Afrikanische Schweinepest und Jagdpacht: Kündigen oder Pacht mindern?
Der ASP-Ausbruch in Nordrhein-Westfalen wurde seit Jahren erwartet, nach dem Eintreten dieses Falles im Kreis Olpe im Juni 2025 stellen sich damit neue Fragen.
Neben vielen anderen Fragen, bei denen sich der Landesjagdverband mit den Behörden um aktuelle Klärung bemüht, hat der DJV bereits 2021 eine FAQ-Liste erstellt, die in aktualisierter Fassung auf der LJV-Homepage verlinkt ist. Was bedeutet ein Seuchenausbruch für laufende Jagdpachtverträge, kann man vorzeitig kündigen oder den Pachtpreis mindern, wie siehts mit Wildschaden-Ersatz aus? Die folgenden Hinweise liefern Betroffenen dazu eine erste Einschätzung.
Kündigung der Pacht
Auch für die Rechtsprechung stellt die Frage des pachtrechtlichen Umgangs mit Tierseuchen in Verbindung mit Entschädigungsleistungen noch Neuland dar. Zunächst stellt sich die Frage, ob für Pachtreviere innerhalb einer durch ASP-Maßnahmen eingeschränkten Zone die Möglichkeit besteht, aus dem Vertrag durch außerordentliche Kündigung auszusteigen. Aufgrund der generellen Vertragsfreiheit ist es den Parteien natürlich unbenommen, für den Fall des ASP-Ausbruchs eine Sonderkündigungsklausel zu vereinbaren. Der Landesjagdverband NRW hatte bereits 2020 eine entsprechende Sonderklausel für den Musterjagdpachtvertrag formuliert, verbunden mit der Empfehlung, bei Neuverträgen dringend eine ASP-Klausel zu vereinbaren (s. LJV-Homepage).
Wer diese Musterpachtvertragsklausel in seinen Pachtvertrag aufgenommen hat, könnte vertragsgemäß kündigen, sofern bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Wenn eine solche Sonderklausel nicht in den Pachtvertrag aufgenommen wurde, ist eine mögliche Kündigungssituation nach den allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilen: Danach ist eine außerordentliche Kündigung nur möglich, wenn es dem Kündigenden nicht zuzumuten ist, das Vertragsverhältnis bis zum vereinbarten Ende beizubehalten. Dies dürfte im Fall eines ASP-Ausbruches kaum so sein, besonders wenn man davon ausgeht, dass Pachtvertragsverhältnisse über viele Jahre abgeschlossen sind und bei ASP möglicherweise nur temporäre Betretungs-/Bejagungsverbote (= Einschränkungen) bestehen. Sie sorgen dann im Jagdbezirk vorübergehend für Einbrüche in der Schwarzwildpopulation. Daneben können Mitwirkungspflichten des Jagdausübungsberechtigten zur Seucheneindämmung behördlich angeordnet werden. All diese möglichen Folgen sind jedoch keine Umstände, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. Der Ausbruch von Wildseuchen ist an sich nichts Ungewöhnliches und stellt keine Unvorhersehbarkeit dar, zumal der Gesetzgeber dies auch schon im Jagdgesetz vorgesehen hat. Zur Bekämpfung von Wildseuchen enthält § 24 BJagdG besondere Vorschriften. Dort wird allerdings nur die Bekämpfung einer bereits aufgetretenen Seuche behandelt. Ergänzend dazu ermöglicht das Landesjagdgesetz NRW (§ 24 Abs. 4), den Abschuss von kümmerndem/krankem Wild zu genehmigen. Um Wild Schmerzen und Leid zu ersparen und die Seuchenausbreitung zu verhindern, bedarf es keiner Genehmigung, wenn im Einzelfall sofortiges Erlegen unerlässlich erscheint. Dann ist allerdings eine unverzügliche Meldung an die Untere Jagdbehörde erforderlich – und auf deren Verlangen das Wild auch vorzuzeigen. Verstöße dagegen sind eine Ordnungswidrigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 12a LJG NRW). Damit sind Seuchen in Wildbeständen keine Umstände, die bei Pachtbeginn nicht abstrakt vorhersehbar gewesen wären – und führen von daher auch nicht zu einem Sonderkündigungsrecht. Sollten dagegen betroffene Reviere durch Ausweisung einer Sperrzone faktisch gar nicht mehr zu bejagen sein, könnte sich etwas anderes ergeben. Fein heraus sind damit alle, die eine entsprechende Klausel in ihren Pachtvertrag aufgenommen haben.
Minderung der Pacht
Wenn eine Kündigung vertraglich/gesetzlich nicht möglich ist, stellt sich die Frage nach einer Minderung des Pachtpreises. Grundsätzlich entschied der Bundesgerichtshof, dass in Fällen, in denen ein Landesjagdgesetz keine spezielle Regelung zur Minderung trifft, die Vorschriften des Miet- und Pachtrechtes des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung finden. Gegenstand des Pachtvertrags ist das Jagdausübungsrecht, mietrechtliche Regelungen zur Sachpachtmängelgewährleistung gelten entsprechend. Ein verpachtetes Jagdausübungsrecht kann ebenso mangelhaft sein wie eine schimmelige Wohnung (BGH, Urteil 21. 2.2008-III ZR 200/07).
Bei der Jagdpacht ist der Verpächter zunächst verpflichtet, dem Pächter das Jagdausübungsrecht zu übertragen. So besteht etwa grundsätzlich eine Haftung für zugesicherte Eigenschaften, wonach etwa in Hochwildrevieren auch Hochwild vorkommt. Allerdings können berechtigende Mängel vorliegen, wenn behördliche Anordnungen, die Nutzung des Reviers einschränken oder unmöglich machen. Obwohl im Fall der ASP die Rechtsprechung noch nicht ausgeprägt ist, heißt dies letzten Endes, dass im Falle absoluter Betretungs- und Bejagungsverbote (besonders während der Jagdzeit anderer vorkommender Wildarten) die Gebrauchsmöglichkeit des gepachteten Jagdausübungsrechts komplett entfallen könnte – sodass sich Minderungsansprüche ergeben könnten. Zu beachten ist weiter, dass das TierGesG (Tiergesundheitsgesetz) und Allgemeinverfügungen die Möglichkeit vorsehen könnten, Jagdausübungsberechtigten während behördlich angeordneter Bejagungsverbote Entschädigungen zu zahlen. Generell darf man sich aber im Schadensfall nicht bereichern, sodass eine Zahlung nach dem TierGesG eine Minderung der Jagdpacht möglicherweise ausschließt.
Wildschaden
Von der Wildschaden-Ersatzverpflichtung werden Jagdausübungsberechtigte während seuchenrechtlicher Jagdverbote für entstehende Schäden freigestellt, da dem Pächter grundsätzlich ja die Möglichkeit gegeben sein muss, Wildschadensverhinderung aktiv auszuüben. Grundsätzlich kann dem TierGesG auch dieser Rechtsgedanke entnommen werden, weil es die Möglichkeit vorsieht, dass geschädigte Landwirte bei einem Bewirtschaftungs- und Ernteverbot nach TierGesG entschädigt werden könnten, auch diese dürfen einen Schaden nur einmal geltend machen.
Fazit: All diese Hinweise stellen nur eine grobe Richtung dar und ersetzen keinesfalls eine individuelle Rechtsberatung anhand vorliegender Pachtverträge und der jeweiligen Reviersituation, aber auch der jeweiligen Situation, die nach seuchenrechtlichen Vorschriften aktuell in der Region Gültigkeit haben. RA Dr. Walter Jäcker, stv. Justiziar des LJV NRW