Gefährliche Gefälligkeit...Darf man als Jäger ein schwerstkrankes Nutztier erschießen?

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Gefährliche Gefälligkeit...Darf man als Jäger ein schwerstkrankes Nutztier erschießen?

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Vom Gebrauch seiner Schusswaffe zur Tötung von schwerstkranken Nutztieren kann einem Jäger aus mehreren Gründen nur dringend abgeraten werden.

Eine solche Handlung wäre ein schwerer Verstoß gegen das Waffengesetz (WaffG) und hätte neben einer straf- oder ordnungsrechtlichen Ahndung unter Umständen auch den Verlust der Waffenbesitzkarte (WBK) und des Jagdscheins zur Folge! Die Tötung kranker bzw. schwerverletzter Nutz- oder Haustiere durch den Gebrauch einer Schusswaffe stellt für Jäger keine Jagdausübung dar, ist daher waffenrechtlich nicht gestattet und somit auch haftungsrechtlich nicht vom Schutz einer Jagdhaftpflichtversicherung abgedeckt. Wer als Jäger mit einer Schusswaffe schwerkranke Nutz- o. Haustiere mit Zustimmung des Eigentümers töten will, benötigt dafür eine gesonderte polizeiliche Schießerlaubnis (§ 10 Abs. 5 WaffG). Erst recht gilt dies natürlich für den Abschuss ausgebrochener Weidetiere oder von Gehegewild. Ein Verstoß gegen diese Erlaubnispflicht wird mindestens als Ordnungswidrigkeit geahndet. Außerdem kann die zuständige Waffenbehörde eine solche Handlung als missbräuchliche Verwendung einer Schusswaffe werten, was zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG) führen kann.

Wolfs-Opfer erlösen?
Nach § 22a Bundesjagdgesetz (BJagdG) ist schwerkrankes Wild zur Vermeidung von Schmerzen und Leiden unverzüglich zu erlegen. Diese im Sinne des Tierschutzes erlassene Vorschrift gilt aber ausschließlich für Wild – also nur für Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen. Sie gilt deshalb weder
- für Nutz- oder Haustiere
- noch für bei Verkehrsunfällen schwerstverletzte Wölfe
- und auch nicht für deren bevorzugte Beutetiere (Schafe o. a. Weidetiere).
Gerade angesichts schwerverletzter Weidetiere, die Opfer von Wolfsangriffen wurden, führt dies bisweilen zu unerträglich tierschutzwidrigen Situationen (also stundenlangem Tierleiden!), da amtstierärztliche Hilfe häufig erst mit erheblichem Zeitverzug zu erlangen ist. Auf Anregung des für den Vollzug des Waffenrechts zuständigen Landesinnenministeriums gibt es deshalb inzwischen eine Prüfbitte an das für die Jagd zuständige NRW-Landwirtschaftsministerium, ob und ggfls. unter welchen Voraussetzungen landesrechtlich der Anwendungsbereich des § 22a BJagdG auf weitere schwerverletzte Tiere erweitert werden kann. Eine Antwort aus dem Hause von Ministerin Silke Gorißen steht zwar noch aus, aber zu große Hoffnungen sollte man sich an dieser Stelle besser nicht machen: Denn aus solch einer erweiterten Nottötungs-Befugnis für Jäger würden sich zahlreiche weitere rechtliche Zweifels- und Abgrenzungsfragen ergeben, die kaum rechtkonform zu lösen wären. RA Hans-Jürgen Thies, MdB Vizepräsident des LJV NRW