Hohe Strafen für Murmel-Abschuss

Lesezeit
2 minutes
Bisher gelesen

Hohe Strafen für Murmel-Abschuss

Erstellt in
Kommentare

In Südtirol sind zwei Politiker zu insgesamt über einer Million Euro Strafe verurteilt worden.

Weil sie zwischen 2010 und 2014 geschützte Murmel, Dachse und Kormorane per Dekret zum Abschuss freigegeben hatten, müssen Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder und der ehemalige Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei Heinrich Erhard Schadenersatz zahlen. Das geht aus einer Pressemitteilung des Südtiroler Bauernbundes und einer Meldung des Nachrichtenportals Südtirol Online hervor.

Murmel richten auf Almwiesen große Schäden an

Zu je 568.125 Euro Schadensersatz wurden Luis Durnwalder und Heinrich Erhard von der Zentralsektion des Rechnungshofes in Rom verurteilt, weil sie Abschussdekrete ausgestellt hatten und dem Staat durch den Abschuss von verschiedenen Tierarten ein Schaden entstanden sei - so lautet das Urteil des Rechnungshofes.

Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler stellt klar: „Durch den Abschuss ist kein Schaden entstanden, sondern es wurden Schäden verhindert. Immer wieder gibt es in der Berg- und Almwirtschaft Probleme, besonders mit den Murmeltieren. Wenn sie sich unkontrolliert vermehren und ausbreiten, ist an eine Bewirtschaftung der Bergwiesen nicht mehr zu denken.“

Verletzungsgefahr für Tiere und Menschen

Zudem seien Murmeltiere eine Gefahr für die gealpten Tiere. „Murmeltiere graben Löcher und Gänge. Wenn Kühe und Kälber drauftreten, können sie einbrechen und sich ernsthaft an den Beinen verletzen. Gleiches gilt auch für die Bewirtschafter. Hinzu kommt noch, dass Murmeltiere gerne Almhütten untergraben und so die Statik gefährden. Durch den Abschuss von verhältnismäßig wenigen Tieren wurden Schäden in der Berglandwirtschaft verhindert“, erinnert Tiefenthaler.

Urteil realitätsfremd und überzogen

Das Urteil des Rechnungshofes zeige, dass man in Rom die Südtiroler Realität nicht kenne. Zudem bestätige das Urteil ein allgemeines Problem: „In Italien werden Tiere entweder überhaupt nicht geschützt oder der Schutz ist so hoch, dass Entnahmen kaum möglich sind, auch wenn die Population überhandnimmt. Ein Mittelmaß scheint es nicht zu geben. Das sieht man aktuell auch bei der Wolfs-Diskussion“, bemängelt Tiefenthaler.

Und noch etwas zeige das Urteil laut Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner: „Anstatt die Population bzw. die Art als Ganzes zu sehen, wird jedes Einzeltier für unantastbar erklärt. Das hat nichts mehr mit Artenschutz zu tun, sondern ist tiefste Ideologie.“ Zu hinterfragen sei auch die Rolle der Tierschützer und ob sie den Tierschutz manchmal nicht falsch verstehen.

Der Südtiroler Bauernbund ist überzeugt, dass das Urteil in der nächsten Instanz abgewiesen wird und sowohl Durnwalder als Erhard freigesprochen werden.

Anwalt will vor EU-Gerichtshof ziehen

Durnwalder-Verteidiger Gerhard Brandstätter bezeichnete das Urteil als „völlig unerwartet und rechtlich sicher nicht in Ordnung“. Man prüfe nun, Berufung einzulegen. Er will vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Schließlich seien die Abschuss-Dekrete kein Willkürakt, sondern auch die Umsetzung von EU-Richtlinien gewesen.

Kritik von FACE

Die europäische Jägervereinigung FACE (European Federation of Hunting and Conservation) sieht dringenden Erklärungs- und Handlungsbedarf. Dieses Urteil sei ein schwerer Angriff auf andere nachhaltige Jagdsysteme in Europa. FACE-Präsident Dr. Michl Ebner erklärte, dass gerade das Südtiroler Jagdsystem besonders vorbildlich, weil ökologisch nachhaltig und sozial ausgewogen, sei.

"Die Bemühungen und Anstrengungen der zuständigen Südtiroler Landesbehörde, die Population der Murmeltiere durch gezielte Entnahmen zu regulieren und somit eine diese Wildtiere selbst schädigende Evolution zu vermeiden, ist mit dem Urteil auf den Kopf gestellt worden" erpörte sich der FACE-Präsident.

FACE werde nun bei den Europäischen Institutionen intervenieren, um diesen Standpunkt mit Nachdruck zu vertreten und die nötige Rechtssicherheit für eine weiterhin nachhaltige Jagd in Europa aufrecht zu erhalten, so Dr. Michl Ebner.

Foto: Rudolph Schön / pixelio.de