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Zwar gilt das Prinzip der flächendeckenden Bejagung, doch haben Siedlungsdichte, Verkehrswegenetz, die Ausweisung befriedeter Bezirke und unterschiedlichste Verbote aller Art die Jagd hierzulande starken Einschränkungen unterworfen. Neu ist dabei die zunehmende Einzäunung der Landschaft mit Flächenphotovoltaikanlagen und zunehmend wolfs- und wildsicheren Weideflächen.

Das Reviersystem unterscheidet in § 4 BJG Eigenjagdbezirke und gemeinschaftliche Jagdbezirke, in den Landesjagdgesetzen sind befriedete Bezirke gesetzlich definiert. Dabei handelt es sich um Flächen, die im Gesetzeswortlaut exakt beschrieben sind und auf denen die Jagd gesetzlich verboten ist. Darüber hinaus können auf Antrag weitere Flächen zu befriedeten Flächen erklärt werden. In NRW ist die Jagdausübung generell verboten in Gebäuden, die dem Aufenthalt von Menschen dienen und Gebäuden, die damit räumlich zusammenhängen wie an Wohnhäuser angebaute Scheunen oder Stallungen.

Erlaubt wären demnach aber Fallen in Feldscheunen, weil diese ja nicht mit einem Haus in Zusammenhang stehen. „Hausgärten, die unmittelbar an eine Behausung anstoßen und durch irgendeine Umfriedung begrenzt oder sonst vollständig abgeschlossen sind“, ist eine Formulierung in § 4 Abs. 1 b LJG NRW, die die meisten Missverständnisse überhaupt hervorruft.

Der Begriff irgendeine Umfriedung bedeutet nicht Einfriedung. Ein als Garten einem Wohnhaus zugehörig erkennbarer Vorgarten, Blumenbeet und Rasen sind befriedet, wenn sie nur durch irgendeine Abgrenzung (Kante, Hecke, Ackerfurche) zur benachbarten Feldflur abgegrenzt sind. Eindeutiger dagegen sind Friedhöfe, Bundesautobahnen und Kleingartenanlagen. Es kommt also auf eine Einzäunung im engeren Sinn nicht an. Es kann aber sein, dass Grundflächen, die gegen das Ein- u. Auswechseln von Wild (außer Federwild, Wildkaninchen und Raubwild) dauernd abgeschlossen sind und öffentliche Anlagen durch die Untere Jagdbehörde ganz oder teilweise zu befriedeten Bezirken erklärt werden (§ 4 Abs. 2 LJG NRW) – und zwar wegen Sicherheitsrisiken, die bei der Schussabgabe in bestimmten Bereichen entstehen könnten, etwa bei hoher Besucherfrequenz.

Sicherheit contra Tierschutz

Die Befriedung kann aber auch wiederum Ausnahmen unterliegen. Der Tierschutzgedanke in § 22 a BJG gibt nämlich vor, dass angeschossenes Wild unverzüglich erlegt werden muss. Daher stellt § 4 Abs. 5 LJG NRW klar, dass krankgeschossenes oder sonst schwer krankes Wild auch im befriedeten Bezirk nachgesucht und erlegt werden darf (außer in Gebäuden, die zum Aufenthalt von Menschen dienen). Im Einzelfall sind Sicherheitsfragen zu stellen, weil das Schießen im engbesiedelten Bereich gefährlich ist – und Alternativen (Einfangen/Abfangen) zu prüfen. Vor solchen Maßnahmen sollte auch die Zustimmung des Grundeigentümers eingeholt werden. Auch die Entsorgung des Tierkörpers ist im Rahmen örtlicher Zuständigkeiten zu klären.

Keine Jagd aus ethischen Gründen?

Mit Einführung der sog. ethischen Befriedung (§ 6 a BJG) wurden Befürchtungen laut, dass eine erhebliche Zerstückelung der Jagdbezirke in Deutschland eintreten könnte. Die Kriterien der ethischen Befriedung sind jedoch im Einzelfall eine solche Herausforderung, dass nicht jeder Grundeigentümer, der der Jagd ablehnend gegenübersteht, einen solchen Befriedungsantrag stellen könnte – nur natürliche Personen sind antragsberechtigt. Alle Eigentümer einer Grundstücksgemeinschaft müssten den Antrag stellen und ethische Gründe für sich in Anspruch nehmen können. Auch dürfen keine überwiegenden Belange der Allgemeinheit betroffen sein, etwa die Notwendigkeit einer scharfen Schwarzwildbejagung zur Prävention von Tierseuchen wie der Afrikanischen Schweinepest.

Auf befriedeten Flächen wird kein Wildschaden mehr geltend gemacht werden können – ja, der Grundeigentümer muss sich sogar anteilig an umliegenden Wildschadenfällen finanziell beteiligen. Allein dieser Umstand und die Tatsache, dass das Verwaltungsverfahren je nach Grundstücksgröße auch entsprechende Gebühren verursacht, hat den ein oder anderen Grundeigentümer von der Antragsstellung abgehalten.

Bahnanlagen

Konkrete Betretungsverbote findet man in der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung (§ 62 EBO). Bahnanlagen darf man ohne amtliche Befugnis nicht ohne Weiteres betreten. Ausnahmen können im Einzelfall angezeigt sein, wenn die DB-Netz etwa befürchtet, dass eine große Dachsbauanlage die Sicherheit des Gleisbetts gefährdet (wie aktuell derzeit etwa im Raum Unna).

Jagdverbot wegen Prallgefahr

Dass jeder für seinen Schuss verantwortlich ist, dürfte jeder Jäger bereits gehört haben. Gleichwohl ist die Abprallwirkung von Geschossen auf ebenem Boden eine immer wieder diskutierte Unfallquelle: Schlägt ein Geschoss nicht mit mind. 10 Grad in ebenen Boden ein, kann es unterirdisch auf einen Stein treffen und in völlig anderem Winkel wieder austreten – mit nach wie vor tödlicher Energie.

Bei einem durchschnittlich großen Schützen, der auf ebener Erde steht, liegt die Laufmündung in etwa 1,5 m Höhe – will man in dieser Situation noch einen Winkel von 10 Grad einhalten, liegt die sichere Schussentfernung bei unter 10 m! Dass dies keine neue Erkenntnis ist, lässt sich aus dem Umstand schließen, dass bereits Schießstände aus der Kaiserzeit über Tiefblenden verfügen, um Abpraller aus dem Boden wirksam zu fangen. Die Forderung nach erhöhten Ansitzeinrichtungen (besondere in tischebenem Gelände!) muss eine Selbstverständlichkeit werden. Unerschöpfliche Erkenntnisquelle für Ballistikinteressierte ist das Forschungsvorhaben Abprallverhalten von Jagdmunition der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen (DEVA) zusammen mit der Uni Bern (15.2.2011). Wer sich mit dem Abprallverhalten beschäftigt, wird unweigerlich zum Schluss kommen, dass an Orten, an denen die Jagd nach den Umständen des Einzelfalles zu risikoreich ist, eben nicht gejagt werden darf.

Nichts anderes meint auch § 20 BJG mit dem sog. örtlichen Verbot. Auch die „öffentliche Ruhe“ darf durch die Jagdausübung nicht gestört werden.

Probleme im Straßenverkehr

Ein weiterer Sicherheitsaspekt ergibt sich durch die Definition eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315 b StGB): Geraten infolge einer Bewegungsjagd Wild oder Hunde in den Straßenverkehr, kann es zu erheblichen Unfallfolgen kommen, für die man Jäger (besonders Jagdleiter!) zur Verantwortung ziehen kann. Ein ganzes Bündel von Empfehlungen der Jagdverbände zur Vermeidung solcher Risiken wird regelmäßig neu veröffentlicht (Abstände, Richtung des Treibens, ggf. zu genehmigende Beschilderungen u. Ä.). Die Flucht von Wildtieren vor Jägern und Hunden ist nicht mit einem üblichen Wildwechsel gleichzusetzen, mit dem man als Verkehrsteilnehmer stets rechnen muss. Dabei handelt es sich um eine Risikoerhöhung für Verkehrsteilnehmer durch Jagdausübung in Straßennähe. Muss ein Jagdleiter damit rechnen, dass während und wegen der Jagd Wild in den Straßenverkehr gerät, handelt er vorsätzlich, wenn er in Straßennähe jagen lässt.

Jagdeinschränkungen in Schutzgebieten

Ob in Naturschutzgebieten jagdliche Einschränkungen vorliegen, ergibt sich aus den Verordnungen und Satzungen in ihrem Geltungsbereich. Einschränkungen für Landwirtschaft, Jagd und Fischerei sind vielfältig und orientieren sich in der Regel am Schutzzweck des jeweiligen Schutzgebietes. Dort werden bestimmte Jagdarten verboten, die Errichtung von Ansitzeinrichtungen, die Anlage von Wildäckern u. v. m. bis zu kompletten Jagdverboten, um Störungen des Schutzzwecks zu minimieren. Die Neuausweisung solcher Schutzgebiete bringt es mit sich, dass die Teilhabe der Betroffenen durch qualifizierte Stellungnahmen im Vorfeld solche Einschränkungen auf ein notwendiges Minimum reduzieren kann.

Jagdschaden vermeiden

Wer die Jagd ausübt, muss dies schonend tun, andernfalls verursacht er einen Jagdschaden (§ 33 BJG). So hat die Verwendung von Kraftfahrzeugen etwa zur Bergung der Jagdbeute auf bestimmten Flächen zu unterbleiben, weil dadurch angerichtete Schäden bei Ansaat und Aufwuchs eben nicht von der Jagdpacht abgedeckt sind (allenfalls unvermeidbare Fuß- und Schleifspuren, mit denen man die landwirtschaftliche Fläche/Ertrag nicht mehr als unwesentlich beeinträchtigt). Viele sachliche und räumliche Verbote enthält der Katalog des § 19 BJG (Lapp-, Nacht-, Brackenjagd, künstliches Licht, Fütterungen, Wildbrücken usw.). Die Landesjagdgesetze haben den Verbotskatalog des BJG nicht selten noch mit eigenen landesspezifischen Einschränkungen erweitert. Diesen ist jeder Jagdausübungsberechtigte unterworfen. Besonders in dicht besiedelten Bereichen sind Befriedungen, Betretungsverbote, auch die Abstandsregelung für jagdliche Einrichtungen und immer wieder Sicherheitsaspekte der Grund für erhebliche jagdliche Beschränkungen. In der einen oder anderen Fallvariante hat die Jagd ganz zu unterbleiben, in bestimmten anderen Bereichen bleibt nur die Fang- oder Beizjagd. Die Folgen von Verstößen sind auch ohne Schäden an Sachen, Gesundheit und Leben umfassend abgedeckt durch die Wertung als Ordnungswidrigkeit oder Straftat – ggf. auch mit der Einziehung von Jagdschein und Waffenbesitzkarte.

Neue Riesen-PV-Zäune können zur Pachtminderung führen

Einzäunungen in der Landwirtschaft sind aufgrund ihrer Notwendigkeit und den technischen Möglichkeiten teilweise dafür verantwortlich, dass Flächen über mehrere Hektar von Wildtieren ab Hasengröße nicht mehr erreichbar sind. Es gibt für viele Tiere unüberwindbare (wolfssichere) Einzäunungen, stromführend und mit Untergrabeschutz. Aber selbst Verbissschutzzäune um große Flächen können den Einstand und die Wanderung von Wildarten unterbinden. Selbst stromführende Schafsnetze trennen Weidebereiche und führen bei nicht sachgemäßer Aufstellung (Stromunterbrechung!) dazu, dass sich Wild darin verfängt und elendig zugrunde geht. Besonders ins Auge fallen Flächenphotovoltaikanlagen, die neuerdings weit über 100 ha groß sein können. Dabei muss im Rahmen des Bau- und Naturschutzrechts darüber nachgedacht werden, ob man die Folgen einer solchen Lebensraumzerschneidung etwa durch Querungskorridore abmildern kann (Durchlässigkeit für bestimmte Tierarten, künstliche Biotope u. Ä.). In der Regel wird eine Einzäunung nicht zur Verkleinerung der bejagbaren Fläche führen, wenn nicht ausdrücklich eine jagdliche Befriedung ausgesprochen wird. Doch selbst wenn das nicht der Fall ist, wird eine Schussabgabe wegen der Gefährdung der technischen Anlagen immer verboten sein – und nur noch die Fangjagd übrig bleiben. Insoweit der energetische Flächenertrag bei Solaranlagen erheblich höher ist als beim Anbau von Energiepflanzen (Biogas), versteht man Photovoltaik zunehmend als Bedrohung von Biodiversität. Hier wird man neu denken müssen und die Integration von Naturschutzmaßnahmen auf derartigen Flächen zur Auflage machen (§ 4 BauGB). Auch viele gut durchdachte Ausgleichsmaßnahmen auf solchen Flächen werden nicht verhindern können, dass über eine Befriedung nachgedacht wird – und damit am Ende auch über eine Minderung der Jagdpacht. Die Jagd in der Kulturlandschaft erfordert so viele räumliche Beschränkungen wie nötig und so wenig wie möglich. Jeder Einzelfall erfordert eine ökologische, wildbiologische, ballistische und jagdliche Betrachtung – neue Herausforderungen im Planungsrecht und neue Möglichkeiten für die Landwirtschaft.

RA Dr. Walter Jäcker,
stv. Justiziar LJV NRW