Vergleichstest: Jagdhaftpflichtversicherungen
Mit dem neuen Bundesjagdgesetz, das im nächsten Jahr in Kraft treten soll, wird es auch Änderungen bei der Jagdhaftpflichtversicherung (JHV) geben – welche genau, was das in der Übergangszeit für laufende Jagdscheine bedeutet und alle aktuellen Prämien erfahren Sie in unserem Service-Beitrag.
Seit über 30 Jahren gibt es Kritik an der uralten und längst überfälligen Mindest-Deckungssumme der JHV (500.000 € für Personen- und 50.000 € für Sachschäden) – ein Relikt aus der Steinzeit des Versicherungsrechts.
Dadurch lässt es der Gesetzgeber bis heute zu, dass es im Jagdbetrieb zu menschlichen Tragödien kommen kann, weil Geschädigte auf berechtigten Ansprüchen sitzen bleiben, weil Jäger nicht ausreichend versichert sind.
Doch mit der angekündigten Novelle des Bundesjagdgesetzes soll das nun endlich ein Ende haben – voraussichtlich bis spätestens im Sommer 2021 wird es in Kraft treten (wenn die Knackpunkte rund um die Wald-Wild-Thematik geklärt sind).
Im § 17 wird dann als neue Mindest-Deckungssumme 5 Mio. Euro pauschal stehen. Endlich.
Wie man den Übergang gestaltet
Wer zum 1. April 2022 einen neuen Jagdschein lösen muss, wird spätestens dann einen Versicherungsnachweis benötigen, der mindestens die 5 Mio.-Deckung bescheinigt.
Schlauerweise wird man aber schon für einen Dreijahres-Jagdschein, dessen Laufzeit am 1. April 2021 beginnt, keine JHV mehr abschließen, deren Mindestdeckung unter 5 Mio. Euro liegt.
Jagdscheine ohne dann ausreichende Mindestdeckung, die noch über den 1.4.2022 hinaus gültig sind, werden voraussichtlich durch eine Übergangsregelung weiter gültig bleiben, weil der Verwaltungsaufwand, sie deswegen individuell zu „widerrufen“, viel zu groß wäre.
Daher sollten Jäger mit solchen Verträgen von selbst die Initiative ergreifen – also gar nicht darauf warten, von ihrer Jagdbehörde angeschrieben zu werden: Stattdessen sollte man sich mit seiner Versicherung in Verbindung setzen und darum bitten, in den laufenden Vertrag hinein die Deckung auf mind. 5 Mio. Euro, besser noch 10 Mio. anzupassen.
Der Aufpreis für diese Deckungserweiterung dürfte in der Regel kaum höher als 10 € pro Jahr sein – gut investiert!
Kleingedrucktes für Fortgeschrittene
Wie der Name Haftpflicht schon sagt, handelt es sich bei so einer JHV nicht um irgendwas frei Wählbares. Wie man kein Auto anmelden kann, ohne die entsprechende Police nachzuweisen, wird auch kein Jagdschein ausgestellt, wenn dieses Papier fehlt.
Dabei hat sich der Gesetzgeber etwas gedacht – so wird sichergestellt, dass bei grundsätzlich „schadensgeneigten Tätigkeiten“ Geschädigte nicht auf erheblichen Forderungen (Schmerzensgeld, Schadenersatz, Verdienstausfall, Berufsunfähigkeit u. v. m.) sitzen bleiben, wenn der Verursacher des Schadens dafür nicht aufkommen kann – oder muss (s. u. „Verschuldens-Prinzip).
Deshalb wurden Minimal-Konditionen festgelegt, damit genau das nicht passiert. Elementarer Bestandteil ist eine ausreichende Mindestdeckung, die zur Regulation zur Verfügung stehen muss – im Kfz-Bereich sind das für Personenschäden mind. 7,5 Mio. €, üblicherweise aber 50 bis 100 Mio. €. Demgegenüber wirken selbst die neuen 5 Millionen € bei der JHV noch bescheiden.
Bis auf die Definition der Mindestdeckung lässt das Gesetz den Versicherern völligen Freiraum. Dadurch wird das berüchtigte Kleingedruckte schnell unübersichtlich.
Deshalb hier noch einmal Bestandteile, die eine vernünftige JHV 2021 enthalten sollte:
- Forderungsausfalldeckung. Bei einer Forderungsausfall-Deckung kommt meine Versicherung für Ansprüche auf, die mir als Geschädigtem zustehen, wenn weder der Verursacher noch dessen Versicherung aufkommt. Diese „Krücke“ wird spätestens mit Inkrafttreten des neuen Bundesjagdgesetzes ihre Berechtigung verlieren, weil jeder Jagdscheininhaber dann mit mindindestens 5 Mio. Euro versichert sein wird – gut so !
- Klare Aussagen zum Deckungsumfang von Schäden durch Jagdhunde. Nach wie vor verursachen Hunde vier Fünftel aller gemeldeten Schäden (!) in der JHV – meist Bagatellschäden außerhalb des Jagdbetriebs, für die Nichtjäger Hundehaftpflichtversicherungen abschließen müssen (die ein Mehrfaches der Jagdhaftpflicht kosten).Hundeführer sollten auf jeden Fall klären, wie viele Hunde maximal mitversichert sind (meistens zwei, bis zu fünf).Ebenso wichtig ist die Frage, bis zu welchem Alter Welpen als mitversichert gelten (mind. 12, besser 24 Monate). Dauerstreit-Thema ist die Frage, welche Hunde überhaupt mitversichert sind, in schöner Regelmäßigkeit kommt es dabei zu Streit um den Begriff brauchbar: Als brauchbar gelten unzweifelhaft Jagdhunde mit entsprechender Prüfung (Brauchbarkeitsprüfungen u. gleich- bzw. höherwertigere Prüfungen von Jagdhundevereinen). Solange nichts passiert, will ihre Gesellschaft dafür auch keinen Nachweis, Ärger droht in der Regel erst im Schadensfall. Daher sollte man schon vor Abschluss einer Versicherung wissen, wie die Brauchbarkeit von Hunden nachzuweisen ist. Wer mit ungeprüften Hunden (versicherungsrechtlich) auf Nummer sicher gehen will, sollte nach einer Gesellschaft suchen, die diese (oft gegen geringen Aufpreis) von vornherein mitversichert.
- Ausschluss vom Einwand des Verschuldens-Prinzips bei Waffengebrauch. Im Versicherungsrecht gilt generell das Verschuldens-Prinzip, was im Einzelfall fatale Folgen haben kann: Stellt ein Gutachter fest, dass durch Unfall mit einer Schusswaffe den Unglücksschützen gar keine Schuld trifft – etwa weil bei einem Abpraller infolge des Schusswinkels nicht zu erwarten war, dass jemand gefährdet werden konnte … zahlt die Versicherung keinen Euro! Um sich (v. a. seine Mitjäger) vor diesem Schicksal zu schützen, sollte man eine Versicherung abschließen, die auf den Einwand der Verschuldenshaftung bei Schusswaffengebrauch verzichtet.
Und was ist mit ASP ?
Nach dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest im Osten Deutschlands wollten wir in diesem Jahr wissen, welche ggf. von Jägern im Rahmen der Seuchenbekämpfung eingeforderten Tätigkeiten nicht von der JHV abgedeckt würden.
Alle Teilnehmer unseres Vergleichs sicherten dazu die volle Deckung zu – außer Veterinär- und Ordnungsbehörden übernähmen für ganz bestimmte Risiken eine eigene Haftung für beauftragte Jäger, die im Rahmen der Seuchenbekämpfung tätig würden.
Während die Deckungserweiterung zum Inverkehrbringen von Wildbret (Produkthaftung) oder beim Schuss auf nicht dem Jagdrecht unterliegende Arten (Bisam, Nutria, Kormoran) heute erfreulicherweise von nahezu allen Versicherern vollzogen wurde, lauern anderswo noch Fußangeln (in der Regel ab 10 Mio-Deckung mitversichert):
- Mitversicherung von Drohnen
- Deckungserweiterung für mitjagende Verwandte (sog. Verwandten-Klausel)
- Deckung für Auslandsjagden
Worauf man noch achten muss
Ein Blick auf die aktuellen Prämien zeigt, dass man schon für unter 50 € einen vernünftigen Schutz erhält. Weil in Schießkinos nicht mit Laserwaffen geübt wird, sondern echte Geschosse durch die Gegend fliegen, kommt es durch oft viel zu hart stehende Abzüge leider immer wieder zu Wand-, Boden- und Deckentreffern.
Dafür ist man meist mit einigen 100 Euro dabei, vor Ort zu zahlen. Solche Schäden erstatten Jagdhaftpflicht-Versicherer in der Regel anstandslos.
Auf unsere Initiative wurden in der jüngsten Vergangenheit außerdem nicht begründbare, überteuerte Pauschalen für Boden-, Wand- und Deckentreffer in Schießkinos wieder auf das normale Maß zurückgenommen.
Generell sollte man keine Tarife mit Selbstbeteiligungen abschließen!
Die einfache Rechenaufgabe, was wohl besser ist – 20 € mehr Jahresprämie oder allein 100 € für jeden Allerweltsschaden im Schießkino, von Kleidungsschäden durch Hunde ganz zu schweigen – wird sicher jeder selbst lösen können …
Auch als Nicht-Hundehalter sollte man keinen Tarif ohne Hundehaltung wählen. Zum einen schaffen Sie sich ja vielleicht doch in der Laufzeit einen an, andererseits sprengen solche Tarife die Solidargemeinschaft aller Jäger, also auch der, die dringend auf Hunde anderer Jäger angewiesen sind.
Wer seinen Hund anderswo betreuen lässt oder schon mal geliehene Autos bewegt (alles Fälle, in denen es zu Schäden kommen kann, die nicht jede JHV ohne Weiteres abdeckt !), sollte sich ausführlich mit dem Kleingedruckten auseinandersetzen – oder gleich einen freundlichen Agenten in Anspruch nehmen.
Die günstigsten und teuersten Anbieter 2021/22
5 Mio. € pauschal:
- Gegenseitigkeit/GVO 29,77 €
- Ergo 92,21 €
10 Mio. € pauschal:
- ArGe Baden-Württemberg 41,00 €
- Ergo97,06 €
15 Mio. € pauschal:
- Uelzener 43,84 €
- Allianz (mit Hunden) 126,00 €
Wie man sparen kann
Bei Gruppenverträgen ziehen Hegeringe und Kreisjägerschaften die Prämien in eigener Regie ein, Versicherer sind da zu Abschlägen bereit. Makler bieten meist interessante Rahmenverträge (s. Tabelle Makler u.).
Viele Gesellschaften bieten Nachlässe für Berufsjäger, Förster, Jagdaufseher, Polizisten und den Öffentlichen Dienst – und ab fünf Jahren Laufzeit sollten mindestens drei Prozent Rabatt drin sein.
Fazit
Bezogen auf die jährlichen Gesamtausgaben bei der Jagd sind die Kosten für eine JHV verschwindend gering. Dennoch können Sie mit unseren Übersichten und Tipps sparen – aber tun Sie dies an der richtigen Stelle!
Wenn man wechseln will
Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Wer zur Lösung seines nächsten Jagdscheins (1.4.2021) die Versicherung wechseln will, muss spätestens bis zum 31.12.2020 seiner jetzigen Versicherung kündigen.
- Kündigen kann man nur zum Ablauf des Jagdscheins. Wer einen Dreijahres-Jagdschein gelöst hat, kann also erst zum Ende der Laufzeit kündigen.
- Eine formlose Kündigung könnte etwa so aussehen: Kündigung meiner Jagdhaftpflichtversicherung Vertr.-Nr. 123 Hiermit kündige ich meine o. g. Versicherung fristgemäß zum 31.3.2021. Ich bitte um eine kurze Bestätigung.
- Sicherheitshalber sollte die Kündigung per Einschreiben verschickt werden.
- Bitten Sie Ihre neue Versicherung rechtzeitig vor Verlängerung des Jagdscheins um eine Bestätigung.