Test: Zeiss Conquest V6 2-12x50
Mit der im Frühjahr vorgestellten Conquest V6-Serie bietet Zeiss völlig neu konzipierte Mittelklasse-Zielfernrohre an. Wir haben das universell einsetzbare 2 - 12 x 50 in der Praxis getestet. Von Norbert Klups.
Mit Duralyt-Zielfernrohren stieg Zeiss vor einigen Jahren in den mittleren Preisbereich ein, daraus wurde die Conquest DL-Baureihe – mit fast gleicher Modellauswahl, gleichem Design und zu identischen Preisen. Gut, man hat die Farbe von grau in schwarz geändert, optional war auch eine Absehenschnellverstellung zu bekommen und die Außenlinsen wurden nanobeschichtet (heißt bei Zeiss Lotu Tec).
Dadurch perlt Wasser ab und die Linsen lassen sich leicht reinigen. Bisher wurden nur hochpreisige Victory-Modelle damit ausgestattet. Die Serie umfasst zunächst drei Modelle – 1,1 - 6 x 24 (Drückjagd), 2 - 12 x 50 (Universal) und 2,5 - 15 x 56 (Dämmerung, weite Schüsse). Damit werden endlich auch im mittleren Preisbereich Spezialoptiken für Drückjagd oder Nachtjagd angeboten.
Zwei weitere Modelle für weite Schüsse, ein 3 - 18 x 50 und ein 5 - 30 x 56 sind bereits angekündigt. Alle Modelle sind auch mit Zeiss-Innenschiene lieferbar.
Mit 6-fach-Zoom, FL-Linsen und neuer Leuchteinheit
Bei den neuen Modellen ging Zeiss von der über Tipptasten bedienbaren Leuchteinheit seitlich am Okular ab und kehrt wieder zum dritten Turm links am Mittelrohr zurück. Die Bedienung ohne Hinsehen im Anschlag wird dadurch deutlich einfacher. Zum Einschalten zieht man den Turm etwas heraus und kann dann durch Drehen die Intensität des roten Zielpunktes stufenlos dimmen.
Das geht allerdings nicht völlig lautlos – um ein leichtes Klicken zu vermeiden, sollte man schon sehr konzentriert und langsam ziehen. Es empfiehlt sich daher, die Leuchteinheit zu Beginn des Ansitzes einzuschalten – also nicht erst, wenn Wild auftaucht.
Das hat auch keine Nachteile für die Lebensdauer der Batterie, denn ein Bewegungssensor schaltet das Leuchtabsehen automatisch ab, wenn sich das Zielfernrohr nicht in typischer Schussposition befindet, etwa wenn die Waffe auf der Seite liegt. In Schussposition schaltet es sich blitzschnell wieder ein, davon merkt man nichts.
Der schon bei der alten Serie komfortable Augenabstand von 90 mm wurde beibehalten, auch das Leuchtabsehen wird weiter nanotechnisch produziert. Die extrem feine Lichtfaseroptik produziert einen Leuchtpunkt, der bei 12-facher Vergrößerung auf 100 m kaum mehr als 5 mm vom Ziel verdeckt.
Mit einem Sehfeld von 20,5 m auf 100 m (zweifache Vergrößerung) ist das RWJ-Test-Conquest für normale Bedingungen sogar drückjagdtauglich. Dem Spezialisten 1,1 - 6 x 24 (38,5 m Sehfeld) ist es zwar deutlich unterlegen, aber durch sein 50 mm-Objektiv universell einsetzbar.
Optisch wurde das neue Conquest ebenfalls deutlich aufgewertet – zur Lotu Tec-Beschichtung werden auch FL-Linsen eingesetzt (bisher nur in der hochpreisigen Victory-Serie), diese fluoridhaltigen Gläser ergeben eine bessere Abbildungsleistung und Bildhelligkeit als normale Glassorten.
Optionale Absehen-Schnellverstellung
Eine Absehen-Schnellverstellung (ASV) schätzen heute viele Jäger bei weiteren Schussdistanzen. Statt seinen Geschossabfall durch höheres Anhalten auszugleichen („halt einfach ‘nen halben Meter über die Gams …“), wird einfach die (am besten zuvor gemessene) Distanz an der ASV eingestellt und mit gewohntem Haltepunkt geschossen.
Die Skala befindet sich direkt auf dem Turm. Austauschbare gravierte Metallringe für verschiedene Flugbahnen wie bei der V 8-Serie gibt es zwar nicht, aber als Service bietet Zeiss einen individuell gravierten Turm (90 €) an. Dazu werden die ballistischen Daten der verwendeten Munition benötigt.
Soll der Turm gedreht werden, muss er zunächst hochgezogen werden. So wird verhindert, dass sich die Treffpunktlage ungewollt verstellt (Aufpreis ASV: 180 €).
In Labor und Revier
Vor dem Praxiseinsatz haben wir zunächst die Transmissionswerte in einem optischen Labor messen lassen – ermittelt wurden 91,8 Prozent bei Tag und 90,5 bei Nacht – hervorragende Werte, die die Transmission vieler hochpreisiger Marken deutlich übertreffen und auf Victory-Niveau liegen. Wer noch mehr will, muss zum Zeiss HT greifen, das an 95 Prozent herankommt.
Für den Jagdeinsatz kam das Testglas auf eine R 8 im Kaliber .308 Win. Mit dickem Semi-Weight-Lauf schoss der Blaser-Repetierer mit RWS Evolution einen fünf Schuss-Streukreis von 25 mm.
Die Handhabung ist sehr angenehm, der Vergrößerungsring läuft weich und ohne zu hakeln und das Leuchtabsehen kann leicht im Anschlag bedient werden. Beim Nachtansitz lieferte das Conquest V 6 ein sehr helles und kontrastreiches Bild – was angesichts der guten Laborwerte auch zu erwarten war.
Auch bei der Randschärfe gab es nichts zu meckern, dabei erschien das Conquest im Vergleich sogar einem V 8 Victory 1,8 - 14 x 50 leicht überlegen, dieses Top-Modell liefert aber ein etwas brillanteres Bild bei besserer Farbechtheit.
Bleibt als letztes das liebe Geld – ohne ASV geht das Conquest V 6 2 - 12 x 50 für gerade mal 1.595 € über den Ladentisch (mit oder ohne Innenschiene).
Resümee: Der Erfolgskurs der mittelpreisigen Zeiss-Zielfernrohre wird sich fortsetzen. Mit 6 fach-Zoom sind sie noch interessanter, die FL-Linsen verbessern die Bildqualität deutlich. Dazu kommt die klassische Aufmachung des Rohrkörpers und die traditionelle Platzierung des Leuchtabsehens. Damit sehen Conquest-Modelle wieder so aus, wie sich viele Jäger ein Zielfernrohr vorstellen.
Wer einen noch größeren Zoomfaktor will, kann zu 8 fach-Modellen greifen, für das letzte Quäntchen Transmission stehen etwa Victory HT-Modelle zur Verfügung. Für solche Top-Serien werden aber rund 1.000 € mehr verlangt … Vom Preis-Leistungs-Verhältnis sind die Conquest V 6-Modelle derzeit nicht nur innerhalb der Zeiss-Familie erstklassig, sondern setzen auf dem gesamten Zielfernrohrmarkt ein Ausrufezeichen.