Mündungsgewinde - kleines Detail mit großer Verantwortung

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Mündungsgewinde - kleines Detail mit großer Verantwortung

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Wer Schalldämpfer nutzen will, braucht ein Mündungsgewinde – ein kleines Teil von großer Bedeutung. Wir haben uns von einem Spezialisten zeigen lassen, worauf es beim Schneiden ankommt und haben Peterssen Gunworks in Münster besucht. 

Schalldämpfer sind längst salonfähig, seit sie der Gesetzgeber zum Einsatz bei der Jagd freigab. Ihr Mafia-Image wurde durch die Erkenntnis verdrängt, dass solche Aufsätze fast nur Vorteile haben. Neben der Reduzierung des Schussknalles verringert sich der Rückstoß, das Mündungsfeuer ist so gut wie weg und auch die Präzision wird meist besser. Lediglich die Verlängerung des Laufes steht auf der Negativseite. Doch auch dem lässt sich durch die Verwendung eines Overbarrel-Modells kombiniert mit einer sinnvollen Laufkürzung begegnen.
Um Schalldämpfer am Lauf zu befestigen, ist ein passendes Mündungsgewinde erforderlich, Klemmvorrichtungen wie sie bei KK-Büchsen manchmal eingesetzt werden, sind in Jagdkalibern nicht möglich. Verfügt die Büchse nicht schon ab Werk über ein Mündungsgewinde (bei älteren Waffen sehr selten), muss ein nachträgliches Gewinde erstellt werden. Diese Arbeit muss von einem Büchsenmacher erledigt werden, denn für Arbeiten an wesentlichen Waffenteilen ist eine entsprechende Erlaubnis nötig (Waffen­herstellungserlaubnis), zum Anderen kann man dabei eine Menge falsch machen. Die Folgen sind bestenfalls eine schlechte Schussleistung – im schlimmsten Fall zerlegt der erste Schuss den Dämpfer ...

Peterssen Gunworks

Alexander Peterssen legte 2010 die Meisterprüfung im Büchsenmacherhandwerk ab und machte sich 2012 selbstständig – und zwar nicht mit einem klassischen Waffengeschäft, sondern einer gut ausgestatteten Werkstatt. Dort werden waffentechnische, innovative Produkte entwickelt und in Kleinserie produziert, sowie alle klassischen Büchsenmacher­arbeiten durchgeführt. Die Produktpalette der Eigenentwicklungen umfasst Mündungsbremsen zum Schrauben und Klemmen, Zweibeine, Kompensatoren, Laufgewichte für Kurzwaffen und auf CNC-Maschinen produzierte Handguards für Selbstladebüchsen. Auch spezielle Waffen­beschichtungen werden angeboten. Bei den Büchsenmacherarbeiten nimmt das Anbringen von Mündungsgewinden einen großen Teil der Arbeiten ein, dazu verfügt Alexander Peterssen über ein großes Knowhow und eine umfassende Werkstattausstattung – also genau der richtige Mann, um alles über dieses Thema zu erfahren.
Wir sind mit einem nagelneuen Wechsellauf in .30-06 für die Mauser M 03 in Peterssens Werkstatt in einem Gewerbegebiet von Münster gefahren und haben das Gewindeschneiden mit der Kamera begleitet und uns erklären lassen worauf es ankommt.
Vor der Änderung am Lauf wurde er eingeschossen und mit mehreren Laborierungen die beste Präzision ermittelt, um zu sehen, welchen Einfluss die folgenden Arbeiten auf die Präzision haben und wie sich die Patronenleistung ändern würde.
Wir wollten nicht nur ein Mündungsgewinde anbringen lassen, sondern den Lauf auch gleich kürzen. Daher haben wir die Mündungsgeschwindigkeit der am besten schießenden Laborierung im Urzustand gemessen. Unser Lauf hatte eine offene Visierung, der Kornsattel musste entfernt werden, wodurch eine hässliche Lötstelle verbleiben würde. Wird er aber leicht gekürzt, verschwindet dieser optische Mangel gleich und man spart sich das neue Brünieren.
Bei der M 03 ist der Kornsattel zwar verschraubt und verklebt, aber 56 cm sind auch bei einem Overbarrel-Dämpfer etwas lang. 5 cm kürzer sollten es werden. 

Lauf kürzen
Der Lauf auf der Drehbank.

Warum Mündungsgewinde so wichtig sind

Das Mündungsgewinde als Verbindung zwischen Lauf und Dämpfer hat eine größere Bedeutung als man auf den ersten Blick annimmt. Es muss genau zur Seelenachse des Laufes fluchten, darf also nicht etwa nach dem Außenprofil ausgerichtet werden. Das ist nur maschinell möglich und erfordert Erfahrung. Berührt das Geschoss beim Durchgang durch den Schalldämpfer die Lamellen, kann das den Dämpfer zerstören, beeinflusst aber zumindest die Präzision negativ. 
Das Mündungsgewinde muss etwa 12 - 15 mm lang sein, Peterssen bevorzugt etwa 14 mm. Der Durchmesser eines Gewindes muss passend zur Laufstärke gewählt werden. Das ist wichtig, denn es ist einerseits eine ausreichende Schulter (etwa 1,5 mm) zur Zentrierung des Dämpfers erforderlich. Andererseits darf natürlich die Wandstärke des Laufs nicht zu gering werden.
Für normale Jagdläufe (15 - 16 mm Mündungsdurchmesser) und Kaliber bis .30 ist das M 14 x 1 eine gute Wahl, während bei Mündungsdurchmessern von 16 - 17,5 mm bis Kaliber 9,3 eher M 15 x 1 zu empfehlen ist.
Für Semi-Weight- oder Varmint-Läufe mit 19 - 22 mm Durchmesser passen M 17 oder M 18 x 1-Gewinde.
Soll die Büchse auch ohne Dämpfer eingesetzt werden, braucht man unbedingt eine passende Abdeckkappe zum Schutz des empfindlichen Gewindes, wenn der Dämpfer nicht montiert ist. So eine Mutter muss zum Außendurchmesser des Laufes passen.
Soll der Lauf gekürzt werden, ist eine wichtige Frage wie viel abgeschnitten wird. Kaliber wie .308 Win., .30-06, 8 x 57 IS, 8,5 x 63, 7 x 57 oder 9,3 x 62 vertragen Kürzungen gut, Leistungseinbußen sind unter jagdpraktischen Gesichtspunkten kein großes Problem. Solche Läufe lassen sich durchaus bis etwa 45 cm kürzen.
Bei Magnums wie .300 Win. Mag. oder 8 x 68 S sieht das schon anders aus – unter 56 cm sollte man nicht gehen, um signifikante Leistungs- und Präzisionsverluste zu vermeiden.
Wir entschieden uns bei der .30-06 für 51 cm, um nicht zu viel Leistung zu verlieren – ein guter Kompromiss zwischen Handlichkeit und Einsatzreichweite.
Der Lauf einer Mauser M 03 lässt sich einfach durch Lösen von zwei Schrauben entfernen, aber auch Büchsen mit fest eingebauten Läufen sind für Peterssen kein Problem. In seiner Werkstatt sind für fast alle gängigen Modelle speziell angefertigte System-Halterungen vorhanden, mit denen sich der Lauf samt Systemhülse in die Drehbank spannen lässt. Ein Ausbau des Laufes ist nicht erforderlich.
Die Arbeiten beginnen mit dem Einspannen des Laufes in die Drehbank. Zunächst wird der Teil des Laufes abgedreht, der später das Gewinde tragen soll. Dazu wird ein alter Drehstahl eingesetzt, denn die Oberflächenhärte setzt dem Werkzeug sehr zu. Anschließend wird der überschüssige Teil des Laufs mit einer Kappsäge abgeschnitten.

Die Mündungsfläche wird entgratet und poliert, damit die Zentrierspitze der Drehbank nicht einseitig wegziehen kann, was fatale Folgen hätte.
Der Lauf hat nun die gewünschte Länge und vorn das abgedrehte Teil für das Gewinde. Ab jetzt ist absolute Präzision erforderlich. Der Lauf wird in die Drehbank gespannt. Damit er auch wirklich rund läuft, wird eine mitlaufende Zentrierspitze genutzt, die genau auf den Laufinnendurchmesser abgestimmt ist. Peterssen hat Zentrierspitzen für alle gängigen Klaiber in der Werkstatt.
Die Stirnseite wird rechtwinkelig zur Laufseelenachse abgedreht. Durch die Zentrierspitze geschieht das auch wirklich zur Laufseelenachse und nicht zur Laufaußenseite.
Dann wird ein Freistich zum Auslauf des Gewindes angelegt und die Schulter, an der der Dämpfer später anliegt, rechtwinkelig angelegt. Das ist sehr wichtig, damit sich der Dämpfer perfekt zentrieren kann. Anschließend wird der abgedrehte Laufteil poliert – je glatter, um so besser wird später das Gewinde.
Das Gewinde wird zunächst halb vorgeschnitten, dann kommt die Mündung. Mit einem Pilot wird sie innen ausgedreht, wobei sie um 100 Grad angesenkt wird. Über den Grad der Senkung kann man sicher diskutieren, oft wird auch eine abgesenkte Matchmündung bevorzugt. Im Endeffekt entscheidet der Kunde, was er haben will. Bei einer Jagdbüchse ist das nicht so wichtig wie bei einer auf Höchstpräzision gezüchteten Sportwaffe.
Generell ist eine saubere Ausführung ausschlaggebend. Dabei ist Andreas Peterssen sehr gewissenhaft – mit einem feinfühligem Instrument aus der Zahnmedizin wird überprüft, ob sich innen noch ein Grat findet und ggf. nachpoliert. Beim unserem Lauf geschah das drei Mal, bis der Meister endlich zufrieden war.
Zum Abschluss wird das Gewinde mit dem Schneideisen fertig geschnitten und der Gewindegang mit der Abschlusskappe überprüft. Sie ließ sich leicht und geschmeidig aufdrehen und lag perfekt am Laufende an.
Anschließend muss die Büchse zum Beschussamt, denn nach Arbeiten am Lauf ist generell ein Neubeschuss erforderlich. Der Versand zum Beschussamt wird von Peterssen Gunworks erledigt. Das Beschussamt braucht die komplette Waffe, also nicht nur den Lauf. Bis die Waffe wieder zurück ist, dauert es je nach Arbeitsauslastung des Amtes etwa 10 bis 14 Tage.

fertig
Das fertige Mündungsgewinde.

Was kostet das alles?
In 289,90 € ist alles enthalten – Zerlegen und Zusammenbau der Waffe, Schneiden des Mündungsgewindes, etwaige Laufkürzung und Neubeschuss. Petersen Gunworks arbeitet mit einem Pauschalpreis und unterscheidet weder nach verschiedenen Waffentypen oder ob der Lauf gekürzt wird oder nicht – eine sehr kundenfreundliche Lösung.

Schussleistung nach Lauf­kürzung u. Gewinde schneiden

Unsere Testwaffe schoss die besten Bilder mit Normas Bondstrike 180 grs. (fünf Schuss/100 m: 26 mm).
Norma gibt die Mündungsgeschwindigkeit mit 840 m/sek. an, gemessen haben wir aus dem 56 cm-Lauf im Ausgangszustand 828 m/sek. Der gekürzte 51 cm-Lauf wurde mit einem WHED-Schalldämpfer ausgestattet. Die samt Dämpfer gemessene Mündungsgeschwindigkeit betrug 805 m/sek., also gerade mal drei Prozent Leistungsverlust, die sich jagdlich kaum auswirken dürften. So gesehen hätte man sogar ruhig noch ein wenig mehr abschneiden können.
Die Präzision verbesserte sich geringfügig, die Bondstrike lieferte jetzt ein 22 mm Schussbild – jagdlich wenig relevant, aber entscheidend ist ja, dass es nicht deutlich schlechter wird. 
Meister Peterssen hat also sehr gute Arbeit geleistet– wir bedanken uns für die Zeit und die ausführlichen Erklärungen.

Norbert Klups