Nachtsichttechnik für jedermann

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Nachtsichttechnik für jedermann

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Die Burris BTH 50 ist eine Wärmebildkamera mit 50mm-Objektiv - und nur eines von gleich drei Beobachtungs- und zwei Dual-Use-Geräten des zur Beretta-Gruppe gehörenden US-Herstellers.

Wir haben die BTH 50, also die mit dem 50 mm-Objektiv getestet. Die beiden anderen Handhelds unterscheiden sich nur durch den Objektivdurchmesser – 25 oder 35 mm. Größere Linsen ergeben eine bessere Reichweite, parallel dazu verringert sich aber das Sehfeld proportional zur Reichweite. Eine Wärmebildkamera (WBK) mit 50er-Objektiv ist eher für den Feldjäger, der sehen will, was sich weiter draußen in der Flur bewegt. Wer vornehm­lich im Wald jagt, kommt mit einem 25er besser aus, 35 mm sind ein guter Kompromiss.

Bekanntes Design

Wer sich mit Wärmebildkameras auskennt, wird beim Anblick der Burris WBK sofort an den großen chinesischen Hersteller Guide erinnert, auch die Sensor-Auflösung (400 x 300 Pixel) findet sich nur bei Guide. Andere Hersteller arbeiten mit krummen Zahlen – 384 x 288 oder 320 x 240. Weil die Produktion einer eigenen WBK sehr aufwändig wäre, wenden sich Jagdoptik-Hersteller dafür üblicherweise an Spezialisten, bauen also keine eigene Produktionslinie auf, für die der Absatz auf dem hiesigen Zivil­markt einfach nicht groß genug wäre.

Problemlose Bedienung: Die Dioptrienverstellung der BTH 50 (Foto: N.Klups)
Ein Einstellrädchen mit Knebel ermöglicht eine einfache genaue Dioptrienanpassung.

 

Der chinesische Hersteller Guide Infrared ist einer der Größten für Thermaltechnik weltweit und entwickelt sowohl Industrie-Wärmebildtechnik wie auch WBKs für Sicherheitskräfte und den Privatgebrauch. So stecken denn Guide-Bauteile auch in zahlreichen anderen WBKs. Das glatte Burris-Kunststoffgehäuse hat die bekannte, nach hinten zum Okular schlanker werdende Form, die angenehm in der Hand liegt, Querrillen auf der Unter­seite sorgen für Rutschfestigkeit, bei einem nicht gummi-armierten Gehäuse sicher nicht verkehrt. Fünf Bedienknöpfe liegen in Reihe geordnet auf der Oberseite, merkt man sich die Funktion, findet man auch im Dunkeln durch Abzählen leicht den richtigen Knopf. Die Knöpfe sind groß, erhaben und lassen sich auch mit dünnen Handschuhen noch gut erfühlen und bedienen. Der Power-Button ganz vorn zum Ein- und Ausschalten ist zudem noch orange – was natürlich nur bei Tageslicht weiterhilft. 

Mitgedacht

Sehr praxisgerecht für eine jagdlich eingesetzte WBK sind die völlig geräuschlosen Knöpfe beim Drücken. Das Gerät hat eine optische Grundvergrößerung von 3,3fach, digital lässt sich auf 4fach hochzoomen. Dieser Zoom funktioniert stufenlos – sehr angenehm. Hält man die Up-Taste gedrückt, zoomt das Gerät langsam hoch, beim Loslassen stoppt die Vergrößerung, mit der Down-Taste geht's umgekehrt. So kann man sehr schnell genau die Vergrößerung wählen, in der man noch Details erkennt, ohne dass es zu pixelig wird.

Große erhabene Knöpfe erleichtern die blinde Bedienung.
Große erhabene Knöpfe erleichtern die blinde Bedienung.

 

Die Einschaltzeit ist recht lang, wir stoppten satte 15 Sekunden vom Drücken des Power-Buttons bis zum sichtbaren Bild – auf alle Fälle zu lang, um erst einzuschalten, wenn man glaubt, da sei irgendwo was. Durch kurzes Drücken der Power-Taste wird die WBK aber in einen Standby-Modus versetzt und ist nach einem weiteren kurzen Druck sofort wieder da. In der Praxis empfiehlt es sich daher, nicht ganz abzuschalten, um spontan auf Geräusche oder Bewegungen reagieren zu können.

Der fest eingebaute, nicht wechselbare Akku bietet gute sechs Stunden Laufzeit, wenn man im Standby-Betrieb mit gelegentlichem Hochfahren alle 5-10 Minuten für einen Rundumblick und gelegentliches längeres Beobachten von Wild arbeitet. Wenn eine rote Leuchte vor dem schwächelnden Akku warnt, lässt sich zum Aufladen eine Powerbank anschliessen. Die kleine LED (grün im Standby-Modus, rot bei Akku-Warnung) ist beim Ansitz in dunklen Kanzeln sehr störend, lässt sich aber übers Menü abschalten – da hat jemand mitgedacht. Wie voll der Akkus ist, lässt sich ja auch über die Lade­anzeige im Display kontrollieren. Lädt man den Akku zuhause, sollte man die Anzeige aber wieder einschalten, um zu sehen, wann er voll ist.

Die BTH 50 kalibriert sich selbständig, allerdings leider mit recht lauten Klick-Geräu­schen. Das lässt sich im Menü aber auch auf manuell umstellen – im Jagdeinsatz zu empfehlen, denn sollte das Ding ausgerechnet in dem Moment losrasseln, in dem gerade Wild zur Kirrung kommt, kann das ärgerlich sein. Durch kurzes Drücken des Down-Buttons lässt sich der Farbmodus verstellen, es stehen fünf verschiedene Modi zur Verfügung (Black Hot, White Hot, Red Hot, Blue Hot und Eisen). 

Solide technische Ausstattung

Verbaut wurde ein VOX-Sensor mit einer Auflösung von 400 x 300 Pixeln bei einem Abstand von 17 μm und einer Bild­wiederholungsrate von 50 Hz. Die Bilddarstellung übernimmt ein LCDS-Display (Auflösung 1 280 x 960 Pixel). Das Sehfeld auf 100 m beträgt 13 x 10 m. Die Erfassungsreichweite gibt Burris mit 1 400 m an.

Bildschirmhelligkeit und Kontrast lassen sich im Menü auf eigene Bedürfnisse einstellen, sogar eine Bild-in-Bild-Funktion, bei der das Fensterbild die zweifache Vergrößerung des Hauptbildes hat, ist vorhanden. Mit an Bord sind zudem noch Aufnahme­funktionen für Video und Foto – einmal über den internen Speicher, aber auch als Livestream zu externen Geräten wie einem Smartphone. Über Wlan lässt sich mit der Burris Thermal-App die WBK mit dem Handy verbinden. Videos oder Bilder lassen sich darüber auch problemlos aufs Handy runterladen, die WBK kann auch über die App eingestellt werden.

Mit einem „Entfernungsmesser“ kann man die Distanz zum Ziel abschätzen, dazu sind drei verschiedene Vergleichsgrößen verfügbar – Kaninchen (35 cm), Sau (90 cm) und Hirsch (150 cm). Dazu bringt man sein Ziel durch Drücken der Auf/Ab-Taste zwischen zwei Linien, der Abstand wird automatisch berechnet und angezeigt. Durch Vergleich der Zielgröße mit den drei Referenztieren lässt sich die Entfernung zum Ziel grob berechnen – nette Spielerei, dauert aber in der Praxis sehr lang, da braucht man schon geduldige Ziele. 

Revier-Eindrücke

Mit 535 g Gewicht ist auch längeres Beobachten kein Problem, die Bildqua­lität der Burris ist ausgezeichnet. Rotwild ist auf 400 m zu identifizieren und auch nach Größe anzusprechen (Tier, Kalb, Hirsch), ist kein Problem, dabei spielt aber auch das Wetter eine Rolle – bei hoher Luftfeuchtigkeit wird das Bild schlechter. Doch Sauen im Feld ließen sich in kühler Nacht selbst noch auf 700 m als solche erkennen, bei leichtem Regen gehts noch bis etwa 150 m.

Auch kleine Wildarten lassen sich mit der BTH 50 gut ansprechen.
Auch kleine Wildarten lassen sich mit der BTH 50 gut ansprechen.

 

Der stufenlose Zoom ist sehr angenehm, wenns mal etwas näher ran soll, um Details besser zu erkennen. Wirds zu pixelig, kann man schnell wieder einen Tick runterzoomen. Die großen, erhabenen Knöpfe sind sehr gut bedienbar und vor allem lautlos. Die Anzeige-LED lässt sich abschalten. Zum Lieferumfang gehören ein Aufbewahrungsbeutel, Trageriemen, USB-Kabel und Bedienungsanleitung.

Resümee

Mit der BTH 50 liefert Burris ein grundsolides Gerät mit bewährter Technik. Die Bildqualität ist sehr gut, der Akku hält ausreichend lang, die Bedienung ist einfach und der stufenlose Zoom angenehm. Da es drei Modelle gibt, die sich nur durch den Objektivdurchmesser unterscheiden, findet man genau das Passende fürs eigene Revier. Das 50er (RWJ-Test) ist ideal für Feldreviere, das kleine 25er wird Waldjäger ansprechen und das 35er ist ein guter Kompromiss für gemischte Verhältnisse. Je kleiner der Objektivdurchmesser, desto günstiger wirds: Das getestete 50er kostet 2 149 €, das 35er 1 949 € und das 25er 1 739 € – ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für die gebotene Technik.

Norbert Klups