Einsteiger-WBK für kleines Geld

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Einsteiger-WBK für kleines Geld

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Wärmebildkameras sind nicht gerade günstig und schnell muss man 2 000 bis 3 000 € auf den Tisch legen, um bei Nacht sehen zu können. Geht’s nicht auch günstiger und was bietet ein Einsteigermodell?
Wir haben uns die Cyclops 319 pro von Thermtec angesehen (1 349 €).

Die Cyclops-Baureihe umfasst Wärmebildkameras mit 15, 19, 25, 35 und 50 mm Objektivdurchmesser. Dementsprechend fallen die Vergrößerung und das Sehfeld aus. Die 319 Pro hat eine 19 mm-Linse, 1,8-fache Vergrößerung und 24,2 m Sehfeld auf 100 m. Damit ist sie gut geeignet für den Wald- und Pirschjäger, aber auch noch im Feld einsetzbar, um Wild schnell zu finden. Zusätzlich zur optischen Vergrößerung steht ein bis zu sechsfacher Digital-Zoom zur Verfügung. 
Die Auflösung des Mikrobolometers beträgt 384 x 288 Pixel mit 12um Pitch, die Bildwiederholungsrate 50 Hz und der Nutzer schaut auf einen OLED-Bildschirm mit 1024 x 768 Pixel – ordentliche Voraussetzungen für ein gutes Bild. Der NETD-Wert wird mit unter 25 mK angegeben – in dieser Preisklasse erstaunlich. Die Energieversorgung übernimmt ein fest verbauter Lithium-Ionen-Akku, der für 12 Stunden reichen soll, ein Ladekabel mit USB-Anschluss wird mitgeliefert. Darüber lässt sich auch eine Powerbank anschließen. Ein Batteriesymbol im Display zeigt an, wenn der Akku leer ist. Vom Drücken des Einschaltknopfs bis zum Erscheinen eines Bildes vergehen gut 10 Sekunden, ein kurzer Druck auf den Knopf versetzt das Gerät in Stand-by-Modus und bei erneutem Knopfdruck ist es sofort wieder an. Die hintere Taste steuert die Foto-Video-Funktion, ein kurzer Druck löst ein Foto aus, ein längerer Druck startet die Videoaufnahme. Der eingebaute Videorekorder startet, wenn die Fototaste betätigt wird und nimmt dann alles auf, was man sieht. Der interne 16 GB-Speicher reicht für etliche Stunden Videoaufzeichnung und tausende Fotos. Durch die WIFI-Schnittstelle kann die 319 per App angesteuert und so das Bild auf Mobilgeräte übertragen werden. ThermTec geht aber noch einen Schritt weiter und erlaubt es der Cyclops, per WLAN auf die Datenverbindung internetfähiger Mobilgeräte zuzugreifen – und so das Kamerabild live ins Internet zu streamen.


Steuerung per Joystick 


Innovativ ist der orangefarbene Joystick zwischen den beiden Tasten zur Steuerung aller anderen Funktionen: Ein Druck nach vorn startet den digitalzoom, nach hinten verringert er den Zoomfaktor, nach rechts gelangt man in die Auswahl der sechs Farb-Paletten, links wird der „Entfernungsschätzer“ aktiviert. Dieser funktioniert nicht per Laser, sondern ist ein Computer-
programm. Die KI-Entfernungsmessung kann Tiere und Menschen automatisch identifizieren und direkt die Entfernung abschätzen. In Zusammenarbeit damit erkennt die Software des Cyclops auch die Art des Ziels, das betrachtet wird, die Software kann zwischen Menschen und Tieren unterscheiden. Die Ergebnisse dieser Schätzung haben wir in der Praxis in Verbindung mit einer Wärmebild-
kamera mit Laser-Entfernungsmesser verglichen.
Per Doppelklick auf den Joystick gelangt man ins Menü, wo sich Schärfe, Helligkeit und Kontrast in jeweils 10 Stufen einstellen lassen. Innovativ ist auch die Möglichkeit der Farbänderung des Displays. Herkömmliche Geräte stellen das Bild in Graustufen dar, Cyclops-WBKs können es in Grau,Lila und Blau, um verschiedenen Witterungs-situationen gerecht zu werden. Per App kann man sich benachrichtigen lassen, sobald die Software ein warmes Objekt erkennt (Mensch/Tier), die App stellt dann eine Push-Benachrichtigung (Vibration o. Ton) aufs Mobilgerät dar. Richtet man die WBK auf die Kirrung aus, kann man so getrost ein Nickerchen machen und sich wecken lassen, wenn dort etwas auftaucht. Über die Dioptrienverstellung links neben dem Okular lässt sich das Gerät an der eigenen Sehschärfe anpassen. Scharf gestellt wird vorn am Objektiv.


Im Revier


Wir haben die Wärmebildkamera bei verschiedenen Witterungsbedingungen ausprobiert. Um die optimale Einstellung zu finden, muss man etwas probieren und der Wetterlage anpassen. Die Bedienung über die beiden Druckknöpfe und den erhabenen Joystick ist sehr angenehm. Versehentlich eine falsche Taste zu drücken, ist da praktisch kaum möglich. Die Entdeckungsdistanz wird mit 950 m angegeben, ansprechen soll bis 370 m gehen. Wirklich brauchbar, um Objekte zu identifizieren, also zu sehen, ob es sich um Rot-, Reh- o. Schwarzwild handelt, ist die 319 Pro bei guten Wetterbedingungen bis etwa 280 m. Danach muss man sich am Bewegungsmodus orientieren, um die Wildart anzusprechen. Das Umgebungsbild wird gut dargestellt, die Wärmequelle strahlt hell. Selbst bei Nebel schlug sich das preiswerte Gerät erstaunlich gut.
Um den Entfernungsschätzer zu testen, wurden seine Ergebnisse mit einer Pulsar Accolade mit Laser-Entfernungsmesser verglichen. DieThermTec 319 kann bis zu sechs Tiere und Menschen automatisch identifizieren und die geschätzte Entfernung anzeigen. Das funktioniert bis etwa 180 m gar nicht mal so schlecht.
Auf solche Distanzen ist ein Entfernungsmesser eigentlich nicht notwendig – im Grunde also mehr Spielerei, aber man kann es ja ausschalten.
Das 470 g schwere Gerät liegt angenehm in der Hand und ist rundum durch eine Gummiarmierung geschützt. Ein stabiles Hardcase zum Transport und eine Halsschlaufe mit Schnellverschluss zur Pirsch gehören zum Lieferumfang.
Resümee: Zum erstaunlich günstigen Preis gibts ein sehr gut ausgestattetes Gerät mit ordentlichem Bild und sehr einfacher Bedienung. Die Akkulaufzeit ist angenehm lang, der Zoom arbeitet stufenlos und einen NETD-Wert von ≤25 mK findet man in dieser Preisklasse sonst kaum.
Die Baureihe umfasst dazu fünf Objektiv-Durchmesser, unter denen man sich die WBK auswählen kann, die zu den eigenen Revierverhältnissen am besten passt.
 

Norbert Klups