Repetierer CZ 600 Alpha: Viel Gewehr für kleines Geld

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Repetierer CZ 600 Alpha: Viel Gewehr für kleines Geld

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Mit der CZ 557 wandte sich der tschechische Hersteller Czeska Zbrojovka mit einem auf CNC-Maschinen gefertigten Repetierer von seiner bisherigen Mauser 98-Bauweise ab. Mit der CZ 600 kommt die Weiterentwicklung, wir haben uns die Neue angesehen.

Vorgestellt wurde die CZ 600 schon im Oktober 2021, aber ihr Start fiel alles andere als glücklich aus. Ursprünglich war eine Laufwechsel-Möglichkeit vorgesehen, aber die war nicht narrensicher, sodass man den Lauf falsch einbauen konnte. Als Reaktion kam es zu einer Rückrufaktion – die Läufe sind jetzt fest verbaut und dürfen also nicht mehr gewechselt werden. Drei Fixierschrauben, die den Lauf in die geschlitzte vordere Hülsenbrücke klemmen, sind mit signalrotem Sicherungslack markiert – wird dieser beschädigt, erlischt die Garantie.

Die Schrauben der Laufklemmung wurden versiegelt, bei Beschädigung (Laufwechsel) erlischt die Garantie.

 

Ein Laufwechsel darf nur noch von einem autorisierten Service-Center durchgeführt werden. Damit kann man bei einer Jagdbüchse, die gerade mal 1236 € kostet, wohl leben. Kaum jemand wird einen Wechsellauf kaufen, der halb so viel wie die ganze Waffe kostet, zumal man dazu den Schaft entfernen muss, sodass sich nach Laufwechsel die Treffpunktlage wahrscheinlich verändert. Die CZ 600 kam gleich als ganze Familie auf den Markt, neben der vom RWJ getesteten Alpha gibt es noch die Modelle Ergo, Lux, Range und Trail, die sich in Schäftung, Kaliber-Palette und dem Material der Systemhülse unterscheiden – bei Lux und Trail sind sie aus Stahl, bei den anderen aus Aluminium. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es passend zum gewählten Kaliber auch drei Systemgrößen (Mini, Medium, Long) gibt. Viele Hersteller günstiger Waffen machen sich‘s da einfach und passen die Magazine der Patrone simpel mit Einlagen an – das sieht nicht nur unschön aus, sondern vergrößert unnötig die Baulänge von Kurzpatronen in einem langen System.

CZ 600 ALPHA

Die Alpha, das günstigste Modell der 600er-Serie, ist eine robuste Revierwaffe mit schwarzem, glasfaserverstärktem Polymer-Schaft. Es gibt sie in den Kalibern .223 Rem., 7,62 x 39, .308 Win., 6 mm CM, 6,5 PRC, .30 - 06, .300 WM, 8 x 57 IS und in vier Lauflängen (46/51/56/61 cm). Der kaltgehämmerte Lauf hat eine Semiweight-Kontur mit einem Mündungsdurchmesser von 18,5 mm, wenn man wie bei der RWJ-Testwaffe in .30-06 den 51 cm-Lauf wählt. Die handliche Büchse kommt damit auf eine Gesamtlänge von 103 cm und bringt 3 280 g auf die Waage.

Wie bei allen 600ern ist der Lauf mit einem Mündungsgewinde M 15 x 1 versehen (Range M 18 x 1), eine Abdeckkappe wird mitgeliefert. Die Drall-Länge ist vorbildlich auf den Lauf graviert (bei der .30-06 1 : 10).

SECHS VERRIEGELUNGSWARZEN UND INTEGRALES WEAVER-PROFIL

Die Systemhülse ist auf der Oberseite mit einem Weaver-Profil für die Zielfernrohrmontage versehen, das aus dem vollen Material gearbeitet ist. Die Kammer verriegelt direkt im Lauf mit sechs Warzen in zwei Reihen, der Öffnungswinkel (60 Grad) begünstigt flache Montagen.

Kammer mit sechs Verriegelungswarzen, der Stoßboden (r.) ist nach unten offen.

 

Sehr gut ist die Zuführung gelöst – die Patrone wird durch den Druck der Magazinfeder direkt unter die Auszieherkralle geschoben, denn der Stoßboden ist nach unten offen. Bei umschlossenen Stoßböden muss sich die Patrone am Auszieher vorbeidrücken. Damit man auch eine Patrone direkt in den Lauf stecken kann, hat die Auszieherkralle eine große Fase und legt sich auch dann in die Auszieherrille der Patrone. Die System-Bettung im Kunststoffschaft ist einfach und effektiv – die flache Systemunterseite hat unter den Hülsenbrücken Ausfräsungen, die mit Stegen im Schaft korrespondieren, die Rückstoßkräfte werden so auf zwei Flächen verteilt. Pillars zur Führung der Systemschrauben fehlen, beim Anziehen sollte man etwas vorsichtig sein.

Der Schlosshalter liegt rechts am System vor dem Kammerstengel, also nicht wie gewohnt links. Ungewöhnlich ist auch die Sicherung, die ans System der Sauer 202 erinnert: Entsichert wird durch Herunterdrücken eines Knopfes auf dem Kolbenhals hinterm System, gesichert durch Nach-oben-Drücken eines Knopfes unten am Kolbenhals. Entsichert man vorsichtig und hält einen Finger unten dagegen, geht das geräuschlos, drückt man einfach drauf, ist ein deutliches Klicken zu hören. Diese Sicherung wirkt auf den Abzug und sperrt im gesicherten Zustand auch die Kammer, ein roter Signalstift am Ende des Schlösschens zeigt, dass die Waffe gespannt ist.

Vertikale Druckknopf-Sicherung – zum Entsichern muss man diesen Knopf auf dem Kolbenhals eindrücken und ...
... zum Sichern drückt man den gegenüberliegenden Knopf hinter dem Abzugsbügel ein – ähnlich wie bei der Sauer 202.

 

EINSTECK-MAGAZIN UND VERSTELLBARER DIREKTABZUG

Das Kastenmagazin komplett aus Kunststoff nimmt fünf Standardpatronen auf. Der Auslöser liegt etwas versenkt vor dem Magazinschacht in der Schaftunterseite. Das Magazin steht unter Federdruck und springt heraus, wenn man den Auslöser drückt. Der Direktabzug lässt sich über eine von außen zugängliche Schraube verstellen, die Testwaffe löste bei 680 g trocken und ohne fühlbaren Vorweg aus – für eine Waffe dieser Preisklasse ein toller Abzug.

Das Kastenmagazin für fünf Patronen besteht komplett aus Kunststoff.

 

Die Montageschienen sind aus dem vollen Material der Systemhülse gefräst.

 

KUNSTSTOFF-SCHAFT MIT WEICHEN EINLAGEN

Der schwarze Polymer-Schaft hat einen geraden, recht hohen Rücken und einen steil stehenden Pistolengriff. Er ist konsequent zum Schuss über ein Zielfernrohr ausgelegt – was Sinn macht, denn Kimme und Korn fehlen. Die Unterseite des Vorderschafts ist flach, am Pistolengriff, seitlich am Vorderschaft und seitlich unten am Hinterschaft finden sich weiche Gummieinlagen zur Erhöhung der Griffigkeit. Welchen Sinn Einlagen am Hinterschaft haben, erschließt sich aber nicht ...

Abgeschlossen wird er durch eine weiche Gummikappe, die den Rückstoß gut dämpft, aber schlecht gleitet – zum Drückjagd-Einsatz nicht optimal. Der Mündungsabstand der angegossenen Riemenbügel-Basen (23cm) reicht gerade so zum bequemen Tragen am Riemen über der Schulter.

AUF DEM SCHIESSSTAND

Für den Präzisionstest kam auf die CZ mit einer MAKuick 3 Schnellspann-Montage ein Vixen 2,8 - 15 x 56. Auch CZ folgt der derzeitigen Mode und garantiert bei der Alpha eine Präzision von unter 30 mm (drei Schuss auf 100 m) und dazu eine Mindestlebensdauer von 20 000 Schuss ...


Wir haben sechs Laborierungen aus dem Schießgestell getestet und nach je drei Schuss den Streukreis gemessen. Danach wurde das sonst übliche 5-Schuss-Bild komplettiert (siehe Tabelle):

Die Ergebnisse können sich sehen lassen, alle sechs Laborierungen halten die versprochene Garantie mit drei, die Hälfte sogar mit fünf Schuss.

Resümee: CZs neue 600 ist eine robuste, präzise Revierwaffe zu einem sehr guten Preis. Der nicht mehr vorhandenen Wechsellauf-Möglichkeit braucht man wohl nicht nachzutrauern, in diesem Preissegment sind Wechselläufe sehr wenig gebräuchlich und auch kaum sinnvoll. Sehr gut ist die der Patrone angepasste Systemlänge und der tolle Abzug, Weaver-Schienen für preiswerte Montagen und ein Mündungsgewinde sind serienmäßig.

Die Sicherung ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber dafür ohne große Geräusche. Fazit – viel Gewehr für kleines Geld.

Autor: Norbert Klups