Innovatives Werkzeug pur

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Die Einführung des Geradezug-Repetieres DR 21 von Dentler (bekannt für Montagen)
erfolgte mit großem PR-Aufwand. Schon auf den ersten Blick sieht man, dass dabei
kein bewährtes Konzept weiter entwickelt wurde, sondern es sich um eine echte Neuheit handelt.

Die DR 21 ist ein Geradezug-Repetierer in Kurzbauweise, aber trotz einer Gesamtlänge von nur 87 cm (52 cm-Lauf/Standardkaliber) kein Bullpup-Repetierer im engeren Sinne. Bei der DR 21 befindet sich zwar das Magazin hinterm Abzug wie bei Bullpups, aber bei denen liegt auch das Patronenlager ganz oder teilweise hinterm Abzug – nicht bei der DR 21. Die korrekte Bezeichnung wäre also kompakter Geradezug-Repetierer in Modularbauweise.
Herzstück ist das aus einem vollen Block hochfestem 7075er-Alu gefräste Gehäuse. Daran angebracht sind der Abzug, das abklappbare Element mit Abzugsbügel und Magazin, Kammer, Lauf sowie Vorder- und Hinterschaft.

6-Warzen Drehkopf-Verschluss
Der Drehkopfverschluss verriegelt über sechs Warzen direkt im Lauf (Verriegelungs-
fläche: 120 mm²). Das Leichtmetallgehäuse muss keine Kräfte aufnehmen. Der Verschluss läuft im Hinterschaft und damit hinter Pistolengriff und Abzug. Der komplette hintere Teil ist sehr flach gehalten, so dass die Kammer unter der Schaftbacke durchläuft. So besteht keine Gefahr, dass sie beim schnellen Repetieren das Gesicht touchieren kann. Nur vorn, wo das Verriegelungsstück eingesetzt und der Kammerstengel angebracht sind, ist die Kammer dicker. Der Kammerstengel ist leicht nach vorn geneigt, seine Kugel liegt etwa 35 mm hinterm Abzug. Optimal zum schnellen Repetieren wäre dies in Abzugshöhe, aber das ist bei dieser Konstruktion kaum realisierbar – und bei Bullpup-Repetierern noch ungünstiger. Der Kammerstengel ist beweglich und man muss ihn am Ende der Verschlussbewegung etwas nach vorn drücken, um den Drehkopfverschluss zu verriegeln. Die Kammer einfach nach vorn zu schmeißen (wie bei einer Blaser R 8) funktioniert nicht – daran muss man sich gewöhnen. Der Verschluss läuft sehr leicht und geschmeidig, nach einiger Übung ist schnelles Repetieren kein Problem.
Der Verschlusskopf lässt sich beim Kaliberwechsel auf ein anderes Stoßbodenmaß werkzeuglos entnehmen, auch bei eingesetzter Kammer – ganz praktisch, denn die Kammer lässt sich nicht einfach so nach hinten entfernen, denn sie läuft ja unterm Schaftrücken durch, so dass der Stengel und der vordere, dicke Teil im Weg sind. Um die Kammer zu entnehmen, muss man zunächst den Schaftrücken entfernen – dazu wird die rechts am Hinterschaft angebrachte Schaftbacken-Klemmung mit einer Münze gelöst, bis sich die Backe aus der Führung ausfädeln u. abnehmen lässt. Der Rücken aus Kunststoff lässt sich mit einer 2 mm-Rastung in der Höhe verstellen.
Es gibt nur eine Systemlänge für alle Kaliber – von der .222 Rem. bis .375 H & H. Die Länge der Kammer (damit auch ihr Weg) muss natürlich auf das längste Kaliber ausgelegt sein, bei kürzeren Patronen würde sonst ein unnötig langer Weg entstehen. Um das zu vermeiden, verfügt die DR 21 über eine Repetierweg-Begrenzung – je nach Kalibergruppe automatisch durch das Magazin gesteuert. Bei Kurzpatronen lässt sich die Kammer nur soweit zurückziehen wie es zum Repetieren nötig ist – ein Zeitgewinn.

Einfacher Laufwechsel
Die Läufe von Lothar Walther werden in einen Monoblock geschraubt, an dem unten Nasen zur Lauflagerung und oben die Montage-Grundplatte angebracht sind. Die Läufe (Mündungsdurchmesser 17 mm) sind mit einem Mündungsgewinde M 15 x 1 ausgestattet (Abdeckkappe im Lieferumfang). Um den Lauf (Standardkaliber 52 cm) zu wechseln, muss man nur eine Schraube lösen, die über eine Öffnung an der Unterseite des Vorderschaftes zugänglich ist. Öffnung wie Schraube verlaufen schräg zur Schussrichtung, denn bei der Laufbefestigung orientiert sich Dentler an seinen Montagen. Der Lauf liegt in einem Bett im Systemgehäuse (Auflagefläche 1 400 mm²)und hat an der Unterseite einen Niederzugkeil. Am Systemgehäuse ist ein Stahlstift quer angebracht, zieht man die schräg laufende Befestigungsschraube an, wird der Lauf gleichzeitig nach unten ins Bett und nach hinten in den Stahlstift gezogen. Prismenförmige Anlageflächen links und rechts sorgen für einen unverrückbaren Sitz, damit ist eine immer gleiche Laufposition gewährleistet. Der Lauf wie die übrigen Stahlteile sind im Salzbad nitrocarboriert. Oben auf dem Lauf-Monoblock befindet sich die Grundplatte der hauseigenen Dentler-Montage – als Basis- (Grundmodell) oder Vario-Version (Premium). An letzterer lässt sich die Treffpunktlage des Zielfernrohrs über die Montage in Höhe und Seite justieren, so dass man eine Zieloptik auf mehreren Waffen verwenden kann. Die Anbringung des Zielfernrohrs auf dem Lauf (also nicht auf dem System) hat große Vorteile für die Wiederkehrgenauigkeit beim Laufwechsel. Dieser Effekt ist von Blasers R 8 bekannt, die als sehr wiederkehrgenau gilt. Die Dentler-Schiene lässt sich allerdings nicht gegen eine andere Montage (z. B. Picatinny-Schiene) wechseln. 

Abzug und Handspannung
Die DR 21 hat eine Handspannung der Schlagbolzenfeder, allerdings anders als bei üblichen Systemen – ein Drücker an der Rückseite wird mit dem Ballen betätigt, wenn die Hand den Pistolengriff umschließt. Dazu sind etwa 2 kg Druck erforderlich, die man auch bei gespannter Schlagfeder halten muss, denn der Drücker rastet nicht ein. Eine Übertragungsstange spannt die Schlagfeder im Schloss – sobald man den Griff lockert, entspannt sie sich wieder. Bei herkömmlichen Handspannern wird ein Spannschieber betätigt und nach dem Schuss wird nach dem Repetieren die Schlagfeder automatisch gespannt. Ein Entspannen muss bewusst von Hand vorgenommen werden. Befindet sich der Handspanner oben am Schloss, ist das auch sinnvoll, denn nur so kann ein schneller zweiter Schuss erfolgen. Dabei muss man allerdings immer daran denken, zu entspannen, wenn nicht mehr geschossen werden soll, sonst hat man eine gespannte Büchse in der Hand oder läuft damit gar in der Gegend herum. Dieses Problem nimmt einem die DR 21 ab –
wird der Griff gelockert, ist das Schloss entspannt. Erst wenn nach dem Repetieren die Hand den Pistolengriff wieder umschließt, wird gespannt. Das Konzept einer Sicherheitswaffe wurde dabei konsequent zu Ende gedacht. Es ist auch nicht möglich, die Waffe zu spannen, wenn sie nicht voll verriegelt ist – versucht man es, öffnet sich der Verschluss.
Nachteilig ist, dass ein gewisser Kraftaufwand (etwa 2 kg) erforderlich ist, um das Schloss gespannt zu halten. Wer einen entspannten, unverkrampften Anschlag gewohnt ist, bei dem die Hand den Pistolengriff nur locker umfasst, muss umdenken. Lockert man den Griff auch nur minimal und der Drücker geht etwas zurück, löst die Waffe nicht mehr aus. Der Abzug steht trocken ohne fühlbaren Weg und löste bei der RWJ-Testwaffe bei 850 g aus.

Das Magazin
Um ans Magazin zu gelangen, muss man das gesamte Griffstück samt Handspannung, Abzug und Verbindungsstück zum Hinterschaft nach unten vorn wegklappen. Die Entriegelungstaste sitzt am hinteren Ende des Abzugsbügels. Das im 3 D-Druck gefertigte Kunststoff-Magazin fasst sieben Patronen (zweireihig in .222/.223 Rem./5 in Standard- und Magnum-Kalibern), mit Hilfe einer Ausfräsung an der Unterseite schiebt man es auf eine T-förmige Schiene am geraden Teil der Bügeleinfassung. Eine Blattfeder verhindert, dass es zu leicht zurückrutscht.
Die Abzugsbügel-Einheit wird mit aufgeschobenem Magazin eingeschwenkt und rastet automatisch ein, wenns schnell gehen muss, lässt sich das Magazin bei geöffnetem Verschluss auch von oben befüllen.
Die DR 21 ist der erste Nicht Bullpup-Repetierer mit Magazin hinterm Abzug. Damit ist sie gegenüber Modellen mit Magazin überm Abzug etwa um 10 cm kürzer – und gar 20 cm kürzer als klassische Repetierer mit Magazin vor dem Abzug. Die Magazin-Abzugsbügel-Einheit sieht auf den ersten Blick etwas filigran aus, ist aber sehr stabil. Schwachpunkt ist das Gelenk, das den Bügel mit dem Systemgehäuse verbindet. Der Gelenkbolzen liegt aber zwischen zwei Stahlscheiben (Durchmesser 25 mm), was auch bei einem Sturz die nötige Robustheit liefern sollte.

Schäftung
Vorder- und Hinterschaft aus Kunststoff sind am Systemgehäuse angeschraubt. An Vorderschaft, Pistolengriff und der höhenverstellbaren Backe sind Gummi-Einlagen eingeklebt, die für einen sicheren Griff auch mit nassen Händen sorgen. Der Schaft ist eine Symbiose aus Pistolengriff- und Lochschaft mit sehr großem Durchgriff. Abgeschlossen wird der Hinterschaft mit einer Gummi-Kappe, die für Schaftlängen von 355, 365 und 385 mm zur Auswahl stehen. Noch bequemer ist aber die längenverstellbare Schaftkappe der Premium-Version mit einer Rückstoßdämpfung über ein Federpaket. Deren Länge lässt sich zwischen 35 – 38,5 cm verstellen – ganz ohne Werkzeug, man muss nur die kleine Taste am Hinterschaft über der Riemenbügel-Öse betätigen.

Auf dem Schießstand
Die RWJ-Büchse (Premium) kam komplett mit einem Swarovski Z8i 2 - 16 x 50 auf Dentlers Vario Montage, dazu kam ein ERA-Schalldämpfer (Recknagel). Zum Präzisionstest kamen Hornadys 165 grs. SST-Geschoss, Sellier & Bellot 165 grs. Exergy Edge, Norma Ecostrike 150 grs., RWS Speed Tip Pro 165 grs, Lapua Naturalis 170 grs. und eine bewährte Handlaborierung (168 grs. Sierra Matchking) mit zum Schießstand. Die DR 21 schießt sich butterweich, wiegt aber schon ohne ZF 4,1 kg – mit dem 50er Swarovski und Montage brachte sie 4 970 g auf die Waage, komplett mit Dämpfer (400 g) u. vollem Magazin liegt man bei satten 5,5 kg. Die Fabrikpatronen brachten Streukreise von 16 - 21 mm (5 Schuss/100 m), die Handlaborierung toppte das Ganze noch (14 mm) – für eine Jagdbüchse eine hervorragende Präzision. Zum Schießen von Bildern ist das Gedrückthalten der Handspannung nicht optimal, da der nötige kräftige Griff um den Pistolengriff bei längerem Zielen nicht gerade konzentrationsfördernd ist. Das Präzisionspotential lässt sich durchaus ausnutzen – nur ist es nicht ganz so einfach u. fordernder als bei Normal-Systemen.
Der Ein- und Ausbau des Laufes funktioniert ohne Setzschuss oder Änderung der Treffpunktlage – ein 5er-Schussbild, bei dem der Lauf nach jedem Schuss aus- und wieder eingebaut wurde, lag bei 18 mm.
Noch mehr interessierte uns das Handling im Schießkino. Die DR 21 ist schon generell recht gut ausbalanciert, noch besser wirds aber mit Schalldämpfer: Dann stellt sich eine leichte Kopflastigkeit ein, die im freihändigen Anschlag sehr angenehm ist. Die Büchse liegt ruhig im Anschlag und schwingt trotz kurzer Baulänge ordentlich. Der nicht ganz auf Höhe des Abzugsbügels liegende Kammerstengel stört weniger als vermutet, die Waffe lässt sich sehr schnell repetieren, wozu auch der geschmeidige Schlossgang seinen Beitrag leistet. Wir haben zunächst zum Nachladen das Magazin jeweils entnommen, gingen dann aber dazu über, Patronen von oben einzudrücken, was durch die offene Bauweise sehr bequem geht. Beim Handling muss man unbedingt darauf achten, den Kammerstengel bewusst bis ganz nach vorn zu drücken und den kleinen Widerstand am Ende des Repetiervorgangs zu überwinden, sonst wird die Kammer nicht ganz geschlossen – und es löst sich kein Schuss. Außerdem muss man den Spanndrücker komplett eingedrückt halten, sonst knallts auch hier nicht. Nach einigen Runden hat man das aber raus, die kurze Baulänge macht das Handling sehr angenehm.
Resümee: Technisch ist die DR 21 ein Meilenstein im Waffenbau – eine Jagdbüchse voller Innovationen: Fast so kurz wie ein Bullpup-Repetierer ohne den Nachteil eines sehr weit hinten liegenden Kammerstengels lässt sie sich leicht zerlegen, hat eine hohe Wiederholgenauigkeit beim Laufwechsel und einen guten Abzug. Die Präzision ist sehr gut und die Magazinkapazität hoch (5 + 1 in Magnumkalibern). Ihr größter Pluspunkt ist die eingebaute Sicherheit gegenüber Bedienfehlern beim (Ent)Spannen, dabei kann man nichts falsch machen, die Waffe ist immer entspannt, sobald man die Umfassung des Pistolengriffs löst. Dafür fordert dieses Gedrückthalten der Handspannung bei Präzisions-Schüssen etwas mehr als ein einrastender Drücker.
Die DR 21 ausschließlich mit Dentler-Montagen anzubieten, kann sich auf internationalen Märkten als Nachteil erweisen – dazu wäre eine optionale Picatinny-Schiene sicher von Vorteil. Das Gewicht (über 4 kg ohne Optik) wird Pirsch- und Bergjäger etwas abschrecken.
Optisch polarisiert die DR 21 natürlich – sie sieht nicht aus wie eine herkömmliche Jagdwaffe und elegant ist sie schon gar nicht. Dieses Werkzeug pur (entworfen von Technikern und nicht von Designern ...) wird damit eher moderne als traditionelle Jäger ansprechen. 
Die RWJ-Testwaffe (Premium/Vario-Montage/ verstellb. Schaftkappe) kostet 6 629 €, die Basis-
version startet bei 5 039 € (Reservemagazin 225 €). Damit bewegt sich die DR 21 in der Oberliga der Nicht-Custom-Repetierer – ob sie sich da halten kann, wird der Markt schnell zeigen. Norbert Klups