NocPix Quest H 35 R: Binokulares Nachtsicht- gerät ohne Schnickschnack

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NocPix Quest H 35 R: Binokulares Nachtsicht- gerät ohne Schnickschnack

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Binokulare Wärmebildkameras bieten ein deutlich besseres und entspannteres Seherlebnis als monokulare Geräte. Wir haben einen hochinteressanten Neuling getestet - und wurden überrascht.

Die Natur des menschlichen Sehens ist auf zwei Augen abgestimmt, die Infos zum Sehen werden im Normalfall über zwei visuelle Kanäle gleichzeitig aufgenommen und im Gehirn zu einem Bild verarbeitet. Kommen sie aber nur von einem Auge, wird ein Binokularsehen lediglich simuliert, was natürlich sehr anstrengend ist. Das Sehen mit zwei Augen ist daher weniger ermüdend als nur mit einem.

Für längere Ansitze ist eine binokulare Wärmebildkamera daher wesentlich kom-
fortabler, hat eine bessere Erkennung von kleinen oder schwachen Objekten und eine bessere Leistung in kontrastarmen Szenarien als bei vergleichbaren monokularen Wärmebildgeräten auf demselben technischen Niveau. 
Pulsars Accolade war da ein großer Wurf –kompakt, mit Wechsel-Akku, Scharfstell-
ung über einen Mitteltrieb und ein Laserentfernungsmesser war auch an Bord. Der Nachfolger Merger war eigentlich ein Rück-
schritt – zum Scharfstellen muss man nach vorn zum Objektiv greifen und es war deutlich größer und schwerer.

Die Konkurrenz machte es auch nicht besser, beim Habrok von Hikmicro gabs neben dem Wärmebildkanal noch einen digitalen Nachtsichtkanal, der zusätzlich durch einen eingebauten Infrarot-Aufheller unterstützt wird – groß, schwer und kompliziert. 
Als NocPix ein neues Modell in binokularer Bauweise ankündigte, waren wir daher sehr gespannt, ob man auf die Wünsche der Nutzer eingeht – und einfach ein kleines, handliches Gerät ohne großen Schnickschnack baut. Anscheinend hatte dort jemand ein offenes Ohr – das neue Quest ist ein reines Wärmebildgerät mit Laser-Entfernungsmesser, Mitteltrieb zum Scharfstellen und neben fest verbautem Akku einen herkömmlichen 18650er Wechsel-Akku. Wir haben die neue Optik eingehend im Revier getestet.

Foto: Norbert Klups

 

NocPix Quest H 35 R

Die neue Quest Baureihe umfasst drei Modelle: Das Top-Modell H 50 R kommt mit 50 mm-Objektiv und 640er-Sensor, das 35 R verwendet den gleichen Sensor, hat aber ein 35 mm-Objektiv.
Das günstigere L 35R mit 35 mm-Objektiv bietet nur den schwächeren 384er-Sensor.Alle Modelle mit identischem AMOLED-Display (1 920 x 1 200) haben einen bis 1000 m reichenden Laser-Entfernungsmesser, auch Abmessungen und Gewicht sind nahezu identisch.
Wir entschieden uns für das H 35 R mit etwas geringerer Grundvergrößerung – drei- statt vierfach beim 50er-Objektiv. Etwas mehr Übersicht (= Sehfeld) ist bei einem Beobachtungsgerät komfortabler – wenn man nicht ausschließlich im Feld jagt.

Das Quest ist aufgebaut wie ein Fernglas mit zwei Objektiven vorn: für die Wärmebildtechnik würde eines reichen, im anderen ist der Laser-Entfernungsmesser untergebracht. Jedes Okular hat seine eigene Dioptrien-Einstellung (+5 bis -5 dpt), den Augenabstand (63 - 72 mm) stellt man durch Verschieben der Okulare ein. Diese haben Gummiblenden gegen Seitenlicht, die sich für Brillenträger umklappen lassen.

Scharf gestellt wird wie beim Fernglas über ein großes, gummiertes Fokussierrad in der Brücke. Dahinter liegt ein kleineres, silbernes Drehrad zum Zoomen – stufenlos bis Achtfach, damit steht eine 3 - 24fache Vergrößerung zur Verfügung.
Der Wärmebild-Sensor hat eine Auflösung von 640 x 512 Pixel, die Bildwiederholungsrate liegt bei 60 Hz und der Pixelabstand beträgt 12 µm und bietet damit eine hochdetaillierte Abbildung. Auch der NETD-Wert liegt bei <15 mK – und damit in der absoluten Spitzenklasse.
Die Detektions-Reichweite von 1 800 m ist ein guter Kompromiss, der ein Sehfeld von 22 m auf 1 000 m bietet. Die Farbtonpalette ist mit sieben Modi üppig bestückt.
Das Quest verfügt über einen eingebauten Foto- und Videorecorder mit 64 GB internem Speicher und eine Streamingfunktion auf Smartphones (per App).

Laserentfernungsmesser und auto-Bildschirm-Abschaltung

Der Laser-Entfernungsmesser hat eine Reichweite von 1 000 m – zur Nachtjagd mehr als ausreichend. Wir haben im Revier sogar über 1 300 m gemessen.
Ein intelligenter Augen-Sensor erkennt, ob das Gerät in Benutzung ist und schaltet das Display automatisch ab, wenn man es von den Augen nimmt. Das ist sehr praktisch, verhindert eine Entdeckung durch die nach hinten abgestrahlter Helligkeit und schont auch etwas die Batterie. Eine Standby-Taste muss man also nicht mehr manuell betätigen. Die Steuerung erfolgt über ein intuitives Vier-Tasten-Layout (Ein/Aus - Menü - zwei Pfeiltasten).

 

Gleich zwei Akkus

Das Quest wird mit zwei wiederaufladbaren Akkus betrieben: einem eingebauten (Kapazität: 4200 mAh) und einem handelsüblichen 18650-Wechsel-Akku, zwei davon mit je 3 850 mAh gehören zum Lieferumfang. Sind beide Akkus voll, sollen bis zu sechs Stunden Laufzeit erreicht werden. Zunächst wird der Wechsel-Akku benutzt – ist der leer, kann er bei laufender Kamera eingelegt werden. Dann schaltet das Gerät aber wieder auf den Wechsel-Akku um. Im Bildschirm sind zwei Batterie-Anzeigen zu sehen. 

Bildstabilisierung
Über das Menü lässt sich ein Bildstabilisierungs-Modus zuschalten, der das Bild elektronisch beruhigt, was zu mehr Detail-Erkennbarkeit sorgen soll. Das funktioniert zwar, aber das Bild wird etwas schwammig – wir fanden es ohne Stabilisierung besser.

Foto: Norbert Klups

 

Im Revier

Das Quest wiegt mit Wechselakku 765 g und ist damit zum Pirschen noch angenehm. Die Kamera kalibriert automatisch oder manuell, wobei die Geräusche nicht besonders laut sind. Die Bedientasten haben genügend Abstand zueinander und sind im Dunkeln auch gut fühlbar.
Wirklich praxisgerecht ist der Mitteltrieb zum Scharfstellen und der stufenlose Zoom-Ring. Die Bildqualität ist beeindruckend und durch die 60 Hz-Frequenz sehr flüssig, auch kleinste Details sind erkennbar und das Bild bleibt auch beim Schwenken ruhig. Der Laser-Entfernungsmesser arbeitet problemlos und präzise. Der optische Zoom ist durch den hochauflösenden Detektor gut nutzbar und das Bild wird erst bei sehr hoher Vergrößerung pixelig. Der Wechsel-Akku ist sehr schnell entfernt und gegen einen vollen getauscht. Bei den zum Test herrschenden Außentemperaturen (0 - 5 Grad) hielten die beiden Akkus zusammen etwa 4,5 Stunden. Der Wechsel-Akku ist nach zwei Stunden leer. Mit dem zweiten hat man aber schnell wieder Power und muss das Gerät dazu nicht einmal abschalten. Das Quest ist ausgesprochen handlich und auch mit einer Hand gut zu bedienen. 
 

Foto: Norbert Klups

 

Resümee

Mit der Quest-Serie hat Nocpix einen Volltreffer gelandet – kompakt und handlich, mit sehr guter Bildqualität und sehr benutzerfreundlich aufgebaut.
Absolut erfreulich ist der Verzicht auf zusätzliche Features, die kaum jemand braucht, die aber Gewicht und Energieverbrauch erhöhen – also eben keine eier-legende Wollmilchsau...
Wer ein handliches aber dennoch leistungsstarkes binokulares Wärmebildgerät sucht, liegt mit dem Quest goldrichtig. Einziger Verbesserungsvorschlag ist eine Kleinigkeit – der Objektivschutzdeckel ist nicht mit dem Gerät verbunden, sondern lediglich zum Aufstecken – nur eine Frage der Zeit sein, bis er weg ist.
Für das Gesamtpaket mit der gebotenen Leistung ist der Preis 2 599 € absolut top. Norbert Klups

 

Technik auf einen Blick

  • Hersteller: Nocpix
  • Modell: Quest H 35 R
  • Vergrößerungoptisch: 3fach, Digitalzoombis 8x
  • Sensor: 640x512 pix. @ 12 µm, TypVOX
  • Objektivlinse: 35 mm/ F 0,9
  • Bildschirm: AMOLED 1 920 x 1 200 px
  • Bildwiederholungs-Frequenz: 60 Hz
  • Farbpalette: 7 Farben
  • interner Speicher: 64 GB
  • NETD: <15 mK
  • Laser-Entfernungsmesser: Reichweite bis 1 000 m
  • Maße: 175 x 138 x 66 mm
  • Gewicht: 765 g
  • wasserdicht: ja
  • Batterie: fest verbauter Akku + Wechsel-Akku (2 im Lieferumfang)
  • Betriebsdauer: 6 Stunden
  • Entdeckungsdistanz: 1 800 m
  • Preis: 2 599 €