NRW-Spielregeln zur sicheren Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition
Die Nachweispflicht der sicheren Aufbewahrung besteht gem. § 36 Abs. 3 S. 1 WaffG im Sinne einer Bringschuld unabhängig von einem vorherigen behördlichen Verlangen. Der Nachweis ist spätestens mit Antrag auf Eintrag der Besitzerlaubnis in die Waffenbesitzkarte zu führen.
Gleichwohl hat in der Praxis eine behördliche Nachweisanforderung in den Fällen zu erfolgen, in denen der Behörde kein Nachweis vorliegt. Sofern es ausschließlich um die Aufbewahrung der Schlüssel zu einem Waffenschrank geht, soll eine Nachweisanforderung nur erfolgen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Aufbewahrung der Schlüssel vorliegen oder ein Antrag auf eine waffenrechtliche Erlaubnis gestellt wird. Vorrangig sind in Bezug auf die Nachweispflicht aussagefähige Kaufbelege zu verlangen, aus denen sich zwecks Plausibilitätsprüfung Kaufgegenstand sowie Kundenname und -adresse ergeben. Nachranging können auch aussagekräftige Lichtbilder (Übersichtsbild, angebrachte Zertifizierung, Waffenschrank/Tresor im geschlossenen/geöffneten Zustand, Wandung, Verriegelung und... Art/Zahl der aufzubewahrenden Gegenstände) erbracht werden. Ausschließlich eine Erklärung des Erlaubnisinhabers ohne weitere Nachweise genügt nicht, um den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Bei einem Umzug können sich Änderungen im Hinblick auf die Aufbewahrungssituation ergeben. Sollten die Waffenbehörden durch Vorlage einer Mitteilung des Einwohnermeldeamtes über einen Umzug informiert werden und durch den Erlaubnisinhaber keine Nachweise über die Aufbewahrung an der neuen Wohnanschrift erbracht werden, hat die zuständige Waffenbehörde ungeachtet der Bringschuld des Erlaubnisinhabers unverzüglich einen Nachweis im schriftlichen Verfahren anzufordern. Im Übrigen wird auf § 13 AWaffV hingewiesen.
Vor-Ort-Kontrollen
Besitzer erlaubnispflichtiger Schusswaffen oder Munition haben der Behörde bei Vor-Ort-Kontrollen zur Überprüfung der gesetzeskonformen Aufbewahrung Zutritt zu den Räumen zu gestatten, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden (§ 36 Abs. 3 S. 2 WaffG). Kontrollen bei in Betracht kommenden Erlaubnisinhabern ... sollen in der Regel ohne vorherige Ankündigung durchgeführt werden. Eigensicherungsaspekte sind zwingend zu beachten. Wohnräume dürfen nur mit Einverständnis des Inhabers oder zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit betreten werden (§ 36 Abs. 3 S. 3 WaffG). Zum Schutzbereich Wohnraum gehören neben Wohnungen im engeren Sinne auch dazugehörige Nebenräume (Keller, Dachböden), Wohnmobile und -wagen, nicht aber reine Kraftfahrzeuge. Eine Kontrolle zur Unzeit (21 bis 6 Uhr) ist grundsätzlich nicht gestattet.
Aufbewahrung von Schlüsseln
Nach der Rechtsprechung des OVG NRW (30.8.2023, AZ. 20 A 2384/20) bezieht sich die Pflicht zur sicheren Aufbewahrung von Waffen und Munition (§ 36 Abs. 1 WaffG) auch auf die Aufbewahrung von Schlüsseln zu einem Waffenschrank. Die Nachweispflicht aus § 36 Abs. 3 S. 1 WaffG bezieht sich demgemäß auch auf die Verwahrverhältnisse der Schlüssel. Sofern Schlüssel für Waffenschränke von Waffen und Munition in einem anderen Raum aufbewahrt werden als die Waffen und Munition selbst, ist das Betreten dieser Räume lediglich mit dem Einverständnis des Wohnungsinhabers oder zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit angezeigt (§ 36 Abs. 3 S. 3 WaffG). Bei einer etwaigen Vor-Ort-Kontrolle findet in Bezug auf Waffenschränke /Tresore mit Zahlenschloss keine Aufforderung zur Offenlegung der Zahlenkombination statt. Dies würde dem Diskretionsgedanken der Vergabe eines Zahlencodes widersprechen.
Ablauf und Dokumentation der Kontrollen
Im Hinblick auf die Kontrolle von Waffen ist zu beachten, dass nach dem Öffnen des Waffenschranks zunächst der Ladezustand der einzelnen Waffen durch die Waffenbehörde geprüft wird. Im Anschluss daran sind die Nummern der einzelnen Waffen durch die Behörde abzulesen und der gesamte Waffenbestand mit den Daten aus der Akte... bzw. dem NWR (Nationales Waffenregister) abzugleichen. Sofern dabei Unregelmäßigkeiten auffallen, die nicht unmittelbar plausibel geklärt werden können, ist diesen unmittelbar nachzugehen. Ergeben sich im Zuge der Aufbewahrungskontrolle der Waffen und Munition im Waffenschrank keine Anhaltspunkte für unsachgemäße Aufbewahrung, hat eine Überprüfung des Waffenschranks auf weitere dort gelagerte Sachen zu unterbleiben. Bei der Vor-Ort-Kontrolle darf der Waffenbesitzer auf eigenen Wunsch grundsätzlich einen Zeugen hinzuziehen. Die Vor-Ort-Kontrolle ist mit einem aussagekräftigen Vermerk ... und entsprechenden Lichtbildern zu dokumentieren. Daraus sollten der Ablauf und die vorgefundene Aufbewahrungssituation von Waffen, Munition und ggf. Schlüsseln eindeutig hervorgehen. Eine solche Dokumentation ist auch bei Kontrollen ohne Beanstandung erforderlich.
Sicherstellung von Schusswaffen und Munition
Die Waffenbehörden sind unter Beachtung der Voraussetzungen des § 46 Abs. 4 S. 1 und 2 WaffG berechtigt, sofortige Sicherstellungen von Waffen und Munition vorzunehmen. Wenn die Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, so dass Unberechtigte ohne Weiteres Zugang zu den Waffen erhalten können, rechtfertigen diese Tatsachen in der Regel die Annahme, dass Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet werden oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen (z. B. bei freiem Herumstehen von Waffen oder... frei zugänglicher Deponierung des Schlüssels zum Waffenschrank am Schlüsselbrett). In diesem Fall hat eine Sicherstellung gem. § 46 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, 3 WaffG zu erfolgen. Dies ist allerdings nicht schon der Fall, wenn etwa ein Tresor mit einem nicht ausreichenden Sicherheitsniveau verwendet wird. Darüber hinaus kann gem. § 46 Abs. 4 S. 2 WaffG die zuständige Behörde für die Dauer der Prüfung von Rücknahme oder Widerruf Erlaubnisurkunden sowie Waffen oder Munition für einen Zeitraum von sechs Monaten sofort vorläufig sicherstellen. Dies setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Erlaubnisinhaber nicht die erforderliche Zuverlässigkeit oder Eignung besitzt, und dass durch den weiteren Umgang mit Waffen oder Munition eine Gefährdung bedeutender Rechtsgüter droht. Die Unzuverlässigkeit allein reicht in der Regel jedoch nicht aus,
sondern es bedarf belastbarer Anhaltspunkte dafür, dass die weitere Belassung der Waffen und Munition beim Betroffenen zu konkreten Rechtsgutsgefährdungen führt. In Bezug auf Schusswaffen oder Munition, die Gegenstand einer Straftat sind, ist eine Sicherstellung durch Polizeivollzugsbeamte angezeigt. Über die Sicherstellung ist ein Protokoll zu führen.
Folgen verweigerter Mitwirkung
Wird die Verpflichtung, die sichere Aufbewahrung der Schusswaffen o. Munition nachzuweisen (Bringschuld) trotz behördlicher Nachweisanforderung nicht erfüllt, ist ein Widerrufsverfahren wegen absoluter Unzuverlässigkeit einzuleiten (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b WaffG i. V. m. § 45 Abs. 4 WaffG). Gleiches gilt, wenn bei einem Waffenschrank mit Schlüsselschloss die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Schlüssel trotz entsprechender Aufforderung im Einzelfall nicht nachgewiesen wird. Obwohl § 36 Abs. 3 S. 1 WaffG einen unaufgeforderten Nachweis der gesetzeskonformen Aufbewahrung von Waffen und Munition normiert, liegt eine Ordnungswidrigkeit (§ 53 Abs. 1 Nr. 4 Var. 7 WaffG) erst dann vor, wenn der Nachweis auf eine vollziehbare behördliche Anforderung hin unterbleibt. Die Einleitung eines Widerrufsverfahrens und die Ahndung aufgrund verweigerter Mitwirkung im Sinne des § 45 Abs. 4 WaffG können also erst nach Aufforderung der Behörde zur
Erbringung der Nachweise erfolgen. Wer als Waffenbesitzer bei einer verdachtsunabhängigen Kontrolle den Zutritt zum Aufbewahrungsort der Waffen oder Munition verweigert, muss wegen der zu respektierenden Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) zwar nicht mit einer Durchsuchung gegen seinen Willen rechnen. Wer aber wiederholt ohne stichhaltigen Grund seiner Zutrittsgewährungspflicht (§ 36 Abs. 3 S. 2 WaffG) nicht nachkommt o. die Befolgung dieser Pflicht womöglich schon beim ersten Mal generell ablehnt, gilt regelmäßig als unzuverlässig (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG) und schafft damit selbst die Voraussetzungen für den möglichen Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG. Ein stichhaltiger Grund für die Zutrittsverweigerung muss aus waffenbehördlicher Sicht lediglich plausibel sein und wird zumindest beim ersten Mal in der Regel nicht weiter überprüft.
Folgen unzureichender Aufbewahrung
Entspricht die Art und Weise der Aufbewahrung der Waffen, der Munition oder eines etwaig vorhandenen Schlüssels nicht den Anforderungen des § 36 WaffG i. V. m. § 13 AWaffV, ist ein Widerrufsverfahren einzuleiten, da in der Regel von fehlender Zuverlässigkeit auszugehen ist. Eine Nachbesserung oder Nachrüstung (etwa durch den Kauf eines neuen Waffenschranks/Tresors) ist nicht möglich.