Pistolengriff rechts verdickt und mit feiner Fischhaut verschnitten, die sich so auch am Vorderschaft findet. Der Vorderschaft endet in einem kräftigen Schnabel. Die Gummischaftkappe ist zwar recht weich, hat aber oben einen harten Gummieinsatz, der sehr gut gleitet. So etwas findet man sonst eher bei Flintenschäften.
Auffällig sind die beiden Querstollenverschraubungen im Schaft, die an Großwildbüchsen erinnern. Hier dienen sie wohl eher der Optik als dem Schutz des Schaftholzes vor dem Rückschlag der .308 Winchester.
Auch Haenel treibt bei der Systembettung keinen großen Aufwand – der vordere Systemteil liegt auf einer lose in den Schaft gelegten Stahlplatte, durch die die vordere Systemverbindungsschraube geführt wird.
Der gesamte Schaft macht einen schlanken und eleganten Eindruck. Die Riemenbügelbefestigung ist etwas günstiger als bei der Tikka – zwar schrauben auch die Suhler den vorderen Bügel ins Holz des Vorderschaftes, aber nicht unten, sondern in die Stirnfläche. Damit ergibt sich ein Abstand von Laufmündung zu Riemenbügel von 29 cm, immerhin 7 cm weniger als bei der Tikka.
Bei der Verarbeitung gibt es keine auffälligen Mängel – Lauf und Systemhülse sind sogar ausgesprochen gut poliert und hochglänzend brüniert. Für den geforderten Preis macht die Jaeger 10 optisch eine Menge her und einen deutlich teureren Eindruck.