Fernglas und Nachtsichtgerät vereint
HIKMicro Habrok 4 K ist nicht nur eine Wärmebildkamera, sondern soll ein Fernglas mit ersetzen. Die Serie wurde speziell zum Gebrauch am Tage konzipiert, ein Laser-Entfernungsmesser ist auch an Bord. Klingt für 1 500 € fast zu schön, um wahr zu sein – wir haben es ausprobiert.
Vom Aufbau her sieht das Habrok aus wie ein Fernglas mit zwei Okularen. Jedes hat eine eigene Dioptrien-Einstellung (von +3 bis –5). Scharfgestellt wird jeweils vorn am Objektiv, wobei eine Seite für das Wärmebild u. die andere für den optischen Kanal zuständig ist. Zur genauen Festlegung des individuellen Augenabstands sind die Okulare von 60 bis 74 mm zueinander verstellbar u. mit Gummi-Blenden gegen Seitenlicht gesichert. Durch die binokulare Konstruktion werden alle Möglichkeiten des Auges ausgeschöpft, im Vergleich zu Monokularen u. ähnlichen technischen Voraussetzungen ist damit eine bessere Entdeckung kleiner oder schwach sichtbarer Objekte und eine höhere Effizienz bei der Beobachtung kontrastloser Szenen möglich – die Beobachtung mit zwei Augen ist natürlich und ermüdet weniger. Zwischen den Objektiven liegt der Infrarot-Aufheller, den man über einen großen Drehknopf fokussiert, darunter die Linse des Laser-Entfernungsmessers. Mit den Bedienelementen auf der Oberseite (zwei Reihen mit je drei gummierten Druckknöpfen) muss man sich beschäftigen, intuitiv geht da nichts.
4 K-Auflösung bei Tageslicht
Die beiden neuen 4 K-Geräte wurden speziell zur Tagjagd optimiert, was sie von bisherigen Habrok-Modellen unterscheidet. Der Tageslicht-Sensor hat eine Auflösung von 4K. Darunter versteht man die Auflösung von Bildschirmen oder Videos. Eine 4K-Auflösung beträgt 3 840 × 2 160 Pixel, was der vierfachen Auflösung von Full HD entspricht! 4K wird auch als Ultra HD bezeichnet, die Bildqualität ist etwa doppelt so gut wie bei Full HD. Die bisherigen Habrok-Modelle haben im optischen Modus eine Sensorauflösung von 2 560 × 1 440 Px – auch schon sehr gut. Es gibt zurzeit zwei 4K-Modelle in der Habrok Serie – 25 L u. 25 LN unterscheiden sich lediglich beim Laseraufheller, der beim L eine Wellenlänge von 850 und beim LN von 940 Nm hat. Die Version L hat damit im Nachtsichtkanal in Verbindung mit dem IR mehr Reichweite. Dafür ist die Wellenlänge von 940 (LN) absolut wild-
sicher, kann also auch von Rotwild im Nahbereich nicht wahrgenommen werden. Der IR-Strahler wählt automatisch eine Helligkeitsstufe und passt sie der Umgebung an. Das RWJ-Testgerät war ein 25 LN.
Die Wärmebildkamera
Der 12 µm VOX-Wärmebildsensor hat eine Auflösung von 256 × 192 Px – nicht gerade sehr viel. Die Sensor-Sensitivität (NETD) wird mit < 35 mK angegeben. Das Full-Color OLED Display (1 920 × 1 080 Px) bietet tagsüber eine farblich hoch kontrastreiche Abbildung. Die Bildwiederholungsrate liegt bei üblichen 50 Hz und die Entdeckungsdistanz bei 1 200 m. Die optische Vergrößerung beträgt im Thermalmodus 4,3-fach und im optischen Modus 5,5-fach. Das thermische Objektiv hat einen Durchmesser von 25 und das Digitalobjektiv von 27 mm. Durch die hohe optische Vergrößerung beträgt das Sehfeld nur 12 auf 100 m, wodurch sich das Habrok hauptsächlich zur Jagd im Feld eignet. Dazu ist ein vierfacher Digitalzoom an Bord. Die Farbtonpalette ist mit drei Modi bestückt, Helligkeit und Kontrast lassen sich im Menü individuell einstellen, wobei sich die Bildschirmhelligkeit erfreulich weit herunterdimmen lässt. Das Habrok verfügt über einen integrierten Foto- und Videorecorder mit üppigem 64 GB-Speicher – praktischerweise kann man sich Bilder und Videos auch direkt auf dem Display anschauen.
Der Laser-Entfernungsmesser
Besonders im Feld lässt sich sehr schwer einschätzen, ob man ein schwaches Stück auf kurze Distanz oder eher ein starkes Stück, was weiter weg ist, vor sich hat. Externe Laser-Entfernungsmesser fallen dazu aus – darin müsste man ein Stück ja im Finsteren erstmal sehen...
Wer aber nicht nur beobachten, sondern auch schießen will, ist auf die Distanz angewiesen. Sie entscheidet darüber, ob der Finger gerade bleibt, ein Schuss vertretbar ist oder man versucht, die Sauen anzupirschen (Rechtslage in NRW beachten !). Ein in der Wärmebildkamera integrierter Laser-Entfernungsmesser ist zur Lösung dieses Problem ideal. Das Habrok hat einen an Bord (Reichweite: 1 000 m/Genauigkeit: +/–1 m) – für jagdliche Zwecke mehr als ausreichend.
Sogar ein Scan-Modus ist vorhanden. Beim ersten Knopfdruck erscheint eine weiße quadratische Zielmarke, mit der man das Stück anvisiert, beim zweiten wird oben rechts die Distanz (in m) angezeigt.
Stromversorgung durch zwei 18650-Akkus
So viel Technik braucht viel Energie – die liefern zwei handelsübliche 18650-Akkus, getrennt in separaten Fächern in den Hälften. Zum Lieferumfang gehören vier Akkus und ein großes Ladegerät, in dem sich alle gleichzeitig laden lassen. Eine Akku-Ladung soll für acht Stunden reichen – reichlich optimistisch ... nach knapp 5,5 Stunden im RWJ-Test war ein Wechsel fällig (Außentemperatur 12 °C).
Im Revier
Das Habrok wiegt 800 g (138 × 68 × 212 mm) – so groß und schwer wie ein herkömmliches 42er-Fernglas, damit lässt sich noch bequem pirschen. Sein Magnesiumgehäuse mit Gummi-Einlagen an den seitlichen Griffflächen ist ausreichend griffig. Die Startzeit liegt mit etwa sieben Sekunden im normalen Bereich, sehr praktisch ist die automatische Bildschirm-Abschaltung durch einen Neigungssensor. Hängt das Habrok fast senkrecht am Gurt, schaltet sich der Bildschirm ab. Dadurch verlängert sich die Batterie-Laufzeit und jede störende Lichtabstrahlung wird verhindert. Über das integrierte WiFi-Modul lässt sich das Gerät mit Android/iOS-Smartphones oder Tablets verbinden. Videos und Fotos lassen sich so ganz einfach übertragen. Die HIKMicro-App kann das Gerät konfigurieren, auch ein Update der Firmware ist darüber einfach möglich. Schließt man es über ein USB-Kabel an einen PC an, wird es als Speichermedium erkannt und lässt sich leicht auslesen.
Die Bildqualität bei Tag ist beeindruckend und liegt wirklich im High-End-Bereich, was durch das beidäugige Sehen noch verstärkt wird – auch kleinste Details sind erkennbar. Ein Fernglas liefert zwar ein noch etwas besseres Bild, aber das Habrok 4 K ist schon sehr nahe dran – mit dem großen Vorteil eines Vierfach-Zooms. Damit beträgt die Endvergrößerung satte 24-fach und ersetzt so ein Spektiv, auch wenn die Bildqualität im oberen Zoombereich sichtbar nachlässt. Die Scharfstellung an den Objektiven ist nicht wirklich bequem – man muss dazu mit einer Hand nach vorn greifen, was natürlich Unruhe ins Bild bringt und das Scharfstellen erschwert. Der Laser-Entfernungsmesser arbeitet problemlos und präzise – verglichen mit einem Leica LRF waren die Messwerte bei Tag identisch. 1 000 m sind aber sehr optimistisch – mehr als 700 m waren im RWJ-Test nicht realisierbar, jagdlich aber völlig ausreichend. Ein integrierter Laser-Entfernungsmesser ist eine feine Sache und zeigte erneut, wie oft man beim Entfernungsschätzen durch eine Wärmebildkamera komplett daneben liegt. Beim Anpirschen einer Rotte (Rechtslage in NRW beachten !) kann man sich genau bis auf die optimale Schussdistanz heranschieben und geht nicht weiter als unbedingt nötig.
Das Beobachten mit beiden Augen hat unbestrittene Vorteile: Nach einigen Stunden ist es weniger ermüdend, als wenn man nur durch ein Auge schaut – wer lange ansitzt, wird das schnell zu schätzen wissen. Tagsüber lässt sich das Habrok 4 K gut als Fernglas nutzen, sein farbiges Bild ist sehr detailreich u. verträgt auch höhere Zoomfaktoren. Im Thermal-Modus ist es allerdings nicht sehr leistungsstark – was bei dem relativ schwachen Sensor u. dem 25 mm-Objektiv auch nicht anders zu erwarten war. HIKMicro legt bei den 4 K-Modellen den Schwerpunkt eindeutig auf den Gebrauch bei Tage: Die Wärmebildkamera erleichtert auch bei gutem Licht das Finden von Wild, dann kann man auf den optischen Modus umstellen und hat ein detailreiches Bild. Mit der Kamera aufgenommene Bilder sind nicht sehr gut, die Bildschirm-Darstellung ist da deutlich besser.
Resümee: Mit den 4 K-Modellen seiner Habrok-Reihe kommt HIKMicro mit einem ganz neuen Ansatz. Schwerpunkt ist die Jagd bei gutem Licht, sauberes Ansprechen auch auf große Entfernungen ist dabei kein Problem. Zum schnellen Finden von Wild ist der Wärmebild-Kanal ideal, dessen Auflösung wir als gerade noch brauchbar bezeichnen würden. Eine sinnvolle Ergänzung ist der Laser-Entfernungsmesser – und Schwachpunkt der kleine Wärmebildsensor mit seinem 25 mm-Objektiv. Diese Komponente ist allerdings der Schlüssel für den erstaunlich günstigen Preis
von 1 499 € ! Der große Bruder Habrok HQ 35 LN (640er-Sensor/35 mm-Objektiv/3 499 €) spielt da in einer ganz anderen Liga. So ein Modell mit 4 K-Auflösung wäre wohl wirklich bei Tag und Nacht gleichermaßen gut brauchbar, dürfte dann aber an der 4 000 €-Marke kratzen. Norbert Klups