Mehr Technik - mehr Ärger ...
Der letzte Versuch zur Novelle des Bundesjagdgesetzes scheiterte im Sommer 2021 – und mit ihm seit Jahrzehnten überfällige Änderungen bei der Jagdhaftpflichtversicherung (JHV). Dafür hat sich an anderer Stelle einiges getan – auch bei den Prämien. Nicht nur, wer zum 1. April 2024 einen neuen „Lappen” braucht, sollte dem folgenden Beitrag daher ein paar Minuten besondere Aufmerksamkeit widmen.
Die gültige Mindestdeckungssumme der Jagdhaftpflichtversicherung/JHV (500 000 € für Personen/50 000 € für Sachschäden) ist ein Relikt aus der Steinzeit des Versicherungsrechts. Die Novelle des Bundesjagdgesetzes sah 2021 im § 17 als neue Mindestdeckung 5 Mio. € vor – und scheiterte (aus ganz anderen Gründen). Auch wenn die bis heute gesetzlich gültige Uraltdeckung (ein gesetzgeberischer Skandal, was wir gebetsmühlenartig seit Jahrzehnten jeden Dezember beim Namen nennen!) niemand mehr als Tarif anbietet, gehen Experten davon aus, dass etwa bis zu jeder zehnte Jäger mit gedankenlos fortgeschriebenen Uraltverträgen Hunde und Waffen führt – tickende Zeitbomben für sich selbst und jeden Mitjäger!
Eigentlich sollte dies die gesetzlich vorgeschriebene Kontrolle des Jagdscheins bei Gesellschaftsjagden verhindern, aber woher sollte ein Jagdleiter wissen, zu welchen Konditionen (Deckungsumfang) seine Gäste jagdhaftpflichtversichert sind. Daher sollte man sich mit seiner Versicherung in Verbindung setzen und darum bitten, in den laufenden Vertrag hinein die Deckung auf mind. 5 Mio. €, besser noch 10 Mio. anzupassen – der Aufpreis dafür dürfte in der Regel kaum höher als 10 € pro Jahr sein – gut investiert!
Wie man kein Auto ohne entsprechende Police anmelden kann, wird auch kein Jagdschein ausgestellt, wenn der Versicherungsnachweis fehlt. Der Gesetzgeber hat Minimalkonditionen festgelegt, damit Geschädigte nicht auf Schmerzensgeld, Schadenersatz, Verdienstausfall, Berufsunfähigkeit u. v. m. sitzen bleiben, wenn der Verursacher dafür nicht aufkommen kann. Elementarer Bestandteil ist eine ausreichende Mindestdeckung, die zur Regulation zur Verfügung stehen muss – im Kfz-Bereich sind das für Personenschäden mindestens 7,5, üblicherweise aber 50 bis 100 Mio. €.
Bis auf die Festlegung einer Mindestdeckung lässt das Bundesjagdgesetz Versicherern völligen Freiraum. Eine interessante Rechtsauffassung gab es unlängst auf dem Deutschen Jagdrechtstag – demnach müsse jede JHV für Hundeschäden aufkommen! Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, wären alle Tarife mit Ausschluss von Hundeschäden zukünftig nicht mehr möglich.
Auch für Nicht-Hundehalter können sich aus Tarifen mit dem Ausschluss von Hundeschäden schnell fatale Konsequenzen ergeben – ein Beispiel: Ein Nicht-Hundehalter „leiht“ sich für eine Nachsuche die Bracke eines Jagdfreunds. Dieser weist ihn zwar darauf hin, den Hund ausschließlich am Riemen einzusetzen (also nicht zu schnallen) ... was aber dann doch passiert. Durch den unkontrolliert frei laufenden Hund kommt es zu einem Verkehrsunfall ... Die Jagdhaftpflichtversicherung des „Ersatz-Hundeführers“ schließt Schäden durch den Einsatz von Jagdhunden aus – und dieser hat angesichts dessen nun ein echtes Problem!
Fazit: Auch ohne eigenen Jagdhund sollte man keinen Tarif ohne Hundehaltung wählen. Dadurch bekennt man sich auch als Nicht-Hundeführer zur Solidargemeinschaft aller gemeinsam versicherten Jäger – und der Moment, in dem man die Hilfe eines vierbeinigen Helfers benötigt, kommt schneller, als man denkt ...
Alles wird teurer – die Jagdhaftpflicht auch
Bei der allgemeinen Entwicklung der Prämien für das nächste Jagdjahr gab es eine überraschende Tendenz: Die ansonsten derzeit in jedem Lebensumfeld deutliche Steigerung der Preise bleibt bei der JHV 2023 aus – noch: Stattdessen rufen einige Gesellschaften sogar marginal geringere Jahresprämien auf. Für das nächste Jagdjahr erwarten Experten der Szene spürbare Tarifanpassungen. Vor diesem Hintergrund ist man gut beraten, zum 1. April 2024 auf jeden Fall einen Dreijahresjagdschein zu lösen!
Tücken im Dschungel des Kleingedruckten
Bei einer sog. Forderungsausfalldeckung kommt meine eigene Versicherung für Ansprüche auf, die mir als Geschädigtem zustehen, wenn weder der Verursacher noch dessen Versicherung aufkommt. Solange niemand wissen kann, ob er Jagdfreunde an seiner Seite hat, die mit ihrer gedankenlos verlängerten Uraltdeckung eine echte Gefahrenquelle sind, ist die Forderungsausfalldeckung in der eigenen JHV die einzige Möglichkeit, seine Ansprüche im Schadensfall auch in voller Höhe erstattet zu bekommen! Deckungsumfang von Hundeschäden: Nach wie vor verursachen Hunde vier Fünftel aller gemeldeten Schäden (!) in der JHV – meist Bagatellschäden außerhalb der Jagd.
Hundeführer sollten klären, wie viele Hunde im Höchstfall mitversichert sind (meistens zwei, bis zu fünf). Ebenso wichtig ist die Frage, bis zu welchem Alter Welpen als mitversichert gelten (mind. 12, besser 24 Monate).
Als brauchbar gelten Jagdhunde mit entsprechender Prüfung, Ärger droht erst im Schadensfall. Gerade deshalb sollte man mit seinem Jagdhund eine Brauchbarkeitsprüfung (BP) oder eine andere anerkannte Prüfung ablegen. Im Versicherungsrecht gilt generell das Verschuldensprinzip: Trifft etwa bei einem Unfall mit einer Schusswaffe den Unglücksschützen gar keine Schuld (Abpraller), zahlt die Versicherung keinen €! Um sich (v. a. aber seine Mitjäger) davor zu schützen, sollte man in seiner Versicherungspolice auf den Verzicht des Einwands der Verschuldenshaftung bei Schusswaffengebrauch bestehen.
Generell sollte man keine Tarife mit Selbstbeteiligung abschließen!
Zusätzliche Risiken durch Nachtjagd-Technik
Im Verlauf der letzten Jahre hat sich die allgemeine Ausstattung eines Durchschnittsjägers erkennbar verändert – viele jagen mit Schalldämpfer, einige setzen teure Wärmebilddrohnen zur Kitzrettung ein – und insgesamt kaum noch jemand verzichtet auf den Einsatz von Nachtsicht- u. Wärmebildtechnik.
Nicht nur, um damit auch in der Dunkelheit schießen zu können (sog. Dual use-Geräte), sondern v. a. zur reinen Beobachtung bei schlechtem Licht, selbst bei Bewegungsjagden. Der Neuwert einer solchen Komplettausstattung liegt ganz schnell im fünfstelligen EuroBereich – von Drohnen mit WBK ganz zu schweigen, diese kosten allein oft schon so viel.
Allein durch die statistische Tatsache, dass (bezogen auf alle Jäger in ganz Deutschland) die Zahl der Nächte, in denen gejagt wird, durch den Einsatz von „Technik“ signifikant in die Höhe geschossen ist, steigt – ebenso rein statistisch – die Zahl von Jagdhaftpflichtschäden (sprich Unfällen).
Vor diesem Hintergrund erscheint die von manchen Versicherern vorgenommene (sehr moderate) Anpassung der Jahresprämien – im Vergleich zum Vorjahr – mehr als plausibel zu sein.
Marktbereinigung – noch ohne Folgen …
Parallel dazu zieht sich eine durchaus nennenswerte Gruppe altbekannter Versicherer aus der Jagdhaftpflicht zurück – dazu zählen u. a. HUK, Mannheimer, Itzehoer, Barmenia. Bestandskunden dieser Gesellschaften werden in diesen Wochen darüber informiert werden – v. a. mit dem Hinweis, von welcher Versicherung sie zukünftig (Einverständnis des Kunden vorausgesetzt !) weiter im Bereich der JHV betreut werden. Welche Konsequenzen diese deutlich erkennbare Marktbereinigung mittelfristig auch für die Prämien bedeuten wird, lässt sich im Dezember 2023 noch nicht absehen.
Auf eine durchgehende Preissteigerung, wie sie derzeit etwa im Bereich der KfzHaftpflichtversicherung zu beobachten ist (Steigerungen der Jahresprämien von über 10 Prozent sind da keine Ausnahme !), weist aber derzeit bei der JHV nichts hin.
Sonderfall Drohnen
Nahezu alle Versicherer haften über die Jagdhaftpflicht für Schäden durch den Einsatz von Drohnen (also nicht an Drohnen !) zur Kitzrettung. Dennoch werden solche Aktionen von Hegeringen/Kreisjägerschaften zusätzlich versichert, wenn sich Drohnen im Vereinsbesitz befinden. Wie schon beim sog. Drohnenführerschein spielt allerdings das Gewicht des Fluggerätes eine nicht zu vernachlässigende Rolle: Sollte die Drohne über 5 kg wiegen (mit bestimmter Technik durchaus denkbar), braucht man nicht nur eine besondere Fluglizenz, sondern auch die Jagdhaftpflicht wird bei Schäden aus dem Einsatz solch mittelschwerer Helikopter auf das Luftfahrthaftungsgesetz verweisen ... für das man ganz anders versichert sein muss. Ganz anders sieht die Lage rund um die künstlichen Monde aus – allein aus dem Einsatz von Nachtsicht- und Wärmebildtechnik ist es schwer vorstellbar, dritten gegenüber (!) einen Schaden zu verursachen – und nur für einen solchen würde meine eigene Jagdhaftpflicht geradestehen. Solche Schäden sind lediglich denkbar durch den Einsatz von Jagdwaffen, auf denen man diese Technik montiert – und dafür haftet die JHV ja sowieso (abgesehen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit).
Was man allerdings gerne versichert hätte, sind Schäden durch unsachgemäße Verwendung, Stürze, Diebstahl oder andere Verlust- und Beschädigungsursachen. Aber gerade solche Risiken kann eine JHV niemals abdecken.
Jägerkasko statt Versicherungsbetrug!
Allein schon angesichts der in der Regel mindestens vierstelligen Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturkosten soll es pfiffige Zeitgenossen geben (natürlich nicht unter Jägern in NRW !), die sich eine Art professionelle Anleitung zum organisierten Versicherungsbetrug ausgedacht haben – und die geht so:
Ich leihe dir meine Nachttechnik, die kommt dabei zu Schaden oder weg – und DAS zahlt dann deine Jagdhaftpflicht ...
Nicht nur vor solchem Versicherungsbetrug ist DRINGEND zu warnen!
Statt solche Straftaten auszuhecken (um nichts anderes würde es sich dabei handeln), ist man besser beraten, speziell für diese vergleichsweise neue und teure Technik eine Art fakultative Jägerkasko (also eine Ausrüstungsversicherung) abzuschließen – oder diese als Teil eines Premiumpakets zusätzlich zu einer Jagdhaftpflicht zu bekommen.
Ansonsten kann man sich natürlich generell so ziemlich „gegen alles“ versichern – nur zu welchem Preis, bleibt die Frage: Eine reine 08/15-Kasko zur Absicherung eines Wertes von 10 000 € wird schnell 200 bis
300 € im Jahr kosten – und damit das Mehrfache einer ausreichenden JHV!
Wichtiges Fazit: Schäden, Diebstahl, Verlust und Reparatur teurer Wärmebild und Nachtsichttechnik deckt meine eigene Jagdhaftpflicht nicht ab ! Nutzen Sie auch diesen RWJ-Vergleich zum Abschluss einer sinnvollen und dennoch preiswerten Jagdhaftpflichtversicherung!
Matthias Kruse