Zu alt zum Verschießen ?

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Zu alt zum Verschießen ?

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Die meisten Verbrauchsgüter haben heute ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Nach Ablauf wird von der Verwendung abgeraten oder der Hersteller lehnt zumindest jegliche Verantwortung ab. Auf Munitionsschachteln ist ein Verfallsdatum allerdings nicht zu finden. Ist Munition also unbegrenzt haltbar, spielt die Lagerung eine Rolle, und wie wird bedenkliche Munition entsorgt?

Präzise Aussagen zur Haltbarkeit von Patronen analog etwa Joghurt kann es nicht geben. Dazu sind die Unterschiede zwischen einzelnen Pulversorten viel zu groß.alte Patronen Moderne Nitropulver sind weitaus alterungsbeständiger als alte Mischungen, die man vor 25 oder gar 40 Jahren nutzte. Doch auch bei modernen Pulvern gibts Unterschiede – einige sind sehr empfindlich gegen zu große Erwärmung. Lag die Schachtel Stunden im heißen Auto, kann es durch eine solche Aufheizung schon zu einer Veränderung des Treibladungspulvers kommen, die auch nach Abkühlung auf Normaltemperatur bestehen bleibt. Das Pulver wird in der Regel offensiver im Abbrand, der Gasdruck steigt und das Geschoss bekommt eine etwas höhere Mündungsgeschwindigkeit – wodurch sich Präzision und Treffpunktlage verändern.
Alte Afrikajäger kannten dieses Problem genau – ihre daheim bei kühlem Wetter eingeschossenen Doppelbüchsen zeigten im heißen Afrika eine andere Treffpunktlage. Hersteller wie Kynoch laborierten daher Munition schon von vornherein mit Gasdruck deutlich unter dem Maximum, da er bei steigenden Temperaturen ebenfalls stieg. So war gewährleistet, dass man sich nicht mit klemmenden Verschlüssen durch zu heiße Patronen rumärgern musste.
Heute gibt wesentlich stabilere Pulver, denen eine Temperaturerhöhung längst nicht mehr so viel ausmacht und deren Abbrandverhalten nach Aufheizung auch wieder in den Ausgangszustand zurückkehrt.

Dem Jäger nützt das aber recht wenig, weiß man nicht unbedingt, was in seiner Patrone steckt. Es gibt eine Vielzahl von Treibladungspulvern und die Mischungen werden ständig verändert.

Grundsätzlich gilt:

  1.  Patronen sollte man kühl und trocken lagern,
  2.  Munition, die heiß geworden ist, sollte man vorsichtig behandeln.

Vor einem Jagdeinsatz ist solche Munition immer auf dem Schießstand zu überprüfen. Bei Zeichen erhöhten Drucks (klemmender Verschluss, plattes Zünd­hütchen) oder deutlich veränderter Treffpunktlage sollte man solche Munition nicht mehr verwenden.

Wie lange ist moderne Munition haltbar ?

Bei fachgerechter Lagerung kann man sagen – nahezu unbegrenzt. Wer Munition vom Fachhändler in einem trockenen Raum ohne größere Temperaturschwankungen aufbewahrt, braucht sich sicher die nächsten 15 - 20 Jahre keine Sorgen zu machen. Was danach passiert, lässt sich nicht genau vorhersagen, dazu fehlen entsprechende Langzeitstudien mit modernen Pulvern.
In meinem Tresor liegt für einen Bergstutzen, den ich vor 24 Jahren erwarb, ein entsprechender Vorrat. Mit Blick auf die fest verlöteten Läufe wurden entsprechend viele Patronen angeschafft, um bei einem späteren Laborierungswechsel und Veränderung der Treffpunktlage das Laufbündel nicht neu garnieren zu müssen. Bis heute schießt die Waffe mit den alten Patronen präzise ohne Veränderung der Treffpunktlage.
Behörden wie Polizei oder Militär legen nach eigenem Ermessen Zeiträume fest, in denen Munition zu verschießen ist, meist zwischen 10 und 15 Jahren. Danach wird sie auf dem Zivilmarkt als Surplus-Munition verkauft und erfreut Sportschützen, die diese günstigen Patronen mit bestem Erfolg verschießen – Probleme damit gabs bisher nicht. Dabei spielt aber sicher auch eine Rolle, dass Behörden ihre Munition unter optimalen Bedingungen lagern.

Munition zweifelhafter Herkunft

Vorsicht ist immer bei Patronen angebracht, von denen weder bekannt ist, wie alt sie wirklich sind oder wie sie gelagert wurden. Etwa aus Beständen verstorbener Jäger oder Patronen, die man beim Kauf gebrauchter Waffen dazu bekommt. In solchen Fällen ist immer gesunde Skepsis angebracht. Macht schon die Schachtel einen mitgenommenen Eindruck, sind die Hülsen mit Grünspan überzogen oder die Bleispitzen der Geschosse weiß, sollte man besser auf den Gebrauch verzichten. Für den Schuss auf Wild sollte man solche Patronen auf keinen Fall verwenden, denn man kann nie sicher sein, ob die Treffpunktlage abweicht.

Es ist gar nicht so selten, dass Jäger Patronen aus unterschiedlichen Losen besitzen und irgendwann die Reste eines Kalibers alle in eine Schachtel packen. Wenn nur noch fünf Schuss des alten Bestandes da sind, kauft man sich Neue und steckt die Restmunition dazu. Wer solche Mischungen zusammen mit einer Gebrauchtwaffe erwirbt und nach einigen Probeschüsse auf dem Stand zufrieden ist (weil man zufällig vielleicht drei los-gleiche Patronen erwischte), wundert sich bei der Jagd, dass die schöne neue Büchse plötzlich für Nachsuchen sorgt. Grund kann durchaus sein, dass der erste Schuss auf Wild ein Oldtimer aus einem ganz anderen Los war – denn der einzelnen Patrone sieht man nicht an, wann sie gebaut wurde.

Wohin mit zweifelhafter Munition ?

Munition, über deren Alter oder fachgerechte Lagerung man keine genauen Angaben hat, sollte man entsorgen. Nun kann man Patronen nicht einfach in den Hausmüll werfen. Bei Kugeln liegt das eigentliche Problem beim Treibladungspulver. Hülse und Geschoss sind extrem alterungsbeständig und auch die wertvollsten Komponenten von Büchsenpatronen. Am Besten überlässt man solche Patronen einem Wiederlader, der sie entlädt, das Treibladungspulver vernichtet und Hülse wie Geschoss weiter verwenden kann – mit frischem Pulver wird daraus wieder eine präzise Patrone.
Das Entladen von Büchsenpatronen ist mit einem speziellen Entlade-Hammer sehr einfach. Die Patrone wird am Boden eingespannt und durch Schläge auf einem harten Untergrund in Richtung Geschoss wandert das Geschoss durch die Masseträgheit aus der Hülse. Pulver und Geschoss werden im geschlossenen Entlade-Hammer weich aufgefangen. Nach einigen Schlägen sind Hülse, Pulver und Geschoss dann voneinander getrennt. Loses Nitropulver kann man in einer flachen Schale einfach abbrennen. Wenn es nicht verdämmt ist, brennt es unspek­takulär, ja fast gemächlich ab – ohne Stichflamme oder gar Explosion.

Patrone aif

Problematischer sind Schrotpatronen – Uralt-Munition, aber auch neue Patronen mit Papphülse, die feucht geworden sind und nach dem Aufquellen nicht mehr ins Patronenlager passen, muss man ebenfalls sicher entsorgen. Doch dafür gibts keinen Entlade-Hammer – Hülsen einzeln aufzudröseln, Schrote heraus­zuschütten, Schrotbecher zu ziehen und Pulver zu entfernen, ist sehr mühselig, gefährlich und lohnt nicht, denn Komponenten von Schrotpatronen sind kaum von Wert. Kaum jemand lädt Schrotpatronen selbst.
Wer ein paar hundert alte oder feucht gewordene Schrotpatronen im Schrank hat, steht vor einem Problem. Als einzig richtiger Weg bleibt nur, solche Munition bei der Polizei mit der Bitte um Entsorgung abzugeben. Polizeidienststellen sind gehalten, Munition für Schusswaffen entgegenzunehmen und können diese fachgerecht entsorgen (lassen). Vor der Anlieferung ist allerdings eine telefonische Ankündigung und Terminvereinbarung sicher hilfreich.

Norbert Klups