Test: Schmidt & Bender Polar T 96

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Test: Schmidt & Bender Polar T 96

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Schmidt & Bender hat bei der Polar-T 96-Serie Zielfernrohre entwickelt, die speziell auf eine besonders hohe Transmission ausgelegt sind. Wir haben sie getestet. Von Norbert Klups.

Zur Jagd bei schlechten Lichtverhältnissen braucht man Zielfernrohre mit möglichst hoher Transmissionsleistung – wer dann Sauen auch bei bedecktem Himmel noch sauber treffen will, braucht ein helles, klares Zielbild. Ein gutes Zielfernrohr ist in der Regel mit einem ausgewogenen optischen Gesamtpaket ausgestattet, um wichtige Bereiche wie Auflösung, Kontrast, Randschärfe und Transmission gut abzudecken.

Top-Marken kommen damit auf Transmissionsleistungen von etwas über 90 Prozent – bezogen auf die Nachttransmission, Tagwerte reichen bis 95 Prozent. Das T 96 im Modellnamen der Polar-Serie soll auf eine Transmissions­leistung von 96 Prozent hinweisen – eine Hausnummer, die bei vielen Experten zunächst ungläubiges Kopfschütteln auslöst.

Wir haben das Glas genau unter die Lupe genommen und die Werte im optischen Labor messen lassen. Als Testglas stand das 2,5 – 10 x 50 zur Verfügung, zu der Reihe zählen noch ein 4 – 12 x 54 und ein 4 – 16 x 56.

Der Mittelrohrdurchmesser der T 96-Zielfernrohre beträgt 34, also nicht wie sonst üblich 30 mm. Das Gewicht der getesteten Ausführung ohne Schiene lag bei angenehmen 640 g.

Die Absehenverstellung verstellt die Treffpunktlage mit jedem Klick wie üblich um 1 cm auf 100 m. Auch das Polar hat die bekannte Posicon-Anzeige im Verstellbereich. Durch das 34 mm-Mittel­rohr wird ein imposanter Höhenverstellbereich von 380 cm erreicht.

Schmidt & Bender Polar T 96
Das Polar hat Schmidt & Benders bekannte Absehenverstellung mit ­Posicon-Anzeige.

 

Der Dioptrienausgleich am Ende des Okulars reicht von +2 bis –3 dpt, der Rand ist mit Gummi abgepolstert. Das Polar braucht etwas mehr als eine halbe Umdrehung, um von der kleinsten auf die höchste Vergrößerungsstufe zu gelangen. Der Wechsler fällt flach, aber sehr breit aus und bietet dank tiefer Lang­rillen guten Halt. Der Ring läuft weich und geschmeidig und lässt sich sehr angenehm im Anschlag bedienen.

Das Sehfeld beträgt 3,75 m auf 100 m bei höchster und 15 m bei 2,5-facher Vergrößerung. Der Turm des Leuchtabsehens links am Rohr verfügt über 11 Leuchtstufen. In den Zwischenstufen wird die Beleuchtung jeweils ausgeschaltet. Wahlweise kann das Absehen D 7 (Leuchtpunkt) oder L 7 (Leuchtkreuz) geordert werden. Der Leuchtpunkt wird nach sechs Stunden automatisch abgeschaltet.

Schmidt & Bender Polar T 96
Der schlanke Zoomring mit griffigen Längseinfräsungen.

 

Wahlweise ist das Glas mit Absehen in der ersten oder zweiten Bildebene zu haben. Beim RWJ-Testglas lag das Absehen in der zweiten Bildebene, vergrößert sich also beim Hochzoomen nicht mit.

Der Augenabstand beträgt 90 mm. Das Polar kam zum Test mit einer MAK-Montage auf eine Blaser R 8. Das Einschießen war mit der genau arbeitenden Absehenverstellung schnell erledigt.

Im Revier zeigte sich das Polar von seiner besten Seite, was bei einem hochpreisigen Markenzielfernrohr eines deutschen Herstellers auch nicht anders zu erwarten war. Im Vergleich zum Zeiss HT 2,5 – 10 x 50 wirkte das Polar subjektiv nicht deutlich heller, Swarovskis Z6i 2 – 12 x 50 war dagegen etwas dunkler (alle Gläser mit 10-facher Vergrößerung).

Das menschliche Auge ist aber keine optische Messeinrichtung, jeder Nutzer bewertet Jagdoptiken etwas anders. Daher waren wir auf die Messdaten aus dem Optiklabor gespannt.

Im Optiklabor
Neben der Transmission ist auch die Auflösung interessant, darunter versteht man das Vermögen, dicht nebeneinander liegende Punkte noch deutlich trennbar abzubilden – ein wichtiges Kriterium für die Qualität einer Optik.

Die Auflösung wird in Winkelsekunden angegeben, bei einer gemessenen Auflösung von 4 wäre man beim Blick durch die Optik in der Lage, auf 1.000 m zwei etwa 2 cm voneinander entfernte Punkte noch einzeln wahrzunehmen. Bei einer Auflösung von 10 wären das zwei 5 cm voneinander entfernte Punkte auf 1.000 m.

Ein Auflösungsvermögen von weniger als 6 Winkelsekunden ist nach DIN ISO 14135-1 und 14135-2 nötig, um die Anforderung an Hochleistungszielfernrohre zu erfüllen. Bei der Maximalvergrößerung von 10-fach kommt das Polar auf beeindruckende 3,3 Winkelsekunden – ganz hervorragend.

Bei der Ausgangsvergrößerung 2,5-fach sieht’s mit 6,6 Winkelsekunden deutlich schlechter aus – kein großes Problem, denn Jagdzielfernrohre zum Ansitz nutzt man in der Regel nur mit höherem Vergrößerungsbereich. Für gelegentliche Drückjagdeinsätze spielt die schlechtere Auflösung bei niedriger Vergrößerung kaum eine Rolle. Das zeigt aber, dass man sich auch Nachteile einhandelt, wenn eine Optik auf einen bestimmten Bereich maximiert wird. Auch in puncto Randschärfe war das Polar gegenüber dem Zeiss HT leicht im Nachteil.

Bei der Ziellinien-Abweichung kann man Schmidt & Bender erstklassige Arbeit bescheinigen – 1 cm von ein- nach vierfach ist ein sehr guter Wert, weniger als 2 cm dürften schon allein durch die Waffen­präzision kaum bemerkbar sein. Gespannt waren wir auf die Transmissionswerte, der Paradedisziplin des Polar. Gemessen haben wir nach ISO 14490-5 über eine Wellenlänge von 380 – 780 nm. Der Mittelwert der Messungen liegt bei 94,8 Prozent Tag- und 93,0 Prozent Nachttransmission – hervorragend, aber nicht die versprochenen 96 …

Die finden sich aber, wenn man sich die Wellenlängen-Tabelle genauer ansieht – zwischen 540 und 625 nm kommt das Polar auf eine Transmission von über 95 Prozent. Bezieht man die allgemeine Messunsicherheit von 0,5 Prozent mit ein, wird der in der Werbung versprochene Transmissionswert von 96 Prozent tatsächlich erreicht – wenn auch nicht nach der einschlägigen ISO-Norm, sondern nur in einem bestimmten Wellenlängenbereich.

Schmidt & Bender Polar T 96
Die Leuchteinheit ist als dritter Turm links am Mittelrohr angebracht.

 

Resümee: Schmidt & Benders Polar T 96 ist ein lichtstarkes Ansitzglas und bietet zurzeit wohl die höchste Transmissions­leistung bei Jagdzielfernrohren, auch wenn der Abstand zum Zeiss HT in der Praxis kaum sichtbar ist.

Interessant ist aber der Preis – das Polar wird für 2.109 € angeboten, während ein Zeiss HT 2,5 – 10 x 50 mit 2.350 € deutlich teurer ist. Zumindest beim Preis hat Schmidt & Bender damit die Nase vorn.

Wer vor der Kaufentscheidung steht, sollte möglichst mehrere Optiken in der Praxis miteinander vergleichen. Mess­ergebnisse sind eine Sache, wie das eigene Auge das vorgeschaltete Optikpaket umsetzt, ist aber sehr individuell.