Einen Schritt weiter - die InfiRay ZH50
Wärmebildkameras gabs bisher nur mit fester Vergrößerung, man musste sich zwischen besserer Detailerkennbarkeit oder größerem Sehfeld entscheiden. Mit der gängigen Vergrößerung wird lediglich digital gezoomt – und dabei die Bildqualität extrem verschlechtert. Jetzt bringt InfiRay die erste Wärmebildkamera mit optischem Zoom, wir haben die ZH 50 getestet.
Neben der ZH 50 gibt es noch eine ZH 38. Eine ZH 25, die die Serie nach unten abrundet, ist angekündigt. Die Modelle unterscheiden sich in der Größe der Objektivlinse – und im Preis. Bei der 38 wechselt das Zoom von 19 auf 38 mm, bei unserem Testmodell von 25 auf 50 mm. Die optische Vergrößerung ist damit bei der CH 38 1,6 oder 3,2-fach und bei der CH 50 2,2 oder 4,4-fach.
Entweder heißt, dass man nicht stufenlos hoch oder runterzoomen kann, sondern zwei feste Vergrößerungen zur Wahl hat. Der Wechsel geschieht durch Drehen am Objektiv. Daran wird auch die Schärfe eingestellt, dreht man einfach weiter, ändert sich die Vergrößerung – nach rechts auf die höhere, nach links auf die kleinere Stufe. Funktioniert ganz gut, wenn auch nicht grad sehr bequem, weil man das Bild immer wieder völlig neu scharfstellen muss. Das kostet Zeit – mal eben näher rangehen, um mehr Details zu sehen und wieder zurück für den Überblick ist langwierig.
Die Bildqualität ist gut, auch wenn nicht so knackscharf wie bei einer Pulsar Accolade oder Leica Calonox, die wir für einen Vergleich hinzuzogen.
Technisch ist die ZH 50 auf dem neuesten Stand, ihr Vox-Sensor hat eine Auflösung von 640 x 512 (Pitch 12 µm, Bildwiederholungsrate 50 HZ). Das Amoled-Dis-
play hat eine Auflösung von 1 440 x 1 080 Pixel. Die Sensor-Sensitivität gibt InfiRay mit < 25 mk an, was Spitzenklasse ist und für eine Erkennungsdistanz von 2 596 m sorgt. Das Sehfeld liegt je nach Vergrößerung bei 15,2 oder 30,6 m.
Durch das beidseitig gleiche Design und die oben liegenden, in Reihe angeordneten, Bedientasten ist die ZH 50 mit beiden Händen gleichermaßen gut bedienbar – bei der Jagd ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn oft hält man eine Wärmebildkamera auf dem Hochsitz mit links, um das rechte Auge zu schonen, falls durchs Zielfernrohr geschaut werden muss. Die Handschlaufe ist allerdings rechts angebracht und lässt sich auch nicht umsetzen, da auf der anderen Seite Halterungen fehlen. Die Bedienknöpfe sind groß und erhaben und lassen sich auch mit dünnen Handschuhen gut erfühlen und bedienen.
Ein Digital-Zoom (2x/4x) ist vorhanden. Sehr angenehm ist die Dioptrienverstellung am Okular (+5 bis -5 dpt).
Der Okularrand ist weich gepolstert, lässt sich aber nicht umstülpen, Brillenträger haben daher ein etwas eingeschränktes Sehfeld.
Die Einschaltzeit, bis die Kamera vollständig hochfährt, ist mit satten 10 Sekunden recht lang. Nach kurzem Druck auf die Power-Taste wird die WBK in den Stand-by-Modus versetzt und ist nach einem weiteren kurzen Drücken sofort wieder an. In der Praxis empfiehlt es sich daher, nicht ganz abzuschalten, um
sofort auf Geräusche oder Bewegungen reagieren zu können.
Der Akku ist wechselbar, ein Reserve-Akku wird mitgeliefert. Wir haben im RWJ-Test gute neun Stunden Laufzeit (Stand-By-Betrieb mit gelegentlichem Hochfahren, alle 5–10 Minuten für einen Rundumblick und gelegentliches längeres Beobachten) gemessen. Die Außentemperatur betrug dabei 8 ºC plus.
Es stehen fünf verschiedene Farbmodi zur Verfügung, mit an Bord sind zudem Aufnahmefunktionen für Video und Foto – auf einen internen 32 GB-Speicher oder als Livestream zu externen Geräten wie einem Smartphone. Über die WLAN-Funktion lässt sich die WBK per App mit dem Handy verbinden, Videos oder Bilder lassen sich so auch problemlos aufs Handy laden. Dazu verfügt das Gerät über einen Höhenmesser, einen digitalen Kompass und einen Schwerkraft-Sensor zur Messung des Neigungswinkels.
Reviereindrücke
Mit 19 x 6,5 x 6 cm und 650 g ist die ZH 50 recht groß und nicht gerade leicht, dafür liegt sie aber sehr ruhig in der Hand. Rotwild selbst noch auf 350 m zu identifizieren und nach Größe anzusprechen (Tier, Kalb, Hirsch) war kein Problem. Mit der höheren Vergrößerung sind auch Details sehr gut erkennbar, Sauen im Feld ließen sich noch auf 700 m als solche erkennen. Selbst bei leichtem Regen war Wild bis auf 150 m noch problemlos auszumachen.
Praktisch ist die Bild-in-Bild-Funktion – dabei wird ein schwebendes Fenster eingeblendet, das einen Bereich aus dem Zentrum des Hauptbilds zweifach digital vergrößert.
Resümee: Zwischen zwei echten optischen Vergrößerungen wählen zu können, hat Vorteile. Die Umsetzung über das Drehen des Objektivs und die Notwendigkeit, die Schärfe immer wieder neu zu justieren, ist aber etwas umständlich, daran muss man sich gewöhnen. Wer damit klarkommt, findet in der ZH 50 ein sehr gut ausgestattetes Gerät mit hoher Leistung und langer Akku-Laufzeit, dafür ruft InfiRay auch stolze 3 349 € auf.
Norbert Klups