Test: SIG-Sauer Kilo 1 800 BDX
Bei herkömmlichen Zielfernrohren überträgt man ermittelte Distanzen per Hand auf eine ASV. Bei SIG Sauer werden Daten per Bluetooth übermittelt – und der Haltepunkt automatisch nachgeführt. Norbert Klups hat das preiswerte Feuerleitgerät getestet.
Zieloptiken, die Schussdistanz, Temperatur, Luftdruck und Schusswinkel selbstständig verarbeiten und das Absehen so positionieren, dass man das Ziel direkt anvisieren kann, liegt voll im Trend.
Auf große Distanz übers Ziel hinaus ins Blaue zu halten ist höchst unpräzise (damit nicht waidgerecht!), und die ermittelte Distanz von Hand einzustellen kostet Zeit, die man manchmal schlicht nicht hat.
Swarovskis DS meistert all diese Aufgaben mit Bravour – alles in einer Optik, man muss nur einen Knopf drücken. Doch dafür wiegt das DS auch über 1 kg und so ein technisches Wunderwerk made in Austria kostet stolze 4.200 € – für viele Jäger zu schwer oder zu teuer.
SIG Sauer geht einen anderen Weg und trennt Entfernungsmesser und Zielfernrohr. Der Kilo 1800 BDX misst Distanz, den Winkel und atmosphärische Bedingungen, verarbeitet die Daten unter Berücksichtigung der eingegebenen ballistischen Daten der verwendeten Laborierung und überträgt die daraus errechnete Haltepunktkorrektur über Bluetooth ans Zielfernrohr. Dort wandert der Leuchtpunkt wie von Zauberhand im Absehen und man hält einfach Fleck!
Die Programmierung des Entfernungsmessers erfolgt über eine App, nach Einrichtung wird das Handy nur noch bei Änderungen benötigt. Dieses System bietet Vorteile – einmal behält das Zielfernrohr normale Abmessungen, dazu lassen sich mehrere BDX-Zielfernrohre mit einem Entfernungsmesser bedienen, davon gibts derzeit bei uns das 4,5 - 14 x 50 (849 €) und 6,5 - 20 x 52 (999 €).
Der Laser-Entfernungsmesser Kilo 1800 BDX 6 x 22 kostet 535 €, Komplettpakete (ZFR + Kilo) werden mit dem kleineren ZFR für 1.319 € und dem großen für 1.379 € angebo-
ten. Preislich ist diese Lösung sehr attraktiv, auch wenn die Optiken natürlich aus Fernost stammen, also nicht aus Wetzlar oder Absam. Auch in den USA kann man zu diesen Preisen nicht produzieren.
Der handliche Laser-Entfernungsmesser ist etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel und wiegt mit Batterie ganze 220 g. Das Magnesiumgehäuse ist wasserdicht, die Augenmuschel lässt sich für Brillenträger eindrehen.
Das Display überwacht fortlaufend die Lichtbedingungen und passt die Anzeigehelligkeit an. Bei optimalen Bedingungen können Distanzen bis 1.800 m gemessen werden, in der Praxis ließen sich Autos oder Bäume bis etwa 950 und Schalenwild bis etwa 750 m anmessen.
Beeindruckend ist die Schnelligkeit des Scan-Modus (vier Messungen pro Sekunde). Der Ballistikrechner berücksichtigt den Neigungswinkel beim Messen der Distanz und gibt die korrekte ballistische Entfernung an.
Die Anzeige im Display lässt sich wahlweise auf Yards oder Meter einstellen. Alle Einstellungen erfolgen über den seitlichen Mode-Knopf, der durch die Menüs führt. Beim Einsatz im Feld wird nur noch der oben liegende Scan-Knopf benötigt.
Der erste Druck schaltet den Entfernungsmesser ein und macht die rote Zielmarke sichtbar, der zweite löst die Messung aus. Zur Zielerkennung kann man zwischen Best- und Last-Target-Modus wählen, im Letzteren werden nahe Reflexionen des Laserstrahls ignoriert, etwa bei Messungen aus der Deckung.
Im Display wird auch der Batteriestatus angezeigt – für ein Bluetooth-Gerät mit entsprechendem Stromverbrauch nicht ganz unwichtig.
In der Praxis
Jagdpraxis stand zum Test das Sierra 3 BDX 6,5 - 20 x 52 zur Verfügung, das Zielfernrohr ist mit 36 cm und 737 g ziemlich kompakt. 52 mm Objektivdurchmesser sorgen für ausreichende Lichtstärke in der Dämmerung, die optischen Daten bewegen sich im üblichen Rahmen für Mittelklasse-Zielfernrohre.
Der Regler für das Leuchtabsehen liegt links am Rohr in einem Turm mit der Parallax-Verstellung. Der Leuchtpunkt lässt sich in 10 Stufen dimmen. Der Vergrößerungsring deckt den gesamten Bereich über eine halbe Umdrehung ab, ist griffig geriffelt und läßt sich auch mit Handschuhen gut bedienen.
Wir montierten das Zielfernrohr auf eine Sauer 100 in .308 Win., sie wurde zunächst auf 100 m präzise Fleck eingeschossen, was mit der feinen Verstellung (je Klick 7 mm) kein Problem war.
Anschließend wurde die Handy App aufs Smartphone geladen – kostenlos im App Store oder bei Google Play. Darin sind ballistische Kurven vieler Laborierungen hinterlegt, man muss nur eine passende raussuchen und anklicken.
Das ist zunächst zwar etwas grob, da die tatsächliche Mündungsgeschwindigkeit der Waffe nicht berücksichtigt wird, aber die lässt sich einfach ändern und anpassen. Ist sie bekannt, gibt man sie ein, sonst kann man die Treffpunktlage auf 200 und 300 m so lange über die Änderung der Geschwindigkeit korrigieren, bis es passt.
Am Zielfernrohr selbst wird nichts mehr geändert, es bleibt auf 100 m Fleckschuss justiert. Sind die Daten eingegeben, werden Entfernungsmesser und Zielfernrohr verbunden. Dazu wird am Zielfernrohr das Leuchtabsehen eingeschaltet, worauf auch die blaue Bluetooth LED im Vergrößerungswechsler leuchtet.
Der Entfernungsmesser sucht nun nach Bluetooth-Verbindungen und zeigt im Display die Seriennummer des Zielfernrohrs an, die man anwählt und speichert. Danach sind die beiden Geräte verbunden, wenn Zielfernrohr und Entfernungsmesser eingeschaltet sind, steht automatisch die Bluetooth-Verbindung.
Wird jetzt eine Entfernungsmessung durchgeführt, übermittelt das Gerät die errechneten Daten unverzüglich ans Zielfernrohr – und der rote Zielpunkt platziert sich für die jeweilige Distanz auf Fleckschuss.
Dass sich etwas verändert hat, erkennt man, indem sich die rote Zielmarke einmal schnell von oben nach unten bewegt, um dann den neu errechneten Platz einzunehmen.
Das sieht man natürlich nur, wenn man einem Begleiter die Messung überlässt und selbst durchs Zielfernrohr blickt – zu zweit die beste und v. a. schnellste Variante mit dem BDX-System.
Der Schütze bleibt auf dem Ziel und der Begleiter misst ständig die Distanz, bis das Stück passend steht. Das Zielfernrohr ist so immer auf die korrekte Entfernung eingestellt.
Zum Wind lässt sich über die App eine Marke setzen – gibt man etwa eine Windgeschwindigkeit von 3 m/Sek. ein, erscheinen links und rechts neben dem roten Zielpunkt zwei rote Windmarken, die entsprechend der Distanz mitwandern und sich passend positionieren – nicht sehr genau, aber eine Hilfe.
Technisch funktioniert das BDX-System einwandfrei – unsere Testschüsse auf 100, 200 und 300 m lagen alle im Mittelpunkt der Scheibe. Auch im Revier wurde die Höhenkorrektur präzise vorgenommen.
Optisch ist das Sierra 3-Zielfernrohr auf gute Lichtverhältnisse ausgelegt. Sein Bild ist scharf und kontrastreich, wobei sich bei hoher Vergrößerung eine leichte Randunschärfe einstellt.
In der Dämmerung muss man die Vergrößerung schnell zurückdrehen, um noch brauchbare Bilder zu erhalten. Der Leuchtpunkt ist auch bei geringster Stärke viel zu hell, bei schlechtem Licht überstrahlt er heftig.
Resümee
SIG Sauers BDX-System ist ein preiswerter Einstieg in die Welt der High-Tech-Zieloptik. Mit einem Knopfdruck auf den Entfernungsmesser stellt sich das Absehen auf die gemessene Distanz ein. Das Zielfernrohr ist erfreulich leicht, was es besonders für die Berg- und Auslandsjagd interessant macht.
Die geringe Dämmerungsleistung muss man bei diesem Preis in Kauf nehmen und sie sollte bei einer Zieloptik speziell für Weitschüsse weniger stören. Entfernungsmesser und Zielfernrohr zu trennen hat Vor- und Nachteile – das ZFR wird leichter, kompakter und preiswerter, dafür ist dieses System schnell. Aber nur zu zweit.