High-End-Vorsatz

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High-End-Vorsatz

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Mit der neuen Thunder 3.0-Serie bringt Hikmicro vier neue Wärmebild-Vorsatzgeräte mit Brennweiten von 35 und 50 mm, darunter ein Modell mit einem integrierten Entfernungsmesser in der Frontlinse auf den Markt, die einen neuen, sehr leistungsstarken Sensor mit 15 mK Empfindlichkeit haben. Wir haben das TQ 50C mit dem großen Objektiv getestet.

Das TQ50C verwendet einen VOX-Detektor mit 640 x 512 Pixel, einen 12-µm²-Pitch mit einer Bildwiederholungsrate von 50 Hz. Der NETD (Rauschäquivalent-Temperaturdifferenz) gibt der Hersteller mit ≤ 15 mK an – zurzeit das Maß der Dinge. Der OLED-Bildschirm hat eine Auflösung von 1 920 x 1 080 Pixel und das 50 mm-Objektiv eine Blende F von 1.0. Die Sehfeldbreite wird mit 15,4 auf 100 m angegeben. Der neue Sensor funktioniert shutterless: ein Kalibrieren, bei dem das Bild kurzzeitig einfriert, entfällt damit – für  Vorsatzgeräte ideal. Im Vorsatzmodus vergrößert das Thunder einfache Vergrößerung, für den zuschaltbaren Beobachtungsmodus steht auch eine 2,8-fache Vergrößerung zur Verfügung und zusätzlich ein Zoombereich (bis achtfach). Im Beobachtungsmodus darf das Gerät aber nicht zum Schuss benutzt werden, darauf ist unbedingt zu achten. Ein Blick auf die technischen Daten verdeutlicht,, dass es sich um ein High-End-Gerät handelt bei dem nur leistungsstarke Komponenten verwendet wurden. Beeindruckend sind auch die kompakten Maße (149,4 × 76 × 74,6 mm/ohne Fokusturm) und das geringe Gewicht (500 g), erreichbar durch ein leichtes, aber dennoch robustes Magnesiumgehäuse. An der linken Unterseite findet man einen USB-C-Anschluss sowie den Ein- und Ausschalter – mit einer integrierten Power-LED, die dauerhaft leuchtet und leider nicht deaktiviert werden kann. Oben finden sich drei Steuertasten, alle mit mehreren Funktionen, die man über kurzes oder langes Drücken oder Doppelklick anwählt. Davor liegt der Fokus-Knopf zur Scharfstellung des Bildes. 
Das Objektiv schützt eine frei drehbare Alu-Kappe mit Magnetverschluss. Zur Stromversorgung dient ein hauseigener Akkupack, der rechts im Gehäuse liegt. Zum Lieferumfang gehören zwei Akkupacks und eine Ladestation, Akkus lassen sich aber auch im Gerät selbst laden. Das Thunder 3.0 verfügt über einen internen 64-GB-Speicher für Foto- und Videoaufnahmen und eine WiFi-Funktion, streamen per App ist so kein Problem. Man kann Bilder und Videos auch direkt auf dem Geräte-Monitor anschauen – besonders interessant, da das Thunder auch über eine automatische rückstoßgesteuerte Videoaufzeichnung verfügt. Ist diese Funktion aktiviert, läuft die Videoaufzeichnung immer mit, überschreibt sich aber automatisch nach einiger Zeit. Nach einem Schuss speichert das Gerät die letzten 7 Sekunden vor und nach dem Schuss automatisch, sodass ein 14 Sekunden langer Film zur Verfügung steht, der direkt auf dem Gerät angeschaut werden kann. So kann man schnell und bequem kontrollieren, wo man abgekommen ist und wohin das beschossene Stück eventuell geflüchtet ist.
Zur Schusskontrolle steht eine Besonderheit zur Verfügung – im Film wird ein Fadenkreuz eingeblendet, das genau zeigt, wo man abgekommen ist. Im Menü bringt man dieses virtuelle Fadenkreuz einmalig mit dem echten Absehen seines Zielfernrohrs in Deckung und speichert es dann ab. Dieses Fadenkreuz ist nur später im Film zu sehen, nicht im Gerät selbst – und daher BKA-konform. Menü und Darstellung lassen sich an die Vergrößerung der Zieloptik anpassen, um auch Gläser mit größerer Grundvergrößerung problemlos nutzen zu können. Das Gerät bietet außerdem fünf Speicherplätze für verschiedene Treffpunktlagen, so kann man das Thunder für mehrere Zieloptiken verwenden. Die fest verbaute Kollimatorlinse erlaubt eine bis zu 15-fache Vergrößerung der Zieloptik, bevor das Bild zu pixelig wird. 

Auf dem Stand und im Revier
Im RWJ-Test kam das Thunder mit einem Präzise Jagen-Adapter auf eine Blaser R 8 in 8,5 x 63. Die Korrektur der Treffpunktlage war mit dem Bildverschiebe-Menü kein großes Problem. Die Einrichtung erlaubt eine Verschiebung um 1,3 cm, sodass eine sehr präzise Justierung möglich ist. Wir haben den Wärmebildvorsatz (aktuelle Gesetzeslage beachten) mehrere Wochen im Revier bei unterschiedlichen Wetterbedingungen geführt. Das Bild ist hervorragend und setzt neue Maßstäbe, besonders was die Darstellung der Umgebung (Nicht-Wärmequellen) angeht – selbst feine Äste und Gräser werden kontrastreich abgebildet. Hier ist das Thunder noch einen Tick besser als die Konkurrenz von Infiray und Thermtec mit 640er-Sensoren, was auch am leistungsstarken Display liegen wird. Die Entdeckungsdistanz gibt der Hersteller mit 2 600 m an – auf über einen Kilometer Sauen auf dem Feld zu detektieren, gelang im RWJ-Test problemlos. Bei 800 m sind sie auch als solche sicher zu identifizieren. Auch bei dunstigem Wetter und Regen lieferte das Thunder noch erstaunlich gute Bilder und kann zu Recht als High-End-Gerät bezeichnet werden – ein besseres Gerät in Sachen Bilddarstellung hatten wir bisher noch nicht im Test.

Resümee: Mit der neuen 3.0-Serie hat sich Hikmicro bei Vorsatzgeräten einen (vorläufigen) Spitzenplatz gesichert. Durch sein großes Objektiv mit eingeschränktem Sehfeld ist es vornehmlich für Feldjäger geeignet und bietet dabei eine tolle Detailerkennbarkeit auch auf größere Distanzen. Im Wald wird man eher zum 35-mm-Objektiv greifen (21,9 m Sehfeld/übrige technische Daten identisch). Videos sofort am Gerät anzuschauen, ist sehr praxisgerecht und das virtuelle Fadenkreuz toll zur Trefferbeurteilung – das bietet bisher kein anderes Gerät (3 499 €). Norbert Klups