Ein Blaser, das auch messen kann...
Blaser ergänzt sein Optik-Programm um zwei Ferngläser mit Entfernungsmesser – wir haben das leistungsstarke 10 x 42 getestet.
Nimmt man das 10fache 42er in die Hand, fällt sofort auf, wie kompakt die neue Optik ist – mit 136 x 120 x 60 mm (Länge/Breite/Höhe) ist es so klein, dass es sogar in die Außentasche einer Jagdjacke passt. Die 800 g Gewicht merkt man aber schon, so dass es wohl besser ist, sich die kleine Optik mit dem beiliegenden Neopren-Riemen um den Hals zu hängen. Einhändige Benutzung ist kein Problem, Blaser hat dabei auch an Linkshänder gedacht, denn der Button zum Auslösen der Entfernungsmessung ist gleich zweimal vorhanden – jede Fernglas-Hälfte hat einen eigenen. Das Gehäuse aus Magnesium ist komplett gummi-armiert, wobei die Griff-Flächen noch besonders aufgeraut und sehr griffig sind. Die große, ebenfalls gummierte Fokussierwalze liegt am Ende des Gehäuses knapp vor den Okularen und lässt sich im Einhandbetrieb gut drehen. Sie läuft weich und deckt den vollen Schärfebereich über weniger als 1,5 Umdrehungen ab. Der Dioptrien-Ausgleich (ein Drehring am linken Okular) reicht von + 4 bis - 4 dpt. Am rechten Okular liegt der Dioptrien-Ausgleich für das Display. Die Drehaugen-Muscheln rasten in drei Positionen sauber ein und erschließen auch mit Brille das volle Sehfeld. Sehr schön ist, dass sich die Augenmuscheln zum Reinigen auch komplett abnehmen lassen, der weich federnde Gummiabschluss bietet eine optimale Augenanlage. In die Unterseite sind Daumen-Vertiefungen eingearbeitet, die die korrekte Haltung fördern und auch sehr hilfreich sind, um das Glas einhändig zu nutzen. Eine Stickstoff-Füllung verhindert Innenbeschlag. Das Sehfeld wird vom Hersteller mit 110 auf 1 000 m angegeben.
Erste Eindrücke
Das Blaser RF zeigt ein klares, sehr detailgetreues und randscharfes Bild und folgt so ohne Abstriche in der Optikqualität den Blaser-Ferngläsern ohne Laserentfernungsmesser. Die Dämmerungsleistung ist für ein 10 x 42 gut. Weil Blaser für den Laser-Entfernungsmesser die Standard-Methode (mit Strahlenteiler) verwendet, ist die rechte Fernglashälfte bei nachlassendem Licht etwas dunkler als die Linke – nicht ohne Grund verlagern andere Premium-Hersteller bei ihren Top-Modellen (patentgeschützt...) die Entfernungsmessung ohne Strahlenteiler aus den optischen Systemen heraus (Swarovski mit unten „angeflanschten“ Mess-Finnen/Leica mit der sog. „Bananen-Form“). Doch ein 10 x 42 ist kein ausgesprochenes Modell zum Ansitz bei letztem Licht oder gar bei Nacht, sondern eher ein Allrounder, der überwiegend bei Tageslicht eingesetzt wird – und da hat eine Standard-Bauweise wie bei Blaser keine Nachteile.
Reichweite 2 950 m
Laut Hersteller ist eine Entfernungsmessung bis zu 2 950 m möglich – realistisch betrachtet ist das im jagdlichen Alltag aber nahezu unmöglich, weil sich Zielpunkte auf so große Distanz kaum noch präzise anvisieren lassen. Dazu müsste das Glas in solchen Situationen noch absolut ruhig liegen, um den rückkehrenden Laserstrahl auch wieder einzufangen – aber wer braucht schon 3 km Reichweite? Im RWJ-Reviertest liefert das Blaser RF auf alle jagdlich interessanten Distanzen schnelle und genaue Werte. Zum Vergleich verwendeten wir ein Leica Geovid Pro, das nahezu identische Werte zeigte. Stücke in Rotwild-Größe ließen sich bis etwa 850 m anmessen und große, gut reflektierende Objekte (Häuser) bis auf über 1,8 km. Neben der Einzelmessung ist auch eine Scan-Funktion vorhanden, bei der das RF bei gedrücktem Mess-Button laufend Messungen vornimmt. Dazu stehen drei Modi zur Verfügung:
- Bei Best wird im Display in der oberen Zeile der am häufigsten gemessene Wert angezeigt, unten die aktuelle Messung.
- First ist beim Anblick mehrerer Stücke ideal, dann steht in der oberen Zeile der erste gemessene Wert, in der unteren wieder der aktuelle.
- Last wählt man bei teilweise verdeckten Zielen – die obere Zeile zeigt den weitesten Wert an, die untere den aktuellen.
Steuerung über App
Das Blaser RF verfügt über eine kostenlose App-Integration, über die man das Glas steuern, an eigene Vorlieben anpassen und mit individuellen Daten von Waffe u. Munition „füttern“ kann, so dass der Ballistik-Rechner präzise Ergebnisse liefert. App und Glas kommunizieren über Bluetooth, sind Optik u. Smartphone gepaart, lassen sich an der App die eigenen ballistischen Daten von Waffe und Laborierung eingeben u. ans Blaser RF übertragen. Der Ballistik-Rechner im Fernglas ermittelt mit den individuellen Patronen- (Geschoss-Gewicht, BC-Wert, Mündungsgeschwindigkeit) und Waffen-Daten das korrekte Maß der Visierhöhe. In der App können verschiedene Waffen/Munitions-Profile gespeichert werden, wobei die Ballistikdaten entweder aus einer Datenbank gewählt werden oder individuell eingegeben werden können. Letzteres ist natürlich präziser, weil dabei die tatsächliche Mündungsgeschwindigkeit aus der eigenen Waffe verwendet wird und nicht 08/15-Angaben des Munitionsherstellers. Zur Berechnung der Flugbahn werden auch Luftdruck und Temperatur einbezogen und der wichtige Winkelwert bei Schüssen bergauf/bergab berücksichtigt. Nach der Distanzmessung muss man nur noch die im Fernglas angezeigte Schusskorrektur am Zielfernrohr vornehmen – mit einer Absehen-Schnellverstellung geht das sehr schnell und komfortabel. Die App wird nur gebraucht, um einmal eigene Daten zum Ballistikrechner im Fernglas zu übertragen, anschließend rechnet das Glas mit den eingegebenen Daten. Die Software stammt von Applied Ballistics, einer führenden Marke im Bereich ballistischer Software.
Im Revier
Die kompakte Optik ist ein angenehmer Begleiter, ihr Handling ist sehr gut. Durch das Gewicht liegt das Glas sehr ruhig in der Hand. Die Gummi-Armierung behält ihre gute Griffigkeit auch mit feuchten Händen. Die zwei Messknöpfe sind praktisch, auch wenn man kein Linkshänder ist, etwa bei Revierfahrten, wo man ja die Optik meist in der linken Hand hält. Die Anzeige der Messung erfolgt sehr schnell, Fehlmessungen blieben selten. Die CR 2-Batterie reicht für über 5 000 Messungen und musste im Testzeitraum nicht gewechselt werden. Die mitgelieferte Bereitschaftstasche ist robust und schützt die Optik sehr gut.
Resümee: Mit dem neuen 10 x 42 RF stellt Blaser ein sehr kompaktes und leistungsstarkes Fernglas mit Entfernungsmesser vor, das über einen sehr guten Ballistikrechner verfügt – eine gelungene Kombination von Optik und Technik. Die App-Steuerung ist sehr einfach und bietet viele Möglichkeiten der Anpassung an den eigenen Geschmack – ein Fernglas, das in den Bergen ebenso zu Hause ist wie in den Steppen Afrikas oder der kanadischen Wildnis, aber auch im heimischen Revier als Alltags-Allrounder sehr gute Dienste leistet. Mit 2 300 € hat Blaser das 10 x 42 RF geschickt platziert – Top-Modelle von Leica, Zeiss und Swarovski sind teurer – und was preislich günstiger ist (GPO, Kahles u. a.), hat keinen so komfortablen Ballistik-Rechner mit App-Steuerung. Norbert Klups