UNsere NAtur – gemeinsam für mehr Artenvielfalt im Kreis Unna

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UNsere NAtur – gemeinsam für mehr Artenvielfalt im Kreis Unna

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Mit einer Crowdfunding-Aktion startet die Kreisjägerschaft Unna das große Naturschutzprojekt „UNsere NAtur“. Dafür müssen bis zum 10. Juli mindestens 7 500 € zusammenkommen. Jede Spende erhöht die Volksbank Unna zusätzlich mit max. 10 €, damit das Projekt so finanziell gestärkt an den Start gehen kann.

Das Projekt „Rückgang der Offenlandarten“
Die Feldlerche verstummt, das Rebhuhn wird zur Rarität – in der offenen Kulturlandschaft rund um den Kreis Unna ist die biologische Vielfalt in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen. Doch nun setzen Jäger, Jägerinnen und Landwirte gemeinsam ein Zeichen: Mit dem Projekt UNsere NAtur wollen sie dem Artensterben nicht länger tatenlos zusehen, sondern gemeinsam handeln. Der dramatische Rückgang typischer Offenlandarten wie Rebhuhn, Kiebitz, Feldlerche, Goldammer, Wiesenschafstelze sowie Niederwildarten wie Fasan und Feldhase ist erschreckend: Allein in Nordrhein-Westfalen ging der Bestand des Rebhuhns in den letzten 40 Jahren um über 90 % zurück. Ähnliche Entwicklungen zeigen sich bei der Feldlerche, deren Vorkommen sich vielerorts halbierte. Laut zahlreicher wissenschaftlicher Studien gelten viele Offenlandarten inzwischen als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Diese dramatische Entwicklung verdeutlicht, dass freiwilliger, praxisnaher und lokaler Naturschutz unverzichtbar geworden ist.

Probleme beim Naturschutz
Der Wille, dies zu ändern ist da, aber Landwirte haben häufig den Ruf, dass Naturschutzmaßnahmen bei und mit ihnen  schwierig durchzusetzen seien. Grund dafür ist nicht mangelndes Interesse, sondern EU- und deutschlandweite Vorgaben, deren bürokratischer Wirrwarr für die Landwirte massiven Aufwand und Mehrbelastung bedeutet. Zusätzlich drohen bei fehlerhafter Umsetzung der Vorgaben saftige Strafen – da wählen viele Landwirte lieber sichere Maßnahmen – auch wenn diese für unsere heimische Tierwelt nicht den größtmöglichen Nutzen bringen.

Projekt „UNsere NAtur“
An dieser Stelle setzt das Projekt UNsere NAtur an: Es verbindet Naturschutz mit landwirtschaftlicher Praxis und jagdlichem Sachverstand. Statt theoretischer Konzepte stehen konkrete Maßnahmen im Mittelpunkt – realisierbar, förderfähig und auf die Betriebe vor Ort zugeschnitten. Ziel ist es, strukturreiche Lebensräume für Rebhuhn, Feldhase, Kiebitz und Co. zu schaffen – ohne dabei die Wirtschaftlichkeit aus dem Blick zu verlieren. Initiiert durch die KJS Unna mit der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft richtet sich das Projekt gezielt an aktive Revierinhaber, -pächter und Landnutzer. Diese können durch ihre direkte Flächennähe und ihre Kenntnis über lokale Gegebenheiten einen entscheidenden Beitrag leisten.

Beratung der Landwirte
Zentraler Bestandteil des Projekts ist die individuelle und kostenfreie Beratung teilnehmender Landwirte durch die Stiftung Westfälische Kulturlandschaft. Interessierte können sich unkompliziert melden und erhalten eine gezielte Vor-Ort-Begehung. Dabei wird gemeinsam ermittelt, welche Maßnahmen sinnvoll und realisierbar sind. Gleichzeitig wird geprüft, welche Fördermöglichkeiten bestehen und wie sich diese kombinieren lassen. So entstehen betriebsspezifische, realistische Konzepte mit hoher naturschutzfachlicher Wirksamkeit. Großer Vorteil – mitunter aufwendige administrative Anforderungen für Landwirte werden durch die passgenaue Begleitung erheblich reduziert. Hendrik Specht von der Stiftung bringt es auf den Punkt: „Die Förderung ist da – aber viele Landwirte scheuen den Papierkram. Mit uns als Partner fällt diese Hürde endlich weg.“ Die Stiftung kümmert sich gezielt um die Förderlogik – und ermöglicht so nicht nur eine maximale Förderung, sondern auch die Sicherheit, dass EU-Vorgaben eingehalten werden. Fehlerhafte Umsetzungen (drohende Rückforderungen oder Kürzungen) entfallen. Landwirte können sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, während gleichzeitig ökologisch und formal die bestmögliche Lösung umgesetzt wird – und nicht nur die einfachste oder schnellste.

Vorbild Warendorf
Die praktische Umsetzung orientiert sich am erfolgreichen W Land-Modell im Kreis Warendorf, wo seit 2020 bereits über 160 ha strukturreicher Lebensraum geschaffen werden konnten. Allein 2023 wurden dort mit über 40 aktiven Betrieben und 25 beteiligten Jagdrevieren rund 70 ha neue Maßnahmen umgesetzt! Besonders sog. Strukturbrücken (Blühstreifen in Getreidefeldern) erwiesen sich als besonders wirkungsvoll. Dieses Erfolgsmodell zeigt, wie freiwillige Kooperationen von Landnutzung und Jagd nachhaltige Wirkung entfalten können.

Schutz der offenen Kulturlandschaft
In der öffentlichen Wahrnehmung reduziert man Naturschutz oft auf das Pflanzen von Bäumen, doch für viele Offenlandarten sind Hecken, Feldraine, Brachen und artenreiche Ackerflächen entscheidend – also nicht geschlossene Gehölz-Strukturen. Zudem führt der Entzug bewirtschaftbarer Fläche durch Aufforstung gerade bei kleinen Betrieben zu existenziellen Herausforderungen. Das Projekt UNsere NAtur setzt daher bewusst auf maßgeschneiderte Maßnahmen, die ökologisch wirksam sind und gleichzeitig die wirtschaftliche Tragfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe sichern. Wie Johannes Laurenz (Vorsitzender KJS Unna) treffend formuliert: „Naturschutz ist mehr als Bäume pflanzen!“ Das Projekt zeigt, wie eine praxisnahe Umsetzung durch Kooperation von Jagd und Landwirtschaft funktioniert – auf Augenhöhe, mit Sachverstand und im Dialog mit den Menschen vor Ort.

Beratung und Prädatoren-Management
Eine besondere Rolle kommt dabei Jägern zu. Sie kennen ihre Reviere und wissen, an welchen Standorten Bodenbrüter und Co. Unterstützung brauchen. Aber neben der Beratung von Landwirten vor Ort sorgen Jäger auch für die gezielte Bejagung von Prädatoren. Der hohe Druck durch Beutegreifer wie Fuchs, Waschbär und Marderhund gefährdet besonders Bodenbrüter und Jungtiere stark. Deshalb wird innerhalb des Projekts ein revierbezogenes Prädatoren-Management etabliert, das sich an den jagdrechtlichen und ökologischen Gegebenheiten orientiert. Jeder Jäger im Kreis Unna ist aufgerufen, aktiv auf Landwirte im Revier zuzugehen, über das Projekt zu informieren und konkret zu beraten.

Starke Partner unterstützen
Die Kreisjägerschaft konnte für das Projekt neben der Stiftung weitere starke Verbündete gewinnen. So spendeten die Volksbank Unna und der Kreis Unna jeweils für drei Jahre. Auch den Kooperationspartnern liegt der Schutz der lokalen Tier- und Insektenwelt am Herzen. Zu Beginn des Projekts startet nun ein Crowdfunding mit einem Zielbetrag von 7 500 €, der bis zum 12. Juli erreicht werden soll. Die Volksbank Unna erhöht jeden gespendeten Betrag mit max. 10 € – auch Beträge, die über die Zielsumme hinausgehen. Doch dieses Crowdfunding funktioniert nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip – wird die Zielsumme nicht erreicht, erhalten alle Spender ihr Geld zurück – und das Projekt geht leer aus ... Die Mittel fließen direkt in die Umsetzung der Maßnahmen – also Flächenberatung, technisches Material, Förderbegleitung – und die Finanzierung einer Stelle, die sich ausschließlich um die Betreuung der Landwirte und Jäger vor Ort kümmert. Jede Spende trägt also dazu bei, dass jemand da ist, der die Arbeit macht – ganz konkret, ganz nah und ganz praktisch.

Aktiv mit Landwirten sprechen
Nutzen Sie Ihre Netzwerke, Reviernachbarn und Stammtische – jede Maßnahme beginnt mit einem Gespräch und oft brauchts nur ein wenig Ermutigung, um echte Veränderungen anzustoßen. Landwirte melden sich bei der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft
(specht@kulturlandschaft.nrw/Tel. 0251/4175187) und erhalten eine kostenfreie, auf ihren Betrieb zugeschnittene Beratung – inkl. Berechnung förderfähiger Maßnahmen, Abwicklung der Bürokratie und praxisnaher Begleitung. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass unsere Kulturlandschaft wieder lebenswerter wird – für Rebhuhn, Hase und Co. aber auch für nachfolgende Generationen.

Was wird konkret umgesetzt?
Strukturbrücken: Blühstücke in Getreidefeldern, integriert in den Anbauplan, bieten Nahrung und Deckung für Offenlandarten
Hecken- und Waldrandpflege: Auflichtung und Neupflanzung zur Verbesserung der Lebensräume im Randbereich
Kleingewässerpflege: Entschlammung, Entfernen standortfremder Gehölze, Randsaum-Gestaltung
Feldgräben: Einseitige Mahd zur Strukturververbesserung bei gleichbleibender Wasserabfuhr
Vertragsnaturschutz: Kombination aus Brache, extensivem Getreideanbau und Blühstücken als Grundlage für weitere Naturschutzleistungen
Prädatoren-Management: Koordinierte Planung zur Reduktion von Beutegreiferdruck in Brut- und Setzzeit – inkl. Beratung zu Jagdmethoden, Revierstruktur und technischer Umsetzung