Test: Rotpunktvisier Aimpoint Hunter
Die schwedische Firma Aimpoint gilt als Erfinder der Leuchtpunkttechnik und fertigt seit über 25 Jahren Rotpunktvisiere. Mit dem Aimpoint Hunter gibt es auch eine speziell für den Jagdgebrauch ausgerichtete Version. Wir haben das Dicke aus Schweden einem ausführlichen Test unterzogen. Von Norbert Klups.
Rotpunktvisiere sind die idealen Zieleinrichtungen für schnelle Schüsse auf relativ kurze Distanzen. Gegenüber dem Zielfernrohr haben sie den Vorteil, das Sehfeld nicht einzuschränken, da beide Augen offen gehalten werden und beim Anschlag kein bestimmter Augenabstand eingehalten werden muss.
Kimme und Korn sind zwar genauso schnell und schränken das Sehfeld auch nicht ein, fordern aber vom Schützen eine gute Sehkraft, um Kimme, Korn und Ziel hintereinander zu bringen. Beim Rotpunktvisier liegen dagegen Ziel und Zielpunkt auf einer Ebene.
Nachdem das erste Aimpoint auf den Markt kam, fanden sich schnell Firmen, die ähnlich aufgebaute Geräte entwickelten und auf den Markt brachten. Heute hat der Käufer die Auswahl zwischen einem guten Dutzend Fabrikate, deren Preisspanne von 80 bis 700 € reicht.
Aimpoint lag stets in der hohen Preisklasse, genoss aber auch einen ausgezeichneten Ruf bei Jägern und Sportschützen. Wie gut das schwedische Produkt tatsächlich ist, zeigte ein einjähriger Härtetest der US-Army, bei dem die Visiere führender Hersteller auf Bruchsicherheit, Hitze-, Wasser- und Kältebeständigkeit getestet und mit über 12.000 Schuss belastet wurden.
Aus diesem Test ging Aimpoint als Nummer eins hervor. Es erwies sich als betriebssicher bei 75° C Hitze, -45° C Kälte und wasserdicht bis zu einer Tauchtiefe von 20 Metern. Doch nicht nur das Militär hat Interesse an extrem stabilen Rotpunktvisieren, sondern auch Jäger und Schützen wissen Qualität zu schätzen.
Aimpoint verkauft die militärischen Zieloptiken zwar auch an Jäger, von denen sie mit bestem Erfolg eingesetzt werden, doch mit dem Aimpoint Hunter gibt es auch eine speziell für den Jagdgebrauch ausgerichtete Version.
Lange und kurze Ausführung
Um eine einfache Montage zu ermöglichen, fertigt Aimpoint das Hunter in zwei verschiedenen Baulängen. Neben der Standardausführung ist auch eine Version mit längerem Rohrkörper erhältlich. Diese L-Ausführung eignet sich ohne Schwierigkeiten sogar für lange Büchsensysteme.
Für den Test stand diese lange Version zur Verfügung. Der Käufer hat auch die Wahl zwischen einem 30 mm oder einem 34 mm Rohrkörper. Das dickere Rohr bringt etwas mehr Licht und sollte ein helleres Bild liefern. Wir haben das Dicke gewählt.
Als Testwaffe diente eine Blaser R8 im Kaliber .338 Blaser. Das Aimpoint wurde mit einer MAK-Schnellspannmontage montiert. Der handliche und schnell zu repetierende Geradezugrepetierer von Blaser ist die ideale Basiswaffe für ein Rotpunktvisier, das hauptsächlich bei der Bewegungsjagd oder – wie im Test – im Schießkino eingesetzt wird.
Patentiertes Doppellinsensystem
Bei Rotpunktvisieren, die mit einem Einzellinsensystem arbeiten – und das sind praktisch alle preiswerten Geräte – kann es zu Parallaxeabweichungen kommen, die auf 100 Meter bis zu 50 Zentimeter betragen können. Der Schütze muss hier die Reflexion der schrägen Diode durch Zentrieren des roten Punktes im Visier ausgleichen.
Gerade bei schnellen Anschlägen bei Drückjagdsituationen ist das aber oft problematisch. Durch das Doppellinsensystem von Aimpoint sind Parallaxeabweichungen ausgeschlossen, da die Reflexion der LED immer parallel zur optischen Achse des Visiers verläuft.
Extrem stabil
Der Aufbau des Rohrkörpers ist ganz auf höchstmögliche Stabilität ausgelegt. Er besteht aus hochwertigem Flugzeugaluminium. Alle Kugellager liegen außerhalb des Rohres, wodurch der Linsendurchmesser maximiert wird, was dem Blickfeld zugute kommt. Doppelte O-Ringaufhängungen sorgen für Wasserdichtigkeit.
Durch das kegelförmige Innenrohr wird ein Tunneleffekt vermieden. Die Elektronik ist verkapselt und wirklich wasserdicht. Durch die einteilige Konstruktion ist das Aimpoint sogar tauchfähig.
Das neue Hunter in der Praxis
Die Waffe wurde zunächst mit dem Aimpoint eingeschossen, was sich als problemlos erwies. Die Verstelleinrichtung ist wie bei einem Zielfernrohr aufgebaut und arbeitet sehr präzise. Die Abdeckkappen der Verstelltürmchen werden abgeschraubt und umgedreht wieder aufgesetzt. Zwei Stifte greifen dann in zwei Bohrungen ein und mit den Kappen kann die Höhen- und Seitenverstellung bedient werden.
Auf 100 Meter verändert ein Klick die Treffpunktlage um 20 Millimeter. Der Leuchtpunkt deckt auf 100 Meter 2 MOA (Minute of Angel) ab. Ein MOA entspricht etwa 30 Millimeter auf 100 Meter. Die Waffe wurde auf 50 Meter eingeschossen. Hier ist der rote Punkt auf der Scheibe etwa drei Zentimeter groß und erlaubt noch ein sehr präzises Schießen.
Die Leuchtintensität ist 12-fach verstellbar. So lässt sich der Leuchtpunkt der Umgebungshelligkeit optimal anpassen. Die Regelung erfolgt beim neuen Hunter digital am quadratischen Mittelturm über zwei Druckknöpfe, die mit + und – gekennzeichnet sind. Das Touchpad aus grünem Silikonkautschuk ist sehr griffig.
Ausgeschaltet wird über einen längeren Druck der Minustaste. Wird wieder eingeschaltet, steht die zuvor gewählte Leuchtstufe zur Verfügung. Die Druckknöpfe reagieren auf den leisesten Druck und auch im Anschlag kann leicht die Leuchtstärke verändert werden.
Die Lebensdauer einer Batterie beträgt durch die CET-Technologie bei normalem Jagdbetrieb mittlerweile mehrere Jahre. Bei Leuchtstufe 7 würde das Hunter über 5 Jahre ununterbrochen leuchten. Durch den beliebig großen Augenabstand kann auch mit rückstoßstarken Büchsen unverkrampft geschossen werden.
Beim schnellen Schuss auf bewegliche Ziele zeigt das Rotpunktvisier seine Stärken. Beide Augen auf, die Waffe anschlagen und den Punkt an die richtige Stelle bringen, geht leicht und vor allem schnell. Schafft es der Schütze dann noch, in der Bewegung ruckfrei abzuziehen, sitzt der Schuss genau da, wo der Zielpunkt vorher gesehen wurde. Das neue Hunter liefert ein brillantes, klares und scharfes Bild, und der rote Leuchtpunkt lässt sich so einstellen, dass er nicht überstrahlt und dabei kreisrund ist. Gerade bei billigen Leuchtpunktvisieren gibt es hier oft Probleme und der Zielpunkt erscheint eher als Ei und hat deutliche Strahlenhöfe.
Im praktischen Test
Der jagdliche Praxistest zeigte, dass sich der rote Zielpunkt auch bei Sonnenlicht und gleißendem Schnee so einstellen lässt, dass er nicht überstrahlt und stets gut sichtbar war. Mit einem Verkaufspreis von 699 € liegt das schwedische Produkt zwar auch preislich in der Oberklasse, doch verglichen mit einem variablen Drückjagdzielfernrohr aus europäischer Produktion, das locker doppelt bis dreifach so teuer ist, ist es geradezu preiswert.