Repetierer Ruger American Rifle Gen. 2: Die nächste Generation
Als Ruger 2012 die American Rifle präsentierte, läutete die US-Waffenschmiede damit eine neue Runde im Preiskampf ein. Jetzt kommt die Gen. 2, bei der eine Menge geändert wurde, wir haben sie getestet.
Der Repetierer kostete seinerzeit ganze 499 € und wurde zum Verkaufsschlager. Für den Nachfolger ruft Ruger nun zwar 939 € auf, doch in Anbetracht der seit 2012 erfolgten Preissteigerung ist das immer noch sehr günstig. Jagd-Repetierer unter 1 000 € sind immer noch dünn gesät.
Jede Menge Neuheiten
Der kaltgehämmerte Lauf der Gen II ist nur noch 51 cm lang, beim Ur-Typ waren es noch 56. Dafür wurde er dicker und misst an der Mündung nun 18,4 mm. Der Lauf ist mit einem silbernen Cerakote-Finish versehen und tief spiralförmig geflutet. Dadurch wurde die Gen II aber mit 2,9 kg nicht schwerer. Der Lauf verfügt über ein 5/8 x 24-Schalldämpfer-Gewinde und wird werkseitig mit einer radialen Mündungsbremse ausgeliefert. Eine Gewindekappe ist leider im Lieferumfang nicht enthalten – Sparen an der falschen Stelle, denn meist wird bei einer .308 Win. ein Schalldämpfer benutzt und keine Mündungsbremse.
Neuer Abzug und neues Magazin
Das System ist fast unverändert, nur das Auswurffenster wurde leicht verkleinert und es kommt eine durchgehende Picatinny-Schiene zum Einsatz. Der konventionelle Zylinderverschluss verriegelt über drei Warzen im Kammerkopf (Öffnungswinkel: 70-Grad). Die neue Version verfügt über eine größere Kammergriff-Kugel, diese ist angeschraubt und lässt sich so bei Bedarf wechseln (5/16 x 24 Gewinde). Ganz neu ist die Sicherung – weiter oben auf dem Kolbenhals hinterm Schlösschen, aber mit drei Stellungen:
- In der hintersten Position (gesichert) werden oben zwei weiße Balken angezeigt,
- ein Balken zeigt die entriegelte Sicherungsposition an,
- im Feuerzustand ist hinten eine rote Markierung sichtbar.
Der Abzug ist verstellbar (1,3 – 2,3 kg), die RWJ-Testwaffe löste bei 1 600 g trocken und ohne fühlbaren Weg aus. Beim ausgebauten System lässt er sich über eine Schraube vorn am Abzugsgehäuse verstellen. Während die erste Version über ein bündiges Trommelmagazin mit integriertem Magazinauslöser verfügte, verwendet Ruger jetzt ein einreihiges AICS-Magazin (drei Schuss). Der Auslösehebel befindet sich direkt vorm Abzugsbügel. Beim Trommelmagazin gabs wohl gelegentlich Zuführungsprobleme und auf eine bewährte, am Markt erhältliche Konstruktion zurückzugreifen, ist sicher praxisgerecht.
Völlig neuer Schaft
Hatte die erste Ausführung noch einen recht einfachen, schwarzen Kunststoffschaft, investierte Ruger an dieser Stelle eine Menge Entwicklungsarbeit – optisch wie technisch: Der Schaft ist grau mit kleinen weißen Sprenkeln (Grey-Splatter) mit einer angenehm, leicht rau strukturierten Oberfläche. Am Vorderschaft ist eine Griffrille angebracht – auf den ersten Blick nicht gerade innovativ, das findet man häufig. Doch im Anschlag merkt man schnell, dass da Praktiker am Werk waren. Die Rille beginnt in einem Aufwärtswinkel und verläuft parallel zum Lauf – im idealen Winkel, der genau der Griffweise von Daumen und Fingern beim freihändigen Schießen entspricht. Die Rücken-Erhöhung ist austauschbar: Geliefert wird die AR mit einer niedrigen Wangen-Erhöhung von 1,3 cm, erhältlich ist noch ein mittelhoher Aufsatz von 1,7 und ein hoher von 1,9 cm. Damit lässt sich die Schafthöhe gut der verwendeten Zieloptik anpassen. Zum Wechseln dreht man einfach den hinteren Riemenbügel um fünf Umdrehungen heraus – dann lässt sich das hintere Schaftteil weit genug zurückdrücken, um die Erhöhung auszutauschen. Dreht man den Riemenbügel ganz heraus, lässt sich das hintere Schaftteil entfernen und bei Bedarf gegen ein kürzeres tauschen. Ausgeliefert wird die Büchse mit einer Schaftlänge von 34,9 cm, erhältlich sind Teile, die den Schaft auf 32,5 oder 33,5 cm bringen, Längere gibts leider noch nicht. Das sind schon mal ʼne Menge Möglichkeiten, den Schaft individuell zu gestalten, aber die Gen 2 bietet noch mehr: Ruger bietet ein Gewichts-Set an, das sich als Kassette im Schaft installieren lässt – bis zu sechs Gewichte von je 110 g). Damit lässt sich der Schwerpunkt nach hinten verlagern und auch der Rückstoß wird reduziert – interessant, wenn man vorn ein Zweibein oder Schalldämpfer montiert, wodurch die Waffe stark vorderlastig wird. Auch die Demontage des Schaftes wurde jetzt besser gelöst: Beim ersten Modell gelangte man nur schwer an die hintere Schaftverbindungsschraube – dazu musste die Magazinhalterung demontiert werden. Beim neuen Modell ermöglicht eine Kerbe den Zugriff auf die hintere Systemschraube. Im Schaft ist wie beim ersten Modell das Power Bedding-System vorhanden: Ruger setzt einfach zwei V-förmige Stahlstücke in den Kunststoffschaft, die die beiden Schaftverbindungs-Schrauben führen und fräst die Systemhülse entsprechend vorn und hinten aus. Wird das System in den Schaft gesetzt und verschraubt, greifen die V-Stücke in die Systemhülse – fertig ist die Systembettung. Konventionelle Rückstoßplatten entfallen so – einfach, solide und ideal zur Großserienfertigung. Manuelle Passarbeiten entfallen, wenn die Maschinen präzise genug arbeiten – dafür ist Ruger als Erfinder des Investment Casting (ein Präzisions-Stahlgussverfahren) aber bekannt.
Wie schießt die Gen 2?
Auf die RWJ-Testwaffe in .308 Win. kam mit einer Innomount Schnellspannmontage ein GPO-Zielfernrohr Spectra 1,6 - 13 x 44. Die Büchse wurde auf 100 m aus dem Schießgestell geschossen, dazu kamen Patronen von Hornady, RWS und Lapua zum Einsatz. Die beste Präzision zeigten Hornadys SST 150 grs (Fünf-Schuss-Streukreis: 19 mm) – für einen Jagd-Repetierer unter 1 000 € ist die American Rifle Gen 2 damit extrem präzise. Dieses Schussbild wurde aus kaltem Lauf geschossen, doch auch im Warmschussverhalten ließ sich der dicke Lauf sich wenig beeindrucken:
10 Schuss schnell hintereinanderlagen auf 42 mm zusammen. Die Funktion war tadellos, Patronen wurden sicher zugeführt und leere Hülsen sauber ausgeworfen.
Resümee: Alles richtig gemacht – wer einen funktionellen, robusten und optisch auch noch attraktiven Repetierer für „kleines Geld“ sucht, liegt hier genau richtig. Der matt-silberne, geflutete Lauf mit dem grau gesprenkelten Kunststoff-Schaft ist ein Hingucker, der Schaft lässt sich individuell in Höhe und Länge anpassen, der Abzug ist okay (wenn auch ohne Match-Qualität), die Sicherung hat jetzt drei Stellungen und die Präzision ist hervorragend. Gibts auch was zu bemängeln ? Ein 3 Schuss-Magazin, das so weit nach unten aus dem Schaft ragt, entspricht sicher nicht dem europäischen Geschmack. Auch der freistehende, über den Abzugsbügel ragende Magazin-Auslösehebel birgt ein gewisses Potential zum unbeabsichtigtem Entriegeln – Kleinigkeiten, die man bei dem Preis wohl akzeptieren muss. Schön wären allerdings Möglichkeiten zur Schaftverlängerung – wird vielleicht bei der 3. Generation alles geändert. Norbert Klups