Test: Bergjägers Traum

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Test: Bergjägers Traum

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Eine Waffe zur Jagd im Gebirge sollte hochpräzise sein, mit einem Spezial-Zielfernrohr ausgestattet sein, in einem Kaliber, das auf große Distanz ausreichend Energie ins Ziel bringt – und möglichst wenig wiegen. Norbert Klups hat aus feinsten Komponenten eine Waffe-Optik-Kaliber-Kombi komponiert, die all das kann.

Am Anfang steht die Kaliberwahl – die Waffe sollte zur Bergjagd einsetzbar sein, wo Gams, Steinbock, Rotwild und Wildschafe bevorzugte Beute sind, aber auch zur Auslandsjagd auf sibirische Böcke, Pronghorn und Whitetail in den USA oder Springböcke in Afrika.

Bei einem Wildbretgewicht bis etwa 100 kg und Distanzen bis 400 m stehen rasante 270er, 7 mm oder 300er Magnums zur Wahl. Unsere Entscheidung fiel auf die .270 WSM, weil diese Patrone sehr präzise ist, wenig Rückstoß hat und zu Jagden auf die o. g. Wildarten nur gute Erfahrungen vorlagen.

Eine 7 mm WSM, 7 mm Rem. Mag., .300 Mag. oder .300 WSM dürfte aber den Anforderungen ebenso entsprechen.

.270 Winchester Short Magnum
Wegen ihrer Präzision, ihrer Rasanz, des geringen Rückstoßes und guter Praxiserfahrung entschied man sich für die .270 WSM.

 

Hier gibt's weitere Infos über die .270 WSM.

System und Schaft
Klar war, dass es ein Repetierer sein sollte, also keine Kipplauf- oder Blockbüchse – ein schneller zweiter Schuss kann manchmal die Jagd retten. Die Waffe sollte möglichst kurz sein, daher wurde ein System gesucht, das schon von Haus kurz und leicht ist.

Führend in diesem Segment ist zweifellos Blasers R 8 – durch ihr Magazin über dem Abzug ist sie bei gleicher Lauflänge deutlich kürzer als konventionelle Repetierer und durch reichlich Alu bei nicht beanspruchten Systemteilen auch sehr leicht.

Außerdem lässt sich die R 8 blitzschnell zerlegen und in einem handlichen Koffer unauffällig transportieren – für eine Auslandswaffe auch nicht uninteressant. Durch die Handspannung lässt sich die Büchse mit einer Patrone im Lauf gefahrlos führen.

Für den Schaft fällt Holz aus – zu schwer und bruchanfällig. Kunststoff ist zwar deutlich stabiler, aber auch nicht viel leichter. Optimal ist Kohlefaser. Einen Carbon-Lochschaft bietet Blaser serienmäßig bei der Carbon Success, veredelt mit Ledereinlagen an Pistolengriff und Vorderschaft.

Das weiche Leder sieht gut aus und sorgt für angenehmen, rutsch­festen Halt. Kohlenstoff zeichnet sich durch extreme Festig- und Steifigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht aus.

Carbon verfügt über eine besonders hohe spezifische Zugfestigkeit und wiegt im Gegensatz zu Holz, Alu oder Glasfaser nur etwa die Hälfte. Darüber hinaus ist es unempfindlich gegen Witterungseinflüsse, vollelastisch und dämmt Vibratio­nen ausgezeichnet.

Gerade diese dämpfen­den Eigenschaften machen das Material für Schäfte interessant, denn jede Gewichtsreduktion wird ja normalerweise mit stärkerem Rückstoß erkauft. Beim Carbonschaft kann man auf eine Mündungsbremse verzichten, der Schaft selbst wirkt dem Rückstoß entgegen.

Matchabzug von Atzl
Die R 8 hat schon serienmäßig einen guten Abzug, aber es geht noch besser. Der Kufsteiner Büchsenmacher Andreas Atzl (Bixn-Andy) entwickelte speziell für die R 8 einen Match-Jagd-Abzug, den Blaser direkt vertreibt.

Atzl-Abzug
Der Atzl Match-Jagd-Abzug lässt sich von 650 (r.) auf 250 g verstellen.

 

Damit kann man zwischen einem niedrigen (eher sportlich orientierten) und einem höheren (eher jagdlichen) Abzugsgewicht wählen – werk­zeuglos mit einem Umschalter am Rahmen bei herausgenommenem Magazin. Die R 8 muss aber dafür ab Werk eingerichtet sein.

Steht der kleine Schieber auf der Rückseite des Magazins auf Jagd (Symbol Geweih), löst der Abzug knochentrocken bei 650 g aus. Drückt man ihn nach links (Symbol Zielscheibe), verringert sich das Gewicht auf 250 g – wie ein Stecher, nur moderner und unkomplizierter.

Bei einem wirklich weiten Schuss auf ein kleines Ziel, guter Auflage und genügend Zeit wählt man die 250, bei allen anderen Jagdsituationen die 650 g.

Verriegelungsstück
Die Seele des Carbonlaufes und das Verriegelungsstück von Bixn-Andy.

 

Langer, dicker und leichter Lauf
Aus einem kurzen Lauf wäre der Leistungsverlust der .270 WSM viel zu groß. Für maximale Präzision empfehlen sich zudem etwas dickere Läufe, die nicht so schwingen. Blaser hat präzise Semi-Weight-Läufe im Programm, für die .270 WSM mit 65 cm auch lang genug, aber so‘n Ding bringt allein schon fast 2 kg auf die Waage.

Die Lösung baut die österreichische Firma FBT (Fine Ballistic Tools) – Carbonläufe mit einer Seele aus rostfreiem Stahl von Bixn-Andy als kompletter Atzl-Wechsellauf. Sie können wie jeder normale Wechsellauf verwendet werden, sind aber rostfrei und hochpräzise.

Carbon und Stahllauf
Blaser Semiweight- und FBT-Carbon-Lauf – bei gleicher Länge ist der Carbonlauf dicker und leichter.

 

Dazu wird ein dünner Stahllauf mit Carbon ummantelt – Resultat ist ein dicker, schwingungs­armer Lauf, der dennoch sehr leicht ist. Der 65-cm-Lauf von FBT in .270 WSM misst an der Mündung 22 mm (stärker als Blaser Semi-Weigt-Läufe) und wiegt lediglich 1.480 g. Serienmäßig sind Mündungsgewinde und -bremse.

Letztere haben wir nicht benutzt, der Rückschlag der .270 WSM ist sehr gut beherrschbar. Trotz ihres dicken Laufs wiegt diese Carbon-R 8 lediglich 3.150 g.

Swarovski 5 ‒ 25 x 52 DS
Swarovskis DS wiegt zwar 1 090 g, doch dafür fällt ein separater Entfernungsmesser weg. Die Vorteile der Top-Optik für Weitschüsse sind überzeugend – mehr Ballistikcomputer als Zielfernrohr, misst es die Distanz, Temperatur, Luftdruck und Schusswinkel und nimmt fast alle Einstellungen automatisch vor.

Im Absehen angezeigt wird die Treffpunktlage durch eine rot leuchtende Horizontal-Linie mit korrigiertem Haltepunkt, je zwei Windmarken links und rechts der Mitte und auf Wunsch noch die Energie des Geschosses im Ziel – jagdlich durchaus sinnvoll.

Die Windmarken werden nicht von Messdaten gespeist, sondern von einer voreingestellten Windgeschwindigkeit – lediglich eine Hilfestellung, die gewisse Erfahrung fordert. Die Marken geben aber gute Anhaltspunkte.

Der Ballistikrechner wird in etwa drei Minuten über eine Handy-App mit den individuellen Daten (Laborierung, Abstand Lauf-Seelenachse zu Mitte Ziel­fern­rohrobjektiv) programmiert.

Swarovski DS
Swarovskis DS liefert alle relevanten Informationen und stellt den roten Zielbalken auf Fleck.

 

Lediglich, wenn Daten geändert werden sollen (Windgeschwindigkeit, neue Laborierung), braucht man das Handy wieder. Montiert wird das Wunderding mit einer MAK-Sattelmontage (40er Ringe).

Eingeschossen wurde die Büchse auf 100 m mit Noslers 130 grs. Ballistik Tip. Damit schoss die Waffe auf Anhieb einen 5-Schuss-Streukreis von 10 mm. Um das Präzisionspotenzial voll auszunutzen, wurde eine auf die Waffe abgestimmte Handlaborierung entwickelt – Hornadys ELD-X, speziell für große Distanzen.

Durch das etwas höhere Gewicht (145 grs.) bringt es bei weiten Schüssen mehr Energie ins Ziel. Damit lagen die Streukreise bei knapp 8 mm, was auf der Scheibe aussieht wie ein ovales Loch.

Jetzt zeigte sich ein anderer Vorteil des Carbonlaufs – er gibt nach außen deutlich weniger Wärme ab als ein Stahllauf, selbst bei 25-facher Vergrößerung gabs nach fünf Schuss kein Hitzeflimmern.

Auf dem 200- und 300-m-Stand ging der Schießtest weiter. Nach einem Kontrollschuss auf 100 m wurde zur 200-m-Bahn gewechselt. Nach Auslösen der Entfernungs­messung saß der Schuss genau in der 10, auf 300 m ein identisches Ergebnis – Streukreis 42 mm!

Resümee
Unsere kleine Studie zeigt, was mit modernen Baukastenwaffen heute machbar ist. Für eine leichte, extrem präzise Waffe braucht man keine aufwendige Büchsenmacher-Arbeit mehr – einfach passende Teile ordern und sich seine Custom-Waffe selbst zusammen­bauen.

Kombiniert man einen solchen „Loch-Stanzer“ mit hochmoderner Zieloptik, entsteht eine optimale Jagdbüchse für wirklich weite Schüsse, dazu sehr robust, pflegeleicht und schnell zerlegbar.

Der Wermutstropfen kommt zum Schluss: Eine Blaser R 8 in .270 WSM mit FBT-Carbonlauf und Atzl-Matchabzug kostet 9.846 €, dazu kommt die Montage (340 €) und Swarovskis DS (4.200 €) –macht 14.386 €. Nur vom Feinsten eben.

Technische Daten Bergjägers Traum