Schallgedämpfter Kurzrepetierer - Schneider Tec-Target XCeed R
Ein Jagd-Repetierer, der mit Schalldämpfer auf eine Gesamtlänge von gerade mal 85 cm kommt, erscheint auf den ersten Blick unmöglich. Doch genau das schaffte der bekannte deutsche Waffenentwickler Hubert Schneider.
Hubert Schneider besitzt jahrelange Erfahrung im Bau von Präzisionswaffen. Er war u.a. an der Entwicklung der Mauser 86, den DSR No. 1 + 3, sowie den Seehuber-Matchgewehren der deutschen Nationalmannschaft beteiligt, für Rheinmetall begleitete er einige militärische Projekte. Mit TTS (Schneider Tec-Target) gründete er sein eigenes Unternehmen. Das Ergebnis jahrelanger Entwicklung ist der Repetierer TTS XCeed, den es in sportlich-militärischer und jagdlicher Version gibt.
Die Jagdausführung ist mit integriertem Schalldämpfer verfügbar, der von außen nahezu unsichtbar ist.
Bullpup-Bauweise
Die sog. Bullpup-Bauweise wählt man vorwiegend bei militärischen Präzisionswaffen, es gibt aber auch schon einige Jagdbüchsen wie die Caprahute (F) oder Pfeifer SR 2/3 (A). Bei Bullpup-Büchsen liegt das System im Hinterschaft, so dass sie bei gleicher Lauflänge deutlich kompakter als übliche Konstruktionen sind. Ein solcher Repetierer ist deutlich führiger, ohne dass dazu ein extrem kurzer Stummel-Lauf mit Leistungseinbußen und stärkerem Mündungsfeuer nötig wäre.
Dafür muss man eine ungewohnte Balance in Kauf nehmen. Das liegt am deutlich nach hinten verlegte Gewicht und dem weit hinten sitzenden Kammerstengel. Hat man sich daran erst mal
gewöhnt, ist man von der Führigkeit der mit Schalldämpfer gerade mal 85 cm langen Büchse aber schnell fasziniert.
Schaft und System aus einem Stück
Schaft und Gehäuse der XCeed werden aus einem vollen Block 7075er-Aluminium gefräst. Der Lauf samt integrierter Verriegelungskulisse wird von vorn eingesetzt und mit drei Schrauben fixiert. Die Waffe ist wechsellauffähig, das geht schnell und problemlos – nach dem Lösen der drei Schrauben zieht man den Lauf nach vorn heraus. Beim Wechsel in eine andere Kalibergruppe wird allerdings ein weiterer Komplett-Verschluss benötigt, der Kopf allein lässt sich nicht abnehmen (passend zum Kaliber natürlich auch ein weiteres Magazin). Von unten ist das Griffstück mit dem Magazinschacht angeschraubt und hinten die Schulterstütze.
Das Griffstück der Jagdversion ist aus federleichtem Kunststoff, hat aber im Magazinschacht stählerne Einlagen, in die das Kastenmagazin (fünf Patronen) einrastet. An das einreihige Magazin aus massivem Metall ist unten ein Kunststoffteil gesetzt, das sich auch im Winter bei kalten Temperaturen noch angenehm greifen lässt. Entriegelt wird seitlich über eine Drucktaste.
Längenverstellbare Schulterstütze
Die hintere Schulterstütze ist schnell vom Systemkasten getrennt. Nach Betätigung eines Hebels kann der Verschluss herausgenommen werden, der Lauf lässt sich dann problemlos von hinten reinigen. Über den gleichen Hebel ist auch die Schulterstütze ganz einfach in der Länge verstellbar: unten läuft die Stütze auf einer Zahnschiene – einfach den Hebel betätigen, festhalten, die Stütze in die gewünschte Position ziehen und den Hebel wieder loslassen – sehr praktisch bei unterschiedlich dicker Bekleidung zu unterschiedlichen Jahreszeiten, aber auch für ein Nachtsicht-Nachsatzgerät. Die Schaftlänge lässt sich um gut 9 cm verlängern (ziemlich genau die Gesamtlänge eines Okular-Aufsatzes).
Auch das Griffstück mit Magazinschacht lässt sich nach Lösen zweier Schrauben ganz einfach vom Gehäuse trennen, zur normalen Wartung ist das aber nicht nötig.
Auf dem Systemgehäuse liegt eine angefräste Picatinny-Schiene zur Zielfernrohrmontage. Auf eine weitere Schiene am hinteren Vorderschaft lassen sich Vorsatzgeräte direkt vors Zielfernrohr setzen (bei kurzen Gläsern möglich).
Zur Zielfernrohrmontage darf man aber nur die Schiene auf dem Gehäuse nutzen. Würde sich der vordere Fuß auf der Vorderschaft-Schiene befinden, ließe sich der nicht mehr entfernen, ohne vorher das Zielfernrohr abzunehmen.
6-Warzenverschluss und Dreistellungs-Sicherung
Der Drehkopfverschluss der XCeed verriegelt über sechs Warzen in zwei Reihen direkt im Lauf, das Leichtmetallgehäuse muss keine Kräfte aufnehmen. Die Teleskop-Kammer reduziert die Baulänge, wie in Bullpup-Bauweise üblich, läuft der Verschluss im Hinterschaft – also hinter Pistolengriff und Abzug.
Dementsprechend weit hinten liegt auch der Kammerstengel, zum Repetieren ist also eine gewisse Umgewöhnung erforderlich. Bei herkömmlichen Repetierern liegt der Kammerstengel in
Abzugshöhe, bei der XCeed muss man deutlich weiter nach hinten greifen.
Beidseitig in Abzugshöhe liegt eine Dreistellungs-Sicherung, die in gesicherter Position den Abzugsstollen sperrt und in hinterster Stellung auch die Kammer.
Der Verschluss läuft sehr leicht und geschmeidig, nach einiger Übung ist schnelles Repetieren damit kein Problem.
Meisterwerk-Abzug
Der Abzug bei Bullpup-Repetierern ist immer ein sehr kritisches Bauteil, denn er liegt ja bedeutend weiter vorn als der Verschluss. Direkt darunter (normalerweise) kann er leicht direkt auf den Abzugsstollen einwirken. In Bullpup-Bauweise ist aber ein ziemlich langer Übertragungsweg erforderlich, wodurch man gute Abzüge darunter kaum findet.
Die XCeed hat einen und zwar in Matchqualität.
Schneider verbaut einen Druckpunkt-Abzug aus der Scharfschützenversion. Nach dem Vorweg steht er trocken und löst je nach gewünschter Einstellung mehr oder minder schwer aus, wobei auch extrem leicht möglich ist. Verstellen lassen sich neben dem Abzugsgewicht auch Vorzugsweg, -widerstand und Druckpunkt. Bei der RWJ-Testwaffe stand der Abzug auf 1 100 g, deutlich leichter (möglich) wäre wenig sinnvoll. Dieser Abzug wäre schon für einen Normal-Repetierer hervorragend, in einer Bullpup ist er ein Meisterwerk !
Lauf mit Integral-Schalldämpfer
Der 48 cm-Lauf wird aus einem Edelstahl-Rohling (S20CR13) von Lothar Walter gefertigt und ist kanneliert. Das Patronenlager fertigt Schneider selbst.
Der eigentliche Schalldämpfer ist vorn aufgeschraubt und nicht nur sehr kurz, sondern auch offen. Ein eigenes Gehäuse hat die Konstruktion nicht. Der gesamte Vorderschaft, der Lauf und Dämpfer komplett umschließt, dient als Dämpferrohr. Damit ist jede Menge Rauminhalt vorhanden.
Vorn ist der Dämpfer als Mündungsbremse ausgebildet und leitet Pulvergase nach hinten ins Innere des Vorderschafts. Laut Tec-Target ist die Konstruktion sehr wartungsarm. Die Edelstahlläufe korrodieren nicht und sind zusätzlich noch DLC-beschichtet. Den Vorderschaft nach der Jagd und Schussabgabe abzunehmen, um das Innere zu trocknen, ist nicht nötig, obwohl es sehr einfach geht. Links liegen zwei Schrauben, die vordere (Haltestift) wird ganz herausgedreht, die hintere mit einer Viertelumdrehung gelöst. Dann lässt sich der Vorderschaft (aus Alu mit unten angesetztem Holzteil) einfach nach vorn abziehen. Er reicht bis zur Mündung, so dass der Schalldämpfer komplett verdeckt wird.
Tec-Target lieferte ein DEVA-Gutachten zur Schallreduzierung des Dämpfersystems mit. Danach beträgt die Schallreduzierung beachtliche 27 db. Trotzdem hört sich die Waffe im Schuss etwas lauter an, als mit einer konventionellen Repetierbüchse mit aufgesetztem Dämpfer bei gleicher Schallreduzierung. Der Grund dafür ist ganz einfach – bei einem Bullpup liegt das Ohr wesentlich näher an der Laufmündung.
Auf dem Schießstand
Die Büchse kam komplett mit einem Schmidt & Bender Zielfernrohr Klassik 2,5 - 10 x 56 mit Festmontage aus eigenem Haus. Dazu Patronen in .308 Win. der Munitionsmanufaktur Niedermeier (www.bleifreiemunition-niedermeier.de), laboriert mit einem 156 grs. HDB KS-Geschoss von Reichenberger.
Außerdem kamen noch Fabrikpatronen von Hornady (165 grs. SST), Norma (Ecostrike 150 grs.) und eine bewährte Handlaborierung (168 grs. Sierra Matchking) mit zum Schießstand.
Die ohne Zielfernrohr 4 550 g schwere Büchse (montiert mit 56er ZF 5,4 kg) schießt sich butterweich, woran natürlich auch der Schallabsorber-Lauf hohen Anteil hat. Die ersten fünf Schuss mit den Niedermeier-Patronen brachten einen Streukreis von 14 mm, Hornady und Norma waren mit je 19 mm zwar einen halben Zentimeter schlechter – für Jagdbüchsen immer noch allerhöchstes Niveau. Die Handlaborierung mit dem Sierra Matchking toppte das Ganze mit einem 12 mm Streukreis.
Resümee: Technisch gesehen ist die XCeed ein Meilenstein des Waffenbaus. Denn einen schallgedämpften Repetierer, der mit 48 cm-Lauf ganze 85 cm lang ist, hervorragend schießt, wechsellauf-fähig ist, mit tollem Abzug und längsverstellbarem Hinterschaft gabs bisher noch nicht.
Hinzu kommt eine Verarbeitung, bei der es rein gar nichts zu meckern gibt – und wir haben wirklich genau hingeschaut. Das Handling ist zunächst etwas ungewohnt, der Schwerpunkt deutlich weiter hinten und beim Repetieren muss man weit nach hinten greifen, was bei dem kantigen, großen Kammerstengel-Kopf aber sehr gut geht.
Rein äußerlich polarisiert die XCeed natürlich – sie sieht nicht aus wie eine herkömmliche Jagdwaffe und scheint eher aus dem Star Wars-Arsenal zu stammen. Das zeigten auch Reaktionen am Schießstand von "Mit so einem Ding werde ich nicht mehr eingeladen" bis "Jagdbüchse der Zukunft – haben wollen ..."
Zum Schluss bleibt der Preis: die XCeed R kostet 6 800 €, im Vergleich zum großen Bruder (Sniper-Version für 11 600 €) geradezu ein Schnäppchen.
Norbert Klups