Test: Blaser Primus 8 x 56

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Test: Blaser Primus 8 x 56

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Primus steht laut Duden für Erster – wählt man diesen Namen für ein Fernglas, obwohl man ganz neu im Optikgeschäft ist, will das was heißen – wir haben Blasers erstes Fernglas daher ganz genau unter die optische Lupe genommen und geprüft, ob der Name auch Programm ist. Von Norbert Klups.

Als Blaser auf der Jagd & Hund eigene Ferngläser vorstellte, wolle jeder wissen, woher diese Optiken stammen. Aus Isny kaum, die Fertigung optischer Geräte verlangt eine ganz andere Ausrichtung als die von Waffen.

Das Rätsel war schnell gelöst – produziert wird in Wetzlar bei German Sports Optics, GSO gehört wie Blaser zur L&O Firmengruppe. Optisches Know-how ist dort vorhanden – Bauteile und Material höchster Qualität gibts auf dem Weltmarkt.

Das große Problem ist eine Serienproduktion, die High-End-Optik in gleichbleibender Qualität liefert. Neben dem getesteten 8 x 56 umfasst die Serie noch ein 8 x 30, 8 x 42 und 10 x 42.

Klassisches Design in Blaser-Farben
Auf den ersten Blick wirkt das Primus konservativ designt, keine offene Hülsen­bücke, wie sie gerade in Mode ist, oder ein im Mitteltrieb integrierter Dioptrienausgleich. Der Mitteltrieb ist ziemlich weit zum Okularende hin platziert, wodurch sich eine gewisse Kopflastigkeit des 1.170 g schweren Fernglases ergibt.

Die griffige Gummiarmierung ist zweifarbig – neben dem schwarzen Mittelteil dominiert das typische Blaser-Braun, das man von Kunststoffschäften und Bekleidung kennt. Mitteltrieb und Diop­trieausgleich am rechten Okular sind gummiarmiert und haben ein griffiges Fischhautmuster.

Blaser Primus 8x56 mit gummiertem Mitteltrieb.
Das Blaser Primus 8x56 mit gummiertem Mitteltrieb in den klassischen Blaser-Farben.

 

Praktisch ist, dass sich die in vier Stufen sauberrastenden Augenmuscheln auch ganz abnehmen lassen. Das erleichtert die Reinigung. Die weich federnde Gummianlage bietet eine optimale Augenanlage. In die Unterseite des Körpers sind Daumenvertiefungen eingearbeitet.

Das Gehäuse ist aus Magnesium, eine Stickstofffüllung verhindert Innenbeschlag. Mit 133 m auf 1.000 m Sehfeld liegt das Primus auf dem Niveau der Referenzengläser, die wir zum Vergleich herangezogen haben (Zeiss 8 x 54 HT: 130 m, Swarovski SLC 8 x 56: 133 m).

Auch beim Dioptrieausgleich hat man mit einem Verstellbereich von +4 dpt bis -4 dpt gute Arbeit geleistet. Etwas verwunderlich bei einem ganz neu konstruierten Fernglas ist das Fehlen einer echten Innenfokussierung. Beim Wassertest zeigte es sich zwar dicht, aber bei einer Innenfokussierung ist es deutlich sicherer, dass dies auch lange so bleibt.

Blaser setzt ein phasenkorrigiertes Dach­kantprisma nach Abbe-König ein, das einen kürzeren Strahlenweg hat, dafür aber nicht so kompakt ist. Die äußeren Glasflächen haben eine Nanobeschichtung, die Blaser SLP nennt (Smart Lens Protection). Tropfen auf der Optik perlen einfach ab, was bei Regen für bessere Sicht sorgt.

Zudem lassen sich die Linsen durch die spezielle Beschichtung noch leichter und schneller reinigen. Solche Nano-Beschichtungen haben sich im Jagdalltag bestens bewährt, wer im High-End-Bereich mitspielen will, kommt darum nicht herum.

Innere Werte
Bevor das Primus ins Revier durfte, wurde es zunächst im Optik-Labor auf relevante Werte geprüft. So ist die korrekte Justierung wichtig – beide Fernglashälften müssen hochpräzise parallel ausgerichtet sein, sonst wird das Beobachten anstrengend und man bekommt Kopfschmerzen.

Dabei gabs nichts zu meckern, alles war hochpräzise justiert. Über die Auflösung kann man relativ einfach auf die Bildgüte eines optischen Systems schließen, sie wird in Winkelsekunden angegeben. Bei einer Auflösung von 4 könnte man auf 1.000 m zwei etwa 2 cm voneinander entfernte Punkte als Einzelobjekte wahrnehmen, bei 10 wären es zwei 5 cm voneinander entfernte Punkte. Das Primus kam auf 6,1 – ein sehr guter Wert.

Für den Einsatz bei schlechten Lichtbedingungen ist besonders die Transmission von Bedeutung, unterschieden am Tag und bei Nacht. Dabei ist derzeit das Zeiss HT 8 x 54 die Referenz (95,0 Prozent/Tag – 93,2/Nacht). Swarovskis SLC 8 x 56 liegt bei 91,9/Tag und 89,6/Nacht. Das Primus schiebt sich mit 93,0/Tag und 89,6 Prozent/Nacht dazwischen.

Das menschliche Auge kann Unterschiede von 2 oder 3 Prozent allerdings kaum wahrnehmen. Letztlich ist das optische Gesamtpaket ausschlaggebend – geht also hohe Transmission auf Kosten von Auflösung, Farbechtheit oder Randschärfe, nutzt sie wenig. Eine Nachtransmission, die an der 90 Prozent-Marke kratzt, wird heute allen Ansprüchen an ein gutes Fernglas für die Nachtjagd gerecht.

Blaser Primus 8x56
Die in vier Stufen sauberrastenden Augenmuscheln lassen sich vollständig abnehmen.

 

Im Revier
Mit den Referenzgläsern Zeiss HT 8 x 54 und Swarovski SLC 8 x 56 wurde das Primus zum Nachtansitz bei Halbmond geführt. Schwenkt man vom mond­beschienen Feld in den Waldschatten, zeigt sich das Zeiss HT trotz 2 mm weniger Objektivdurchmesser einen Tick heller, zwischen Blaser und Swarovski gab es keine Unterschiede.

Das Swarovski hat den besten Kontrast, was bei Betrachtung einer Birke deutlich wurde – die Abgrenzung der schwarzen und weißen Flächen war besser auszumachen. Das Blaser liegt auf Zeiss-Niveau, bei allerdings schlechterer Randschärfe. Im äußeren Drittel des Sehbereiches ist das gut feststellbar. Auch das SLC zeigte sich im Randbereich etwas überlegen.

Punkten kann das Blaser mit sehr schneller Bildaufnahme durch große Okulare und weiten Pupillenabstand – gerade im Dunkeln sehr angenehm. Es sind kaum Korrekturen erforderlich, um sofort ein klares, kreisrundes Bild zu bekommen. Bei Tageslicht sind in bestimmten Gegenlichtsituationen Farbsäume sichtbar, aber die halten sich in Grenzen und sind kaum störend.

Resümee: Das Primus überzeugt mit einem guten, sehr ausgewogenes optischen Gesamtpaket, genau zugeschnitten auf die Anforderungen der Jagdt. Aus dem Stand heraus in der optischen Oberliga mitzuspielen, ist eine beachtliche Leistung.

Primus unter den Nachtgläsern ist es aber (noch?) nicht, wie der Jagdpraxis-Vergleich mit den Top-Modellen von Zeiss und Swarovski zeigte, es kann in vielen Bereichen mithalten, ist aber in keinem besser.

Bleibt der Preis – Swarovski und Zeiss sind ja nicht gerade Billigheimer. Das Zeiss Victory HT kostet derzeit stolze 2.445 €, Swarovskis SLC ist mit 1.980 € deutlich günstiger. Blaser platziert sich mit 2.345 € (offizieller Preis) dazwischen.