High-End Wärmebild-Vorsatz mit Vollausstattung

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High-End Wärmebild-Vorsatz mit Vollausstattung

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Der chinesische Spezialist für Infrarot- und Wärmebildtechnik ThermTec hatte bisher nur Beobachtungsgeräte im Angebot – jetzt kommen mit dem Hunt 650 und seinem kleineren Bruder 335 zwei Vorsatzgeräte hinzu, die eine Menge zu bieten haben. Wir haben das 650er getestet.

Die beiden Geräte unterscheiden sich lediglich in der Größe der Objektiv-Linse und dem Sensor, die technische Ausstattung ist gleich. Das 650 Hunt verwendet einen VOX-Detektor mit 640 x 512 Pixel, einen 12 µm² Pitch und hat eine Bildwiederholungsrate von 50 Hz. Der NETD (Rauschäquivalent-Temperaturdifferenz) wird vom Hersteller mit ≤20 mK angegeben. Sein OLED-Bildschirm hat eine Auflösung von 1024 x 786 Pixel und das Objektiv 50 mm Durchmesser (Blende F 1.0). Die Sehfeldbreite auf 100 m wird mit 15,4 m angegeben. Als Dual-Use Gerät hat das ThermTec natürlich keine Vergrößerung, es steht aber eine dreifache Zoomfunktion zur Verfügung. 
Allein schon die technischen Daten verdeutlichen, dass es sich um ein High-End-Gerät handelt, bei dem nur leistungsstarke Komponenten verwendet wurden.
Beeindruckend sind auch schon die kompakten Maße (129 x 65mm/ohne Fokusturm) und das geringe Gewicht von 400 g, das durch das leichte, robuste Magnesiumgehäuse erreicht wird. Vor ein 50er Zielfernrohr montiert, wirkt das 650 Hunt wie eine Verlängerung der Zieloptik und gar nicht mehr wie ein Vorsatzgerät.
Der nächste positive Punkt, der sofort auffiel, war die extrem kurze Startzeit von nur drei Sekunden. Nimmt man die Waffe zur Hand nimmt, drückt den Startknopf und schlägt an, ist sofort das Bild da – das kannte man bisher von keinem anderen Vorsatzgerät.
Auf der Gehäuse-Oberseite befinden sich in einem Feld drei hintereinander angeordnete Drucktasten. Alle haben mehrere Funktionen, die über kurzes oder langes Drücken oder Doppelklick angesteuert werden. Der Ein-Aus-Knopf liegt an der linken Geräteseite.
ThermTec erlaubt sehr tiefe Eingriffe in die Bilddarstellung und Anpassung an die Umgebung. Um die vielfältigen Möglichkeiten auszunutzen, empfiehlt sich ein ausgiebiges Studium des Benutzerhandbuchs (auch in deutscher Sprache). Scharf gestellt wird am obenliegenden Drehknopf hinter dem Objektiv.
Auto-Aufnahme beim Schuss!
Das 650 Hunt verfügt über sechs Farbpaletten, einen Zielumriss-Modus, einen internen 64 GB Speicher für Foto/Videoaufnahmen und eine WiFi-Funktion – streamen auf die App ist so kein Problem.
Doch das Hunt 650 hat noch eine andere Funktion, die sich so bisher bei keinem anderen Vorsatzgerät findet – man kann Bilder und Videos auch direkt auf dem Gerätebildschirm anschauen: Das ist besonders interessant, da das Hunt dazu über eine automatische rückstoßgesteuerte Videoaufzeichnung verfügt. Ist diese Funktion aktiviert, läuft die Videoaufzeichnung immer mit, überschreibt sich aber automatisch nach einiger Zeit. Wird dagegen ein Schuss abgegeben, werden 11 Sekunden vor und 11 Sekunden nach dem Schuss automatisch gespeichert, sodass ein 22 Sekunden langer Film zur Verfügung steht, den man sich direkt auf dem Gerät anschauen kann. So lässt sich nach dem Schuss schnell und bequem kontrollieren, wo man abgekommen ist – und auch, wohin das beschossene Wild eventuell geflüchtet ist!
Auch beim Kalibrieren gibts eine Innnovation – durch eine KI-Technologie mit selbstlernender Bild-Kalibrierung passt sich das Gerät selbstständig an verschiedene Umgebungen an und verbessert kontinuierlich seinen Bildkorrektur-Algorithmus. Dies sorgt für eine längere Bildstabilität ohne die Notwendigkeit häufiger manueller Kalibrierungen. Diese automatische Kalibrierung lässt sich natürlich auch abschalten, was man bei einem Vorsatzgerät immer tun sollte.
Die Stromversorgung übernimmt ein fest eingebauter Li-Ionen-Akku mit bis zu sechs Stunden Laufzeit – im RWJ-Test bei Raumtemperatur hielt der voll aufgeladene Akku 5 Stunden 40 Minuten. Über einen Micro-USB-Anschluss kann aber auch eine Powerbank angeschlossen werden.
Vorausschauend ist, dass der Akku an der Unterseite des Gerätes verbaut ist und es da eine Abdeckplatte mit vier Schrauben gibt. Ein zukünftig ggf. anstehender Akkutausch dürfte somit sehr einfach sein. 
Die Bedienung lässt sich noch einfacher gestalten – zum Lieferumfang gehört auch eine drahtlose Bluetooth-Fernbedienung, die mit einem Ring am Finger oder hinten am Zielfernrohr befestigt werden kann. Damit lässt sich das Gerät im Anschlag bequem steuern.
Anpassung der Grundvergrößerung ans Zielfernrohr
Menü und Darstellung können an die Vergrößerung der Zieloptik angepasst werden. Somit können auch Gläser mit größerer Grundvergrößerung problemlos benutzt werden. Das Gerät bietet außerdem vier Speicherplätze für verschiedene Treffpunktlagen. Damit lässt sich das Hunt problemlos auf mehreren Zieloptiken verwenden. Die fest verbaute Kollimatorlinse erlaubt eine bis zu 12fache Vergrößerung der Zieloptik, bevor das Bild zu pixelig wird. 
Am Schießstand und im Revier
Wir haben das 650 Hunt auf einer Blaser R 8 (.308) auf 100 m geschossen, die Korrektur der Treffpunktlage war mit dem Bildverschiebe-Menü problemlos. Seitenabweichung war schon beim ersten Schuss nicht vorhanden, nur eine deutlich höhere Treffpunktlage, die sich leicht korrigieren ließ. Montiert haben wir es mit einem Klemmadapter von Rusan.
Wir haben das Wärmebildgerät über mehrere Wochen im Revier unter unterschiedlichen Wetterbedingungen geführt. Das Bild ist hervorragend und setzt neue Maßstäbe, besonders was die Darstellung der Umgebung, also von Nicht-Wärmequellen angeht – selbst feine Äste und Gräser werden kontrastreich abgebildet.
Die sog. Entdeckungs-Distanz gibt der Hersteller mit 2600 m an – Sauen im Feld auf über einen Kilometer zu detektieren, gelang im RWJ-Test problemlos und auf 800 m sind sie als solche auch noch sicher zu identifizieren. Auch bei dunstigem Wetter und Regen lieferte das ThermTec noch sehr gute Bilder und kann zu Recht als High-End-Gerät bezeichnet werden – ein besseres Gerät in puncto Bilddarstellung hatten wir bisher noch nicht im Test.
Die Vergrößerung des Zielfernrohres lässt sich bis etwa 10fach nutzen, bevor es sicht-
bar pixelig wird, mit 12fach schießen wäre sogar noch möglich!
Resümee: Gleich mit seinem ersten hat sich Thermtec einen Spitzenplatz bei Vorsatzgeräten gesichert. Dieses wirklich innovative Gerät hat eine Menge zu bieten und punktet durch die hervorragende Bildqualität. Durch das große Objektiv und das eingeschränkte Sehfeld ist es vornehmlich für Feldjäger geeignet und bietet eine tolle Detailerkennbarkeit auch auf größere Distanzen. Aufgenommene Videos (Schuss-Überwachung zur jagdlichen Optimierung) sofort auf dem Gerät anschauen zu können, findet man sonst bei keinem anderen Gerät (2990 €).
Norbert Klups
Bitte beachten Sie die aktuelle Gesetzeslage zu Vorsatzgeräten in NRW!

Gesteuert wird über die drei Druckknöpfe oben auf dem Gerät, scharf gestellt über den Drehknopf hinter dem Objektiv.

Der Akku ist an der Geräte-Unterseite verbaut.

Auf diesen Bildern von Rot- (l.) und Rehwild (r.) lässt sich die überragende Abbildungsleistung des Hunt 650 erahnen.